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Kapitel 1

 

 

 

 

 

Sweet & Immortal

 

 

 

 

 

Dieses Buch widme ich den Menschen, die ich liebe und ohne die ich nicht Leben könnte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Kapitel

»Okay … ich möchte euch einen neuen Schüler vorstellen. Er ist aus Rumänien hier her gezogen und nimmt nun an unserer Schule teil. Bitte heißt ihn Willkommen … Jackson?« Mein Kopf schnellte zur Tür. Nein. Das … kann nicht sein. Das … darf einfach nicht sein. Tief im Inneren hoffte ich, das es ein anderer namens Jackson war. Der Neue trat zur Tür hinein. Er lächelte.

»Jackson … das ist deine neue Klasse«, meinte der Lehrer zu ihm. Er drehte sich zu uns um und sein Blick traf genau meinen. Und da stand er vor mir. Genau wie damals in dem Wald. Seine strahlend grünen Augen starrten mich an. Ich spürte wie ich meine Hand in Vincents Arm krallte. Er beugte sich zu mir.

»Was ist mit dir?«, flüsterte er mir ins Ohr. Erst dann konnte ich meinen Blick von Jackson abwenden. Ich legte mein falsches Lächeln auf und schüttelte nur mit dem Kopf. Vincent schien skeptisch zu sein und beobachtete Jackson ganz genau. Als der Lehrer mit ihm sprach, wandte er seinen Blick von mir ab.

»Mrs. Turner? Könnten sie mir bitte einen Gefallen tun?«, fragte mich der Lehrer. Ich stand von meinem Stuhl auf und lief nach vorn.

»Bitte helfen sie Jackson sich hier zurecht zu finden und geben sie ihm ein wenig Nachhilfe. Da sie eine sehr gute Schülerin sind, finde ich sie für diese Aufgabe gut geeignet. Würden sie das tun?« Ich konnte den Lehrer nur noch anstarren. In meinem Hals bildete sich ein riesiger Kloß, den ich versuchte herunter zu schlucken, damit ich überhaupt ein Wort heraus brachte.

»Ehm … sicher. Und in was soll ich ihm Nachhilfe geben?« Ich schaute nur den Lehrer an. Ich wusste, dass mich Jackson immer im Auge behielt – genau wie Vincent. Der Lehrer meinte ich sollte ihm in den Prüfungsfächern helfen. Ich nickte und ging wortlos zu meinem Platz zurück. Meinen Blick hielt ich dabei immer auf meine Füße. Vincent lehnte sich zu mir und sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.

»Mir gefällt das nicht. Irgendetwas ist doch mit diesem Kerl, oder?« Seine Stimme war leise, so dass ich ihn kaum verstehen konnte.

»Ich habe nur keine Lust ihn hier herum zuführen«, log ich ihn an.

Jackson bekam einen Platz direkt vor mir. Vincent starrte den ganzen Unterricht auf Jacksons Rücken. Ich ließ meinen Blick auf die Hände gerichtet. Es graute mich vor der Pause, da ich dann mit ihm reden sollte. Obwohl Vincent genau neben mir saß, verspürte ich eine riesige Angst. Mein Herz raste und ich bekam kaum noch Luft. Ich musste mich zusammenreißen, damit Vincent nichts mitbekam. Einmal tief durchatmen musste reichen. Und dann kam das Unvermeidliche. Die Schulklingel ertönte und es war Zeit für die Frühstückspause. Der Lehre rief Jackson und mich zu sich nach vorn. Vincent blieb immer einen Schritt hinter mir.

»Okay … Lilly zeigt dir jetzt das Schulgelände und dein Schließfach. Viel Spaß euch Beiden«, grinste der Lehrer und verschwand aus dem Zimmer. Jackson drehte sich mit einem breiten Lächeln in meine Richtung.

»Hi. Ich bin Jackson. Freut mich dich kennen zu lernen. Und …«

»Das kannst du dir sparen. Ich tue das nur weil der Lehrer das von mir erwartet. Also lass dieses freundliche Getue.« Ich konnte seine Stimme nicht mehr hören und unterbrach ihn. Jackson machte große Augen und sein Grinsen verging ihm. Ich ging mit verschränkten Armen vor der Brust Richtung Tür und blieb dort stehen.

»Kommst du nun? Oder wollen wir das gleich sein lassen?« Meine Stimme veränderte sich nicht weiter im Ton. Mit gestraften Schultern kam er zu mir und wir gingen durch das gesamte Schulgelände. Vincent blieb immer hinter uns. Jackson drehte seinen Kopf einige Male in seine Richtung. Ich zeigte ihm jeden Raum. Zum Schluss waren wir dann in der Kantine angelangt. Ich hatte die ganze Zeit nur geredet. Damit er nichts sagen konnte. Doch dann standen wir uns schweigend gegenüber. Mein Herz raste und ich zitterte. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, damit man mein Zittern nicht sehen konnte. Ich nahm meinen Mut zusammen und sprach ihn an.

»Nun … hast du noch Fragen?« Meine Stimme normalisierte sich wieder und klang nicht mehr gereizt. Jackson lächelte mich an und er klang freundlich – schon fast zu freundlich.

»Wo sitzt du immer in der Mittagspause?«, grinste er. Ich merkte wie ich im Gesicht rot wurde und mir ein Schmunzeln verkneifen musste. Ich sank meinen Kopf zu Boden. Auf diese Frage konnte und wollte ich nicht antworten. Ich drehte mich einfach um und ging von ihm weg. Mit nur wenige Schritten lief er neben mir her. Ich wurde allmählich wütend und stampfte mit den Füßen. Als ich schneller wurde, ergriff er plötzlich meinen Arm und hielt mich an. Mit erschrockenem Blick schaute ich ihn an. Er dagegen lächelte immer noch. Wie machte er das? Ich war so gemein zu ihm.

»Wenn ich dir was getan habe, dann sage es mir bitte und ich entschuldige mich.« Er wusste ganz genau, warum ich so zu ihm war. Doch er stellte sich dumm und tat so, als würden wir uns zum ersten Mal sehen. Ich wurde nur noch wütender und riss meinen Arm aus seinem Griff. Ich suchte verzweifelt nach Vincent. Er stand an den Schließfächern. Nur ein Blick von mir reichte aus und Vincent war schnell bei mir. Er legte seinen Arm um meine Schultern und zog mich an sich. Endlich konnte ich mich ein wenig beruhigen. Vincent spürte, dass es mir reichte und wandte sich an Jackson.

