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Prolog

Nebel waberte um seine nackten Beine und Wind peitschte ihm ins Gesicht. Lautlos huschte er in den tiefen Schatten der kahlen Bäume durch den Wald. Geschickt wich er herumliegenden Ästen und Steinen aus. Immer wieder drehte er sich um, auf der Suche nach seinen Verfolgern. Hier und da blitzten Lichter von Taschenlampen durch die Bäume und Darrafh duckte sich jedes Mal, doch nur knapp entwischte er dem Schein der Lampe. Hastig strich er sich eine lästige Haarsträhne seines nachtschwarzen Haares aus dem Gesicht. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. Leise Stimmen beteuerten ihm, dass ihm nichts geschehen würde.

Darrafh rannte noch schneller. Dieses Mal würden SIE ihn nicht bekommen! Nicht ihn. Nicht schon wieder.

Die beißende Kälte des heulenden Windes machte ihm nichts aus und trotzdem zitterte er am ganzen Körper. Die Konturen der dünnen, verdorrten Baumstämme flogen an ihm vorbei. Blätter raschelten im Wind und Äste knackten ächzend wenn er versehentlich darauf trat. Immer wieder sah er die selben Bilder vor seinem Inneren Auge aufblitzen. Gitterstäbe, knisternder Strom, sah wie der Körper seines Freundes vor Elektroschlägen bebte. Hörte seine Schreie. Hörte, wie dessen Stimme das letzte Mal seinen Namen hauchte und flüsterte: 

„Lauf!“ Er fühlte das Reißen seiner Brust, als sein Freund seine letzten Atemzüge tat. Das würde er nie vergessen. Das was geschah, konnte er niemals wieder gut machen.

Ohne langsamer zu werden, warf er einen Blick auf den Himmel, wo nur vereinzelt Sterne zu erkennen waren. Voller Zorn schrie er in Gedanken: „Warum?! Warum hast du mir das angetan?!“

            Er konnte sich nicht verstecken, dass wusste er. Denn er hinterließ überall seine Markierung. Funkelnde, winzig kleine Diamanten zeichneten den Weg den er gekommen war. Sein Herz raste, als er die Stimmen seiner Verfolger hörte und die Lichter ihrer Taschenlampen auf ihn zukamen. Voller Panik blickte er sich um. Wegrennen konnte er nicht, sie würden ihn überall finden. Nach kurzem zögern entschied er sich für einen kleinen, aber blickdichten Busch. Vorsichtig kniete er sich da hinter, um sich nicht die Haut an den Dornen auf zu kratzen.

            Geduckt, gut getarnt hinter dem Busch, beobachtete er die Landschaft. Männerstimmen schallten über den Friedhof und die verärgerten Gesichter seiner Verfolger waren in dem schwachen Mondlicht kaum zu erkennen.

            Die Jäger, die ihn suchten, hatten Jagdhunde, sowie Schusswaffen bei sich. 

Darrafh musste sich ein kindisches Kichern mit viel Mühe verkneifen, also beließ er es bei einem boshaften Grinsen. Die Waffen konnten ihm nichts anhaben, genauso wenig wie die Hunde, denn er besaß keinen eigenen Duft.

            Ein erfreutes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus, als er merkte, dass seine Verfolger ihm den Rücken kehrten und auf der Suche nach ihm in die entgegengesetzte Richtung liefen. Als er sich sicher war, dass sie ihn nicht mehr sehen würden wenn er aufstand, schlich er rückwärts in den Wald hinein.

 Erleichtert das sie seine Spur verloren hatten, sprang er - nach einer längeren Pause um seine Kräfte zu sammeln - jauchzend in die Höhe und löste sich für ein paar Sekunden in „Luft“ auf. Er verband seine Atome mit denen der Luft und nahm danach wieder seine vorherige Gestalt an.  Das alles geschah innerhalb einiger Sekunden, doch währenddessen trug ihn der Wind ein paar hundert Meter tiefer in den Wald hinein. Nun raste er in übermenschlicher Geschwindigkeit zwischen den Bäumen hindurch, sprang über am Boden liegende Baumstämme und verschmolz mit der Finsternis. Seine Sinne weiteten sich, saugten jede Emotion auf, die sie erwischen konnten. Die einschläfernde Ruhe der Nacht, das beruhigende Schwingen des Windes, das pulsierende Leben des Waldes, das viel zu schnell klopfende Herzen eines Menschen, ...