»Schluss für heute. Du hast ja jetzt alles gesehen. Wenn du Fragen hast, dann wende dich an jemand anderes.« Vincent blieb ruhig, obwohl ich geschrien hätte. Jackson beugte sich zu mir nach vorn.

»Anscheinend mache ich deinen Freund eifersüchtig. Na gut … wir sehen uns dann beim Mittagessen.« Lächelnd ging er an uns vorbei. Vincent beobachtete ihn, bis er nicht mehr in Sichtweite war.

»Alles okay?«, fragte mich Vincent besorgt. Ich nickte zaghaft. Vielleicht war es doch die beste Zeit es ihm zu erzählen. Das Jackson der Junge aus meinem Traum war und das er auch bei dem Kampf dabei war. Gerade wollte ich zum erzählen ansetzten, als die Schulklingel ertönte.

»Oh … schon wieder vorbei. Wir sehen uns dann beim Essen.« Vincent küsste mich auf die Stirn. Nun musste ich alles auf später verschieben. Jeder von uns ging in sein Klassenzimmer. Doch wie sollte es nicht anders sein. Jackson war in meinem Kurs. An dem Tag haftete das Pech wie Dreck unter meinen Fingernägeln. Echt ätzend. Ich versuchte jeden Blickkontakt mit ihm zu vermeiden. Leider funktionierte das nicht immer. Der Lehrer teilte uns in kleinere Gruppen ein. Natürlich waren Jackson und ich in ein und derselben Gruppe. Unsere Aufgabe war es ein dreiseitiges Gedicht zu lernen. Jeder bekam mehrere Textabschnitte die er auswendig lernen sollte. Zum Glück war Jackson der einzige Junge in unserer Gruppe und die Mädchen lenkten ihn von mir ab. Ich konzentrierte mich – so gut ich konnte – auf meine Aufgabe. Die Anderen hatten mit Jackson zu tun gehabt. Doch irgendwann hatte er genug und setzte sich neben mich. Ich bekam es erst mit, als er mich angesprochen hatte.

»Das ist verdammt schwer, oder?« Ruckartig drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. Er grinste mich an. Es war schwer weg zu schauen. Denn sein Lächeln war freundlich und das Herz schmolz nur so dahin. Auch bei mir passierte dies. Mir gefiel die Reaktion nicht. Ich wollte sie nicht zulassen, doch meine Gefühle taten nicht das was mein Kopf wollte.

»Für dich vielleicht. Aber nicht für mich«, schnaubte ich ihn an. Ich wollte so wenig wie möglich mit ihm reden. Doch er redete einfach weiter. Die anderen Mädchen kicherten und flüsterten herum. Das brachte mich noch mehr zur Weißglut.

»Könntet ihr das sein lassen?!«, fauchte ich die Mädchen an. Alle erschraken und Jackson grinste mich nur an. In der gesamten Gruppe herrschte plötzliche Ruhe. Ich atmete paar mal tief durch. Doch meine Ruhe wurde mal wieder gestört.

»Was ist denn los mit dir? Hast du dein PMS, oder was?«, fragte mich Amy – eine Schülerin aus meiner Gruppe. Ihr gefiel es genauso wenig wie den Anderen, dass ich solch schlechte Laune hatte. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und antwortete ihr nicht. Was auch nicht sehr angenehm war, dass mein Bein schmerzte, wegen dieser blöden Führung für Jackson. Es pochte und hämmerte gegen meinen Knochen. Ich hatte es sichtlich zu weit getrieben. Jackson starrte ständig zu mir herüber. Ich griff mir mehrmals an mein Bein.

»Soll ich dich zum Arzt bringen?« Ohne auf zu schauen fragte mich Jackson. Ich schaute ihn mit einem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck an. Es tat wirklich verdammt weh. Für einen kurzen Moment überlegte ich über sein Angebot nach, doch ich entschied mich im Zimmer zu bleiben.

»Nein!« Ich hatte gedacht, das ich geflüstert hätte, doch alle Anderen starrten mich an. Ich wurde rot im Gesicht und schaute auf meine Beine. Es wurde nicht besser. Ich hatte schon angst, das der Bruch wieder neu gebrochen war. Genau in solchen Momenten brauchte ich Vincent. Doch er war in einem anderen Raum und in einem anderem Gebäude.

Lange würde ich die Schmerzen nicht mehr aushalten. Ich schob mein Hosenbein ein wenig nach oben. Mein Bein war extrem angeschwollen und leicht gerötet. Eine Kühlung wäre nicht schlecht gewesen. Ruckartig stürmte Jackson von seinem Stuhl auf und ging zu dem Lehrer nach vorn. Er redete und zeigte einmal mit dem Finger auf mich. Ich runzelte die Stirn und wunderte mich was er nun vor hatte. Jackson und der Lehrer kamen zu unserer Gruppe. Schnell rollte ich mein Hosenbein wieder nach unten.

»Jackson bringt sie zur Krankenschwester«, meinte der Lehrer. Mein einziger Gedanke war – du Arsch!

»Wieso? Mir geht es bestens«, log ich ihn an. Jackson hockte sich zu meinen Füßen und zeigte – gegen meinen Willen – mein angeschwollenes Bein dem Lehrer. Er wurde natürlich hysterisch und befahl mir zur Schwester zu gehen. Doch ich war sauer. Am liebsten hätte ich Jackson eine gescheuert, vor der gesamten Klasse. Der Lehrer ging wieder zurück zu seinem Tisch. Jackson stellte sich auf und reichte mir seine Hand. Ich schlug sie von mir weg und stand selber vom Stuhl auf.

»Ich gehe allein. Klar?«, schnaubte ich ihn an. Jackson lächelte trotzdem und wich nicht von meiner Seite. Ich humpelte aus dem Klassenzimmer. Zum Glück war das Zimmer der Krankenschwester nicht weit entfernt. Ich klopfte an die Tür und ein kleine dicke Frau öffnete mir.

»Was kann ich für dich tun, mein Liebes?« Die Krankenschwester klang sehr freundlich und legte gleich ihren Arm um meine Schulter. Als hätte Jackson nicht schon genug Chaos angerichtet, redete er auch noch mit der Krankenschwester.

»Ihr Bein ist ziemlich angeschwollen und ein wenig rot. Am besten man kühlt es.«

»Ich brauche keinen Aufpasser«, flüsterte ich in einem wütenden Ton zu ihm. Die Schwester bat uns in das Zimmer herein. Ich wollte mich auf das Krankenbett setzten, doch Jackson packte mich an meiner Taille und hob mich auf das Bett. Als ich saß, riss ich mir seine Hände von meinen Körper weg. Seine Berührung empfand ich als sehr unangenehm. Die Krankenschwester schob mein Hosenbein nach oben und begutachtete meine Verletzung. Sie fragte mich danach.

»In meiner Krankenakte müsste ein Brief von Dr. Hale sein. Dort steht alles drin«, sagte ich zu ihr. Richard hatte einen kompletten Bericht geschrieben und der Schule geschickt. Die Krankenschwester schaute nach. Dafür musste sie leider aus dem Zimmer gehen. Nun war ich mit Jackson allein. Er stand mit dem Rücken zu mir und wartete bis die Tür sich schloss. Kaum hatte sie sich von uns entfernt redete er auch schon los.

»Was hast du eigentlich für ein Problem?« Mit wütendem Blick drehte er sich zu mir um. Die Arme vor der Brust verschränkt. Ich musste schlucken, als ich ihn so sah. Genau in diesem Moment hatte er denselben Gesichtsausdruck wie in meinem Traum. Als er mich gewarnt hatte.

»Habe ich dir irgendetwas getan? Oder was Falsches gesagt? Mich von dir so behandeln zu lassen, habe ich echt nicht verdient.« Jackson kniff die Augen zusammen und klang ziemlich aufgebracht. War ja auch kein Wunder – bei meinem Tonfall. Beschämt schaute ich auf mein Bein. In diesem Moment fühlte ich mich schuldig. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte mit ruhiger Stimme mich zu entschuldigen.

»Tut … tut mir Leid. Ich habe in letzter Zeit sehr viel durch gemacht.« Ich hörte wie Jackson sich neben mich setzte.

»Möchtest du darüber reden?«, flüsterte er zu mir. Ich schaute zu ihm und er lächelte wieder. Sein wütender Gesichtsausdruck war verschwunden. Auch ich musste schmunzeln. Sein Lachen war irgendwie ansteckend.

»Ehm … nein. Ich habe meinen Freund dafür. Kann ich dir jetzt ein paar Fragen stellen?« Ich fasste meinen ganzen Mut zusammen. Ich wollte ihn darauf ansprechen, wegen der Sache im Wald. Ob ich richtig lag, das er der Junge war.

»Sicher … was hast du denn auf dem Herzen?« Jackson lächelte. Mein Mund wollte gerade zum sprechen ansetzten, als plötzlich die Krankenschwester wieder zu uns kam. Natürlich konnte ich nichts fragen, wenn sie hier war.

»So, ich habe alles gelesen. Ich gebe dir einen kleinen Kühlverband mit. Den kannst du mit in den Unterricht nehmen«, meinte die Schwester. Als sie fertig war gingen Jackson und ich aus dem Krankenzimmer. Der Verband war erschreckend kalt. Mein Bein füllte sich nicht mehr schmerzhaft an, sondern es war vollkommen taub. Langsam liefen wir den Gang entlang.

»Danke … und … tut mir Leid, das ich so gemein zu dir war.« Meine Stimme zitterte – aber wieso? In seiner Gegenwart fühlte ich mich nervös und ein wenig ängstlich. Immer wenn ich an den Traum dachte. Jackson boxte mich – freundschaftlich – an den Arm.

»Geht schon klar. Und außerdem, wenn dir was passiert, an wen wende ich mich dann wegen meiner Nachhilfe? Das wäre echt blöd, wenn du nicht hier wärst.« Jackson fing mit lachen an und ich musste automatisch mitmachen.

Als wir um die Ecke bogen stand plötzlich Vincent da. Er lehnte sich an die Wand und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Sein Blick verhieß nichts Gutes. Ich hörte mit lachen auf und humpelte zu ihn hin. Jackson blieb ein paar Schritte hinter mir stehen.

»Hi! Was machst du denn hier? Hast du keinen Unterricht mehr?« Ich freute mich ihn zu sehen. Aber er schien nicht sehr begeistert zu sein. Ich legte meine Arme um seinen Hals und zog ihn an mich. Ganz tief schaute ich in seine Augen. Sie hatten einen roten Touch. Anscheinend war er wütend und ein wenig hungrig zugleich.

»Was hast du denn?«, flüsterte ich in sein Ohr. Sein Blick schweifte in Jacksons Richtung. Und da war mir alles klar. Vincent war eifersüchtig. Ich drehte seinen Kopf zu mir und küsste ihn.

»Er hat mich nur zum Krankenzimmer gebracht. Der Lehrer wollte es. Bist du jetzt böse?«, flüsterte ich. Vincent schüttelte den Kopf und küsste mich auf die Stirn.

»Ich mag den Typen nicht. Schon gar nicht, wenn er in deiner Nähe ist«, erklärte er mir.

»Das lässt sich aber leider nicht vermeiden.« Ich wollte das er wieder sein süßes Lächeln auflegte und grinste ihn an. Seine Mundwinkel zogen sich nach oben. Sein traumhaftes Lächeln zeichnete sich in seinem Gesicht.

»So gefällst du mir besser«, lachte ich. Jackson räusperte sich und kam einige Schritte näher zu uns.

»Ich werde euch beide dann mal alleine lassen. Ich sage dem Lehrer, das du noch im Krankenzimmer bist«, meinte er. Ich lächelte ihn an und nickte. Zum Abschied hob er seine Hand. Ich widmete mich wieder Vincent zu. Er hatte immer noch diesen mürrischen Ausdruck im Gesicht.

»Jetzt sei nicht so böse. Wir sind doch wieder allein.« Vincent nahm meine Arme von sich weg und beugte sich zu meinem Bein herunter. Mit seinen kalten Fingern streifte er meinem Bruch entlang. Ich spürte wie mein Körper anfing mit zittern und Vincent nahm seine Hand wieder weg.

»Entschuldige. Was ist mit deinem Bein?«, fragte er mich und richtete sich auf. Schützend nahm er mich an seine Seite.

»Es ist ein wenig angeschwollen und rot. Ich glaube, das ich es übertrieben hatte.«

»Und wem haben wir das zu verdanken?«, seufzte er und rollte mit den Augen. Ich schmunzelte und sagte lieber nichts dazu.

»Also … warum bist du nicht im Unterricht?« Eine Freistunde hatte er sicher nicht. Vincent zuckte mit den Schultern und schmollte.

»Ich hatte ein komisches Gefühl. Und wenn ich so etwas habe, dann hängt es immer mit dir zusammen«, erklärte er mir.