Völlig überrollt von diesen unbekannten Emotionen, assoziierte er den Herzschlag des Menschen nicht mit dem Mädchen, welches hinter dem Baum, der direkt vor ihm stand, hervortrat. Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen versuchte er sich zu Bremsen, doch es war zu spät. Kaum berührte er ihre Haut, drang er auch schon durch sie hindurch. Mit einem entsetzten NEIN!, versuchte er sich loszureißen, doch er hing fest, gefangen in diesem fremden Körper. Ganz automatisch streckte sich sein Körper, weitete seine Fühler aus und heftete sich an jedes einzelne Atom in ihrem Körper. Verzweifelt versuchte er seine Fäden zu stoppen, als sie sich den Weg zu dem Gehirn des Mädchens bahnten. Unaufhaltsam krochen sie auf ihr junges Herz zu und frassen sich hinein. Komplett verbunden mit ihr, sank er auf die Knie und bat sie um Verzeihung, auch wenn sie ihn nicht hören konnte. Denn sie war vermutlich tot. Weinend saß er da, gut versteckt im Körper des Mädchens, deren Namen er nie erfahren hatte.

 Jetzt war er wieder gefangen.

Und dieses mal konnte ihm keiner mehr helfen zu fliehen.

Eins

Es ist wirklich schräg, ständig eine fremde Stimme im eigenen Kopf zu hören. Manchmal denke ich mir, ich sollte mich vielleicht doch freiwillig in eine Irrenanstalt einweisen lassen. Denn die Stimme, die ich seit ein paar Wochen höre, wird langsam, aber sicher immer lauter und mittlerer Weile kann ich sogar schon sagen, dass es sich um eine männliche Stimme handelt. Aber ich versuche, nicht darauf zu achten. Es macht mir Angst.

ER macht mir Angst.

 

Ich lag im Bett und starrte an die Decke, als ich das erste Mal dieses flüstern hörte. Es war ganz leise und kaum auszumachen. Zuerst dachte ich, ich hätte es mit nur eingebildet und vergaß es wieder. Doch es kam immer wieder. Es war nicht direkt unangenehm, aber es überkam mich immer ein seltsames Gefühl, so als wäre ich nicht allein, doch das war ich. Definitiv. Und das jedes mal, wenn ich dieses flüstern hörte.

 

Ich schüttle den Kopf, um wieder klar denken zu können. Was auch nicht ganz so blöd wäre, denn in Geschichte bin ich dann doch nicht so gut. Blinzelnd sah ich auf die Tafel. Oh Gott! Wie konnte diese alte Frau nur so viel uninteressantes Zeug in so wenigen Minuten an die Tafel schreiben?! Seufzend machte ich mich dran, die ganzen Jahreszahlen und Daten auf meinen Block zu kritzeln.

Nach der Stunde habe ich fürchterliche Kopfschmerzen. Ich sammle meine Geschichtssachen zusammen und stopfte sie in meinen türkisfarbigen Rucksack. Wir haben eine Menge an Hausaufgaben bekommen. Gott sei Dank ist heute Freitag! Ich schultere meinen Rucksack und schlurfe gemächlich aus dem Klassenzimmer auf den Schulflur hinaus. Der Gang ist gerappelt voll mit Schülern und Lehrern.

Mann, sind die laut! Das geht ja auf keine Kuhhaut! Würde mein Kopf nicht gleich platzen, würde ich mir nie die Mühe machen, meinen iPod aus meinem Rucksack zu kramen. Doch ich halte diesen Lärm nicht aus. Als ich ihn endlich gefunden habe, stopfe ich mir die Stöpsel in die Ohren und seufze erleichtert auf, als die beruhigende Musik von meiner Lieblingsband mich von der Außenwelt abschneidet.

Langsam gehe ich den langen, geraden Gang entlang der zum Ausgang der Schule führt. Mit gemurmelten Entschuldigungen und mit Hilfe meiner Ellenbogen bahne ich mit einen Weg aus der Eingangstür. Aber mich beachtet eh keiner. Das ist auch gut so, denn jeder der mich jetzt anquatschen würde, würde hundertprozentig eine pampige Antwort kassieren. Und ich will nette Leute nicht unnötig anpflaumen. Es ist ja nicht so, als wäre ich jedes mal nach der Schule genervt, das nicht, aber seit ich SEINE Stimme höre, bin ich mehr ganz ich selbst. Ich meine, wer könnte schon so tun als wäre alles normal, wenn es definitiv nicht so war? Ich jedenfalls nicht. 

Schweißtropfen bilden sich auf meiner Stirn und ich habe Schweißflecken unter den Achseln. Meine Güte, wie peinlich ist das denn? Aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass es hier drinnen auch verdammt schwül ist. Ich binunendlich erleichtert, als ich die schweren Türen aufstoße und in die herrliche Kühle des herbstlichen Nachmittages trete. Auf dem Schulhof stehen vereinzelte Grüppchen von Schülern und unterhalten sich. Einige winken mir zu und lächeln mich fröhlich an, als ich vorbei gehe. Ich winke und lächle gezwungen zurück. Augenverdrehend kehre ich ihnen den Rücken zu und mache mich nun vollends auf den Heimweg.