»Hmm … also hast du blau gemacht. Na toll, wenn das auffliegt, dann bekomme ich bestimmt den Ärger«, kicherte ich und Vincent küsste mich auf mein Haar.

»Wollen wir ein wenig nach draußen gehen? Der Schnee ist nicht mehr ganz so hoch und frische Luft tut dir sicher gut.« Vincent nahm mich an die Hand und wir gingen leise aus der Schule. Damit uns niemand sah, gingen wir aus dem Hinterausgang heraus. Vincent legte für mich seine Jacke auf die nasse Bank. Er fror ganz sicher nicht. Aber mir war ziemlich kalt. Im Januar war es üblich klare kühle Luft auf der Haut zu spüren. Vincent nahm mich in seine Arme und versuchte mich zu wärmen. Aber er machte es nur noch schlimmer. Doch ich würde mir es nie trauen es ihm zu erzählen.

»Hast du schon von dem Schulausflug gehört?«, fragte mich Vincent. Schulausflug? So etwas machten die hier noch? Ich schüttelte den Kopf.

»Ich würde gern mitfahren, aber allein macht es keinen Spaß.« Mit schüchternen und zuckersüßem Blick schaute er mich an. Wie ein kleiner Welpe der auf sein Leckerlie wartete.

»Und wo geht es hin? Vielleicht gefällt mir das Ziel«, grinste ich.

»Rumänien … mein Entstehungsland.« Voller Stolz brüstete er sich auf. Ich dagegen war geschockt.

»Liegt das nicht in Europa?«, fragte ich und Vincent nickte begeistert. Das ist aber ziemlich weit weg.

»Das ist doch bestimmt teuer, oder? Wenn das so weit weg ist. Ich kann mir das sicher nicht leisten … « Ich wollte wirklich mit. Da es Vincents Land war und er total begeistert davon war. Doch ehe ich weiter seufzen konnte, unterbrach mich Vincent mit einem dicken Grinsen.

»Das wird kein Problem sein. Wenn du mitkommst, dann zahlt Eli für dich.«

»Oh nein, das geht überhaupt nicht. Ich möchte nicht das sie mir das bezahlt … ich … keine Ahnung«, seufzte ich. Ich wollte auf keinen Fall das Geld von Eli annehmen. Das ich bei ihnen wohnte reichte schon vollkommen. Doch Vincent war anderer Meinung und hatte anscheinend schon alles mit seinen Eltern geregelt.

»Du weißt, das ich das nicht gut finde, aber wenn dir so viel daran liegt komme ich natürlich mit. Wann geht es denn los?« Einen Ausflug mit Vincent – wird bestimmt total klasse.

»In einer Woche. Die Anmeldung brauchst du nicht mehr machen. Das habe ich schon erledigt«, grinste er. Ich rollte mit den Augen – als Scherz natürlich gemeint. Vincent erklärte mir noch, was genau der Grund für diesen Ausflug war. Unser Geschichtslehrer hatte ein Schulprojekt namens „Dracula“ gestartet. Dracula regierte einst Transilvanien – das heutige Rumänien – und der Lehrer hatte für diesen Ausflug gekämpft. Vincent meinte, das schon einige sich eingeschrieben hätten und sich der Ausflug lohnen wird. Wir werden eine Woche dort verbringen. Je mehr Vincent darüber redete, umso mehr freute ich mich darauf. Als die Schulklingel ertönte gingen wir in die Kantine zum Mittagessen. Vincent setzte mich an unseren Stammtisch, wo sich bereits unsere Freunde befanden und ging, um mir etwas essen zu holen. Kaum hatte er sich von mir entfernt stand schon Jackson neben mir.

»Hey … kann ich mich zu dir setzen? Ich beiße auch nicht«, lachte er. Ich war mir nicht sicher, ob er an diesen Tisch überleben würde. Jackson wartete nicht einmal auf meine Antwort und setzte sich auf den Stuhl neben mir.

»Du bekommst bestimmt Ärger«, meinte Steve – ein Freund von Vincent. Jackson grinste ihn nur an und schaute dann wieder zu mir.

»Und? Gehst du auch auf diesen Ausflug?«, fragte er mich seufzend. Ich war erstaunt das er so mies gelaunt war. Er kam doch von dort.

»Ehm … ja. Ich gehe mit Vincent dahin. Wieso? Kommst du etwa auch mit?« Ich betete das es nicht so war. Denn er würde alles nur noch komplizierter machen.

»Ja leider. Der Lehrer meinte ich sollte mitkommen. Da es ja mein Heimatland ist. Eigentlich bin ich ja hierher gezogen, damit ich von dort weg komme«, seufzte er. Auch ich seufzte. Wieso musste immer mir so etwas passieren? Jackson grinste mich mit vollem Mund an und aß an seinem Burger weiter. Vincents Freunde starrten uns an. Ich konnte sehen, das auch sie ihn nicht richtig leiden konnten. Steves Blick richtete sich plötzlich neben meinen Kopf. Seine Augen hatte er weit geöffnet. Ich konnte es mir schon denken. Ich drehte mich um und sah wie Vincent zu uns kam. Er sah wütend aus. Er starrte nur Jackson an. Ich konnte sehen wie seine Augen leuchteten. Erst wollte ich aufstehen und zu ihm gehen, bevor er in die Luft gehen konnte, doch er war zu schnell an unseren Tisch.

»Du sitzt auf meinem Platz«, fauchte Vincent Jackson an. Jackson starrte ihn mit vollen Mund an. Meinen Blick wechselte ich zwischen den beiden hin und her. Hoffentlich behielt sich Vincent unter Kontrolle. Na ja … bis jetzt tat er es jedenfalls noch. Es würde aber sicher nicht sehr lange dauern. Jackson brauchte nur etwas Falsches sagen, schon würde Vincent ausrasten.

»Was?«, fragte Jackson mit vollem Mund. Er war der Einzige der das für lustig hielt. Ich hatte wieder diesen dicken Kloß im Hals. Ich versuchte ihn hinunter zu schlucken, doch er weigerte sich. Um Vincent zu beruhigen, legte ich meine Hand an seinen Unterarm. Ich spürte wie sein Körper zaghaft zitterte. Natürlich vor Wut.

»Ich sagte … du sitzt auf meinen Platz. Also mach die Flocke und setze dich woanders hin.« Vincent stellte mein Essen vor mir hin und küsste mich aufs Haar. Ich krallte ihm meine Finger in den Arm. Wahrscheinlich merkte er es nicht einmal. Jackson stopfte sich den Rest seines Burger in den Mund und stand von dem Stuhl auf.

»Wusste ja nicht das dein Name da dran steht«, murmelte Jackson. Doch es war gut zu verstehen. Vincent machte einen Schritt auf ihn zu. Ich konnte ein leises Knurren aus Vincents Brust wahrnehmen.

»Okay … dann wäre das geklärt.« Ich musste irgendetwas sagen. Diese Stille war unangenehm zwischen den Beiden. Jackson schaute zu mir und verabschiedete sich mit einem breiten Grinsen. Vincent schaute ihm nach bis er sich an einen anderen Tisch gesetzt hatte. Nun fingen die Anderen an mit tuscheln. Ich wusste genau was das Thema war.

»Musste das sein?«, schnaubte ich Vincent an. Er setzte sich neben mich und machte große Augen.

»Was meinst du?«, fragte er. Er wusste genau was ich meinte, aber stellte sich dumm. Ich seufzte und senkte meinen Kopf. Starrte nur mein Essen an. Ich konnte hören wie Steve meinte, das Vincent jetzt einen neuen Konkurrenten hatte. Vincent beugte sich zu meiner Seite. Seine Lippen berührten mein Ohr. Ich spürte seinen süßen kalten Atem auf meiner Haut. Am ganzen Körper bildete sich Gänsehaut. Für einen kurzen Moment schauderte es mich.

»Du weißt, das ich ein komisches Gefühl bei diesem Kerl habe. Ich will ihn nicht in meiner und deiner Nähe haben«, flüsterte er mir ins Ohr. Ich atmete tief ein, um wieder klar denken zu können. Ich liebte dieses Gefühl. Wieso kann es nicht für immer anhalten? Ich drehte meinen Kopf zu ihn und küsste ihn auf die Nasenspitze. Er und ich mussten lächeln. Seine Augen waren wieder normal. Seine Stimmung stieg an. Was mir sehr gefiel. Nach dem Essen kontrollierte Vincent noch einmal mein Bein. Die Schwellung war zum Glück zurück gegangen und die rote Färbung meiner Haut war auch komplett verschwunden. Als wir fertig waren brachte Vincent mich in mein Klassenzimmer. Zum Abschied küsste er mich auf mein Haar und ging zu seinem Unterricht.

Die letzten vier Stunden vergingen wie im Flug. Vincent holte mich vom Unterricht ab. Jackson war bis zu diesem Zeitpunkt immer in meiner Nähe. Irgendwie hatten wir denselben Unterricht. Ob er es so gewünscht hatte – bei den Lehrern? Auf dem Parkplatz stieg Jackson in einen großen Jeep ein. Sah sehr prunkvoll aus. Ich fragte mich, wo er wohl wohnte. Sicher hatte er eine Menge Geld zur Verfügung. Vincent hielt mir meine Tür auf und ich stieg in unseren neuen Mercedes Benz ein. Vincent hatte ihn sich vor Schulbeginn gekauft. Als er ihn sich ausgesucht hatte, meinte er, das ich ihn später auch mal fahren darf. Doch leider besaß ich noch keinen Führerschein. Ich hatte kein Geld und auch nicht so richtig Lust dazu. Aber wenn Vincent es mir beibringen möchte, dann mache ich ihn auf jeden Fall. Ehe Vincent in das Auto einstieg beobachtete er, wie Jackson sich vom Parkplatz entfernte.

»Kommst du? Ich habe Hunger«, sagte ich zu Vincent. In Windeseile waren wir Zuhause. Eli und Richard waren nicht zu Hause, nur William saß am Tisch mit mehreren Büchern darauf.

»Hey Willi.« Ich hatte einen tollen Spitznamen für William gefunden. Er meinte, das nur ich ihn so nennen durfte. William strahlte über beide Ohren. Vincent ging in die Küche und kochte mir etwas leckeres. Obwohl ich ihn jedes Mal darum bat es nicht zu tun, machte er es trotzdem. In der Zwischenzeit half ich William bei seinen Hausaufgaben. Ich verstand eine Menge von Literatur. Er musste ein Buch lesen und darüber einen zehn-seitigen-Vortrag ausarbeiten. Ich liebte solche Aufgaben. Aber William schien nicht sehr begeistert gewesen zu sein. Aus der Küche kam ein köstlicher Duft mir entgegen. Ich konnte frisch gebratenes Gemüse riechen und gekochten Reis. Vincent machte mir wahrscheinlich wieder eine leckere Gemüsepfanne mit Reis. William verzog sein Gesicht, als er den Geruch aus der Küche wahrnahm. Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen. Vincent kam mit einem riesigen Teller aus der Küche und stellte ihn mir auf den Tisch. William konnte den Gestank – wie er es immer nannte – nicht ertragen und flüchtete. Jedes Mal rief ich ihm eine Entschuldigung hinter her. Aber William hatte nichts dagegen, wenn ich aß.

»Soll ich nicht lieber auf meinem Zimmer essen? Ich mag es nicht, wenn Willi jedes Mal davon läuft«, seufzte ich und starrte auf meinen Teller. Vincent setzte sich neben mich und legte tröstend seine Hand auf meine Schulter.

»Das macht ihm nichts aus. Er wird sich schon noch daran gewöhnen. Und das sagt er selber«, erklärte mir Vincent mit ruhiger Stimme. Je länger ich auf den Teller starrte, umso mehr knurrte mein Magen. Ich rieb mir die Hände und leckte meine Lippen. Ich ließ mir jeden Bissen auf der Zunge zergehen. Mit vollem Mund lobte ich Vincent. Er war ein fabelhafter Koch. Ich muss mich korrigieren – ein fabelhafter Vampirkoch. Als ich den Teller leer gegessen hatte, dachte ich, das ich gleich aus meiner Hose platzen würde. Ich lehnte ich nach hinten. Vincent wollte gerade meinen Teller wegräumen, als ich ihn näher an mich zog. Ich küsste ihn auf seine weiche Lippen. Mittlerweile wurden unsere Küsse immer heftiger und leidenschaftlicher. Früher blieb mir immer der Atem stehen und nun kam auch der Schwindel in meinem Kopf dazu. Eine heftige Reaktion auf solch eine kleine Gestik. Nach unserem Kuss rangen meine Lungen nach Luft und ich ließ meine Augen geschlossen. In meinem Kopf drehte sich alles. Doch es war kein unangenehmes Gefühl, sondern ein Gefühl was ich nicht beschreiben konnte. Ich wusste nur das es sich gut an fühlte. Als ich meine Augen wieder öffnete, lächelte er mich an.