Ich habe mit meiner Freundin Kayla über dieses Flüstern geredet. Sie meinte, es wäre schon nichts schlimmes und ich sollte aufhören, mir abends immer Horrorfilme anzusehen. Aber ich wusste es besser. Seit der Nacht im Wald, hatte ich immer Kopfschmerzen und dann fing das Geflüster an. Boah, das kotzt mich so an, wenn ich nicht weiß was mit mir los ist. Es macht mich fertig, dass mir nicht einmal meine beste Freundin glaubt und sich nur über mich lustig macht. Zu meiner Mutter kann ich auch nicht gehen, denn die wäre die Erste, die mich zum Psychologen schleppen würde. Obwohl wir uns den gar nicht leisten könnten. Himmel, wir haben nicht mal einen Standcomputer zu Hause! Mich wundert es aber auch nicht mehr, denn wir sind fast so arm wie eine Kirchenmaus. Mein Vater hatte nämlich vor Ewigkeiten seinen Job verloren  und bis heute keinen neuen bekommen. Und meine Mutter? Tja, was soll ich sagen? Meine liebreizende Mutter hat beschlossen, ihr siebtes Kind zu behalten, mit dem sie beschenkt worden ist. Nun dauert es nicht mehr lange, und wir sind eine neun köpfige Familie. Meine drei älteren Geschwister sind schon ausgezogen, aber das ist auch gut so, denn so habe ich mein eigenes kleines Zimmer und muss es mit keinem stinkenden Bruder teilen.

 

Als ich etwas nasses auf meinem Kopf spürte, blickte ich zum Himmel hinauf. Seufzend stellte ich fest, dass ich echt in der doofsten Stadt der Welt wohnte. Warum musste es hier auch immer regnen?! Es ist zwar nicht so schlimm wie in London, aber heuer ist es in Wales dauernass. Klasse! Jetzt werden eine Haare, wenn ich nach Hause komme, in alle Richtungen abstehen. Ich meine, noch mehr als sonst. Als würde es nicht schon reichen, dass ich knallrote Naturlocken habe, habe ich auch nicht die schönen, großen und locker fallenden Locken meiner Mutter geerbt, sondern so komische lange Krause Locken von meiner Urgroßtante vierten Grades. Ich hasse sie. Alle beide. Aber das Beste kommt ja erst! Wenn meine wunderbaren Haare nass oder feucht werden, dann stehen sie in alle Richtungen ab, egal welche Länge sie haben. Momentan trage ich sie bis zur Taille. Manchmal erinnern mich meine Haare an die Protagonistin vom Lieblingsfilm meiner Schwester. Merida heißt sie. Außerdem habe ich genauso blaue Augen wie die Merida. Zusätzlich ziert eine kleine Stupsnase und winzige, rote Sommersprossen mein schmales Gesicht. Leider bin ich ein bisschen klein geraten und genauso schmal wie flach geblieben, dass mir meine Kindersachen noch passen, welche ich im alter von zwölf schon getragen habe, immer noch passen. Nun bin ich fast achtzehn. Nachdem wir uns nur neue Klamotten kaufen, wenn es wirklich dringend nötig ist, trage ich eben noch meine alten Kleider. Gerade mal eine Lochfreie Bluejeans, ein schlichtes schwarzes Kleid und ein dicker beigefarbener Wollmantel zieren meinen Kleiderschrank mit vielen bunten Kinderklamotten. 

 

Dank des leichten Nieselregens ist mein blaues T-Shirt, mein rot - weiß gestreifter Rock und meine ehemals weinroten Converse innerhalb von wenigen Minuten nass. Verärgert verschränke ich meine Arme vor meiner spärlichen Oberweite. Meine Gedanken schweifen ab und kommen wieder zu dem seltsamen Flüstern. Wenn ich mich ganz stark konzentriere, dann kann ich einzelne Wörter ausmachen. Es sind allerdings so wirre Sachen wie scho wied ... warum ... was ... hasse ... ni ... verdi ... kön ... , dass ich mir erstrecht keinen Reim darauf machen kann. Doch jedes Mal wenn ich IHN  höre, kommt es mir so vor, als würde ich ihn nicht nur hören, sondern es fühlt sich so an, als wäre er IN mir drinnen, in meinem Kopf. Okay, das klingt verrückt. Und ich gebe zu, ich habe es gegoogelt. Erwischt