»Du musst lernen deine Atmung dabei unter Kontrolle zu halten. Nicht das du mir noch Ohnmächtig wirst, wenn ich dich küsse.« Meine Wangen füllten sich warm an und waren ganz sicher knallrot.

»Dann musst du aufhören so gut zu küssen«, konterte ich mit einem breiten Lächeln. Vincent strahlte mich an und küsste mich sanft auf die Stirn. Unter jeder seiner Berührungen brannte meine Haut. Ich nahm mir meinen Teller und stand von meinem Platz auf. Vincent half mir wie immer hoch zu kommen. Ich wünschte mir, dass das mit meinem Bein bald vorbei sei. Dann wäre ich keine Last mehr für die Familie. Vincent und ich machten uns an die Hausaufgaben. Wir hatten Mathematik auf. Ich hasste dieses Fach. Aber zum Glück war Vincent sehr gut darin und machte meine Aufgaben auch noch mit.

Unseren freien Nachmittag verbrachten wir damit den Ausflug nach Rumänien zu planen. Vincent meinte, das es um diese Jahreszeit sehr kalt in Rumänien war. Also packte ich meine Wintersachen ein.

»Ich glaube eine Schicht Kleidung würde nicht reichen«, meinte Vincent. Ich dachte er machte Witze, aber er lachte nicht und meinte das wirklich ernst.

»Okay … dann eben noch eine Ladung«, seufzte ich. Vincent erklärte mir, das es im Winter unter fünf Grad Celsius werden kann. Schon der Gedanke ließ mich erzittern und brachte Gänsehaut auf meinen Körper.

»Bist du schon aufgeregt? Warst du eigentlich schon einmal in Rumänien?«, fragte ich ihn. Vincent schüttelte ein wenig bedrückend den Kopf.

»Nein. Ich war noch nie dort und deshalb bin ich sehr aufgeregt mein Entstehungsland zu sehen«, grinste er. Es freute mich ihn so glücklich zu sehen. Wie ein Kleinkind benahm er sich, wenn er davon sprach. Es war eine Freude ihm dabei zu zuhören.

»Wieso ist es eigentlich dein Entstehungsland? Nur weil Graf Dracula dort gelebt hatte?« Ich fragte immer weiter. Ich wollte seine Geschichte hören. Nicht die eines Lehrbuches.

»Nun … Dracula spielt nur eine kleine Rolle. Er war schließlich der Erzeuger der Vampire. Als er getötet wurde, dachten die Menschen, das er der einzige war. Doch da hatten sie sich geirrt. Erst viele Jahre später bekamen die Menschen mit, das es doch noch welche gab. Und ab da wurde der Vertrag beschlossen.« Ich überlegte kurz. Nichts hatte mit der Geschichte aus den Büchern überein gestimmt. Wer hatte sich das nur ausgedacht?

»Und wieso wird dann in den Geschichtsbüchern alles anders beschrieben? Wieso blieb man nicht bei der Wahrheit? Na ja … vielleicht nur bei dem ersten Teil.« Vincent musste schmunzeln. Was ich nicht recht verstand. Ich zog die Augenbrauen zusammen und schaute ihn fragend an.

»Wie hätten wohl die Menschen reagiert, wenn sie wüssten, das Vampire wirklich existieren? Panik würde sich breit machen. Deshalb hat man es ein wenig umgeschrieben.«

»Ein wenig? Das ist aber noch Untertrieben. Wer hat die falsche Geschichte eigentlich als erstes verfasst?« Vincents Gesicht wurde hart. Seine Augen waren nur noch dünne Schlitze. Ich sah wie sich sein Unterkiefer anspannte. Ich legte meine Hand auf seine und streichelte seinen Handrücken.

»Es … es war der erste Vampirjäger. Du kennst sicher seinen Namen, oder?« Sein Blick veränderte sich kaum, als er zu mir herüber sah. Ich überlegte einen kurzen Moment. Und dann fiel er mir ein. Wie ein Blitz war er plötzlich in meinem Kopf.

»Meinst du etwa Van Hellsing?« Ich dachte immer das er auch eine Geschichtsfigur sein würde, genau wie Vampire. Aber mittlerweile war alles möglich. Vincent nickte als Zustimmung. Ich atmete einmal tief aus. Wenn ich an den Namen denken musste, kam mir immer Hugh Jackman in den Sinn. Er hatte die Hauptrolle in dem Film Van Hellsing. Ob der wahre Hellsing genauso war? Stark, mutig und ein loses Mundwerk? Plötzlich kam mir Jackson in meine Gedanken. Er würde perfekt in diese Rolle passen. Doch ich wollte in diesem Moment nicht an ihn denken und schüttelte ihn aus meinen Kopf.

»Was ist?« Vincent bemerkte meine Reaktion. Seine Gesichtszüge waren jetzt weicher und nicht mehr so ernst. Ich lächelte ihn an und küsste ihn.

»Lebt er noch? Dieser Van Hellsing?« Vincent schüttelte mit einem breiten Lachen den Kopf.

»Gott sei Dank nicht mehr. Der Typ würde uns sonst alle abschlachten. Vertrag hin oder her.« Ich konnte spüren, das Vincent es hasste über diesen Typ zu reden. Also ließ ich das Thema ganz schnell wieder fallen.

»Werden wir auf andere Vampire in Rumänien treffen? Und wenn ja, was machen wir dann?« Vincent schaute mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Hatte ich was Falsches gesagt?

»Du hast aber eine Menge fragen auf Lager«, grinste er mich an. Meine Wangen wurden rot. Anscheinend freute es ihn, das ich mich dafür interessiere. Aber mir ging es eigentlich darum, das wir nicht angegriffen werden.

»Du kennst doch mittlerweile meine Neugierde. Und außerdem mache ich mir ein wenig sorgen. Frischfleisch in der Stadt der Vampire«, scherzte ich. Doch im Inneren zitterte ich unaufhörlich. Was würde uns erwarten? Ich hoffte das die Situation nicht eskalieren wird.

»Aber das brauchst du nicht. Ich bin doch in deiner Nähe. Ich weiß das du noch mehr Fragen hast, aber diese beantworte ich erst wenn wir dort sind.« Schützend legte er seinen Arm um meine Taille und küsste mich auf mein Haar. Ich machte einen Schmollmund und schaute ihn mit flehenden Blick an. Doch Vincent verriet kein einziges Wort mehr. Obwohl ich ihn mit Fragen löcherte. Als wir fertig gepackt hatten, machten wir uns noch einen schönen Abend. William war ziemlich traurig, da er nicht mit nach Rumänien mit kommen kann. Aber ich hatte ihm versprochen alles mögliche mit zu bringen, was es dort zu kaufen gab.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kapitel 2

2. Kapitel

Endlich ist es soweit. Meine gesamte Klasse und ich standen in der riesigen gläsernen Empfangshalle des Flughafens von Sweet Grass County. Es waren nur noch wenige Minuten bis zum Start nach Rumänien. Der Lehrer sah nervöser aus als wir alle es waren. Einige von meinen Mitschülern hatten Flugangst und sahen kreidebleich aus. Nicht einmal das ständige Würgen, was sie versuchten zu vermeiden, brachte sie dazu nicht mit zufliegen. Auch Vincent schien aufgeregt zu sein. Ich hatte ihn noch nie so nervös gesehen. Er zappelte hin und her. Rieb seine Hände aneinander und bei jedem Aufruf eines Fluges sprang er hektisch auf und wollte sofort in das Flugzeug rennen. Ich nahm seine Hand und zog ihn zu mir nach unten. Ich küsste Vincent und wollte ihn damit beruhigen.

»Sei ganz ruhig. Wir fliegen ja gleich los«, flüsterte ich. Vincent lächelte sein umwerfendes Engelslachen. Jedes Mal kippte ich fast aus den Schuhen, wenn er mich so ansah.

»Ich war noch nie so aufgeregt. Ich glaube das ist meine menschliche Seite die sich gerade zeigt«, lachte er. Auch ich musste schmunzeln. Aber diese tolle Stimmung sollte wohl bald gestört werden. Jackson kam zu uns beiden. Mit einem dicken Grinsen im Gesicht schaute er mich an. Doch als er Vincent sah, brach es in sich zusammen. Ich stellte mich vorsichtshalber vor Vincent und verschränkte meine Arme vor der Brust. Mein Gesicht versuchte ich so böse wie möglich zu stellen.

»Seid ihr auch so komisch drauf wie all die Anderen? Mich kotzt es langsam an, wie die sich benehmen«, grunzte Jackson. Ich starrte ihn nur an und überlegte, ob ich was sagen sollte. Als ich etwas sagen wollte machte Vincent den Anfang.

»Dann fahre doch einfach nicht mit. So kannst du dir das alles ersparen und wir können dich nicht mehr sehen.« Vincent blickte ihn wütend an. Ich sah wie eine dicke Ader an seinem Hals pochte. Beruhigend legte ich ihm meine Hand auf seinen Arm. Ich schaute wieder zu Jackson der sich genüsslich einen Schokoriegel in den Mund steckte und nickte. Als würde ihm Vincents Meinung am Arsch vorbei gehen. Ich atmete einmal tief aus und schaute Jackson grimmig an.

»Vincent hat recht. Wenn du nicht mit willst, dann gehe einfach und lass uns in Ruhe«, schnaubte ich ihn an. Doch genau wie bei Vincent interessierte es ihn nicht.

»Das geht leider nicht. Der Lehrer möchte unbedingt das ich mit komme. Und da kann ich doch nicht nein sagen. Außerdem ist Lilly immer noch verantwortlich für mich und ich bleibe in ihrer Nähe«, kicherte er. Vincent wollte einen Schritt auf ihn zu gehen, doch ich hielt ihn mit aller Kraft zurück. Genau wie Vincent wollte auch ich ihn ins Gesicht schlagen.

»Oh … braucht das Baby noch einen Aufpasser? Das tut mir aber Leid!«, grinste Vincent. Ich musste mir ein lautes Lachen verkneifen und hielt mir die Hand vor den Mund. Aber Vincent übernahm meine Reaktion gleich mit. Er lachte so laut los, das die anderen Schüler sich umdrehten. Leicht rammte ich meinen Ellenbogen in Vincents Seite, damit er aufhörte.

»Haha … sehr witzig. Ich lache ein andermal, wenn du einen richtigen Witz machst.« Man sah Jackson an, das er tief getroffen wurde. Seine Augen waren sehr schmal und seine Hände hatten sich leicht zu Fäusten geballt. Mit schwerem Schritt ging er von uns weg. Ich drehte mich zu Vincent um und versteckte mein Gesicht an seiner Brust. Mein herzhaftes Lachen verstummte ein wenig in seinem Pullover. Vincent umarmte mich und musste immer noch lachen.

Im Flugzeug angekommen bekamen wir unsere Tickets wo die jeweiligen Platznummern darauf standen. Vincent und ich schauten gespannt nach, ob wir zusammen sitzen.

»So ein Mist«, fluchte ich. Ich ließ meine Schultern sinken und schaute Vincent traurig an.

»Was ist? Welche Nummer hast du?« Hastig nahm er mir mein Ticket aus der Hand und suchte nach der Nummer. Ich hatte Platz 44 und Vincent 54. Uns werden zehn Sitze trennen. Und das bei einem stundenlangen Flug. Wie sollte ich das nur aushalten? Vincent brachte mich zu meinen Platz.

»Wenigstens habe ich einen Fensterplatz«, seufzte ich. Vincent blieb noch einen Moment bei mir und wollte mit meinem Sitzpartner tauschen. Plötzlich stand Jackson bei uns und starrte auf sein Ticket.

»Hmm … wenn ich mich nicht täusche ist das mein Platz«, grinste er uns an. Ich hörte ein leises Knurren das aus Vincents Richtung kam. Langsam schüttelte ich den Kopf und Vincent wurde ruhiger.

»Soll das heißen, das ich den ganzen Flug neben dir verbringen muss?«, seufzte ich. Ehe Jackson antwortete saß er bereits auf dem Sitz. Ich schaute Vincent ruhig an.

»Lass gut sein Vincent. Ich werde das schon schaffen. Wir sehen uns dann wenn wir gelandet sind.« Ich versuchte zu lächeln, aber es zeichnete sich nur zaghaft auf meine Lippen. Vincent starrte mich skeptisch an und nickte grimmig. Langsam ging er zu seinem Platz. Wie ein Raubtier behielt er Jackson im Auge. Nur eine Bewegung und Vincent würde sich auf ihn stürzen und niederreißen. Ich drehte Jackson meinen Rücken zu und schaute aus dem Fenster. Ich merkte wie er sich streckte und genüsslich in den Sitz legte. Ich entspannte mich ein wenig und versuchte es mir so gemütlich wie möglich zu machen. Ohne in seine Richtung schauen zu müssen.

Mittlerweile flogen wir schon eine Stunde am Stück. Wir bekamen Essen und Trinken. Fast jede Minute schaute ich durch die Sitze und suchte nach Vincents wütenden Blick.

»Keine Angst. Der schaut immer noch hier her«, meinte Jackson. Er saß halb liegend in seinem Sitz und hatte die Augen geschlossen. Wütend warf ich mich wieder in die Lehne und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Wieso hast du nicht mit ihm getauscht?«, flüsterte ich mit einem gereizten Unterton. Jackson blinzelte zaghaft zu meiner Seite und unsere Blicke trafen uns. Er lächelte. Doch ich verstand meine Reaktion nicht darauf. Wieso fing mein Herz an kräftig und schnell zu schlagen? Wieso schwitzten meine Hände? Sonst verspürte ich dies nur in Vincents Nähe. Ich kniff die Augen zusammen und wich seinem Blick aus. Jackson räusperte sich kurz und richtete sich richtig auf.

»Ist es wirklich so schlimm, das ich in deiner Nähe bin?« Plötzlich klang er traurig und bedrückt. Schließlich wollte ich ihn ansehen. Sein Gesicht zeigte kein Lachen mehr. Nur noch Enttäuschung. Ich atmete tief durch. Versuchte eine passende Antwort zu finden.

»Nein … das ist es nicht. Aber … du bist einfach nur so schwierig. Und manchmal auch sehr unhöflich und aufdringlich.« Jackson lächelte wieder und er steckte mich damit an.

»Leider ist das meine Eigenschaft. Aber ich werde mich in Zukunft zusammenreißen. Versprochen«, meinte er. Ich nickte nur und versuchte ein normales Gespräch in Gang zu setzen. Die Worte kamen mir sehr schwer über die Lippen. Die Sache mit dem Kampf im Wald, wollte ich erst einmal nicht ansprechen.

»Wieso willst du nicht in deine Heimat?«, fragte ich ihn. Jackson sank seinen Kopf und zuckte mit den Schultern.

»Hmm … ich bin nun mal nicht gern in Rumänien. Ich habe dort gewohnt und nicht gelebt. Das ist ein großer Unterschied«, erklärte er mir. Es schien ihn wirklich nicht in Rumänien zu gefallen. Das sah man ihn an. Sein Blick sah bedrückend aus. Als beschäftigte Jackson etwas aus seiner Heimat. Ich fragte mich ob es was mit den Vampiren zu tun hatte. Aber ihn jetzt darauf anzusprechen wäre nicht sehr toll. Und das in einem Flugzeug. Ich ließ mir etwas anderes einfallen.

»Bist du mit deinen Eltern nach Sweet Grass County gezogen?«, fragte ich ihn.

»Ehm … nein. Meine Eltern sind schon lange tot. Ich bin in das Haus meiner Großeltern gezogen.« Ich sah ihn erschrocken an. Er ist alleine hierher gezogen. Wie konnte das möglich sein?

»Oh, das tut mir Leid. Soll das etwa heißen, das du jetzt bei deinen Großeltern wohnst?« Ich hoffte das es so war. Doch Jackson schüttelte den Kopf und starrte auf seine Hände. Er sah traurig aus. Ich wollte ihn trösten, eine Hand auf seine Schulter legen, ihn umarmen. Doch ich tat es nicht. Ich konnte es einfach nicht tun. Ich hatte selbst angst vor meinen Gefühlen.

»Oh … ehm … ich verstehe. Entschuldige, wegen den Fragen. Es ist besser wenn ich jetzt aufhöre.« Ich wandte mich von ihm ab und starrte weiter aus dem Fenster. Plötzlich spürte ich seine Hand auf meiner Schulter und ich zuckte zusammen. Mein Kopf schnellte in seine Richtung. Ich war erschrocken und schaute ihn auch mit aufgerissenen Augen an.

»Das macht mir nichts, Lilly. Ich freue mich wenn wir miteinander reden. Egal über welches Thema.« Jackson lächelte mich an. Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen wich und mein Herz wild mit pochen anfing. Ich hasste mich jedes Mal wenn ich solch eine Reaktion auf ihn verspürte. Ich riss mich zusammen, um nicht so dämlich zu kichern.

»Das war heute dein erster freundlicher Satz«, kicherte ich. Jackson machte es sich wieder in seinem Sitz bequem. Langsam atmete er ein und aus. Ich konnte sehen wie sich sein Körper entspannte und er in den Sitz rutschte.

»Wird der Flug noch lange dauern? Ich kann schon gar nicht mehr sitzen«, seufzte ich. Ich hatte das Gefühl, das mein Hintern sich schon längst verabschiedet hatte. Auch meine Beine taten mir weh. Zaghaft schaute ich zu Jackson hinüber. Ich hatte selbst keine Ahnung warum ich das tat. Genau in diesem Moment schaute er auch zu mir. Unsere Blicke trafen sich. Nun war mir endgültig das Blut ins Gesicht gewichen. Auch Jackson wurde knallrot. Seine Wangen strahlten richtig. Verschämt schaute ich auf meine Finger und knotete sie ineinander. Keine Ahnung was Jackson tat. Doch ich konnte seine schnelle Atmung hören. Und wie er auf seinen Platz herum rutschte.

»Wenn … wenn du nicht mehr sitzen kannst, dann gehe doch ein wenig den Gang entlang. Das tut bestimmt deinen Beinen gut. Und du kannst deinem Freund einen Besuch abstatten. Der schaut nämlich immer noch so grimmig drein«, lachte Jackson. Ich schaute ihn böse an und kniff ihn in die Seite.

»Ja ja … ich weiß.« Er legte sich seine Finger an die Mundwinkel und zog sie nach oben. Das sollte wohl sarkastisch aussehen. Ich stand von meinem Platz auf und quetschte mich an Jackson vorbei. Ich suchte Vincents süßes Gesicht. Doch sein Platz war leer. Ich ging zu seiner Sitzreihe und fragte Steve – der neben Vincent saß.

»Hey. Weißt du wo Vincent ist?«, fragte ich Steve. Er zuckte die Schultern und meinte, das er vor ein paar Minuten nach hinten gegangen sei. In Richtung Küche. Ich fragte noch einmal nach, ob das auch wirklich stimmte. Was sollte Vincent in der Küche? Essen ganz sicher nicht. Ich ging durch den Vorhang durch und fragte eine Stewardess.

»Ja … der junge Mann ist gerade in Richtung Toiletten gegangen«, meinte sie und bedankte mich bei ihr. Aber hinter welcher

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Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Publication Date: 11-10-2013
ISBN: 978-3-7309-6095-0

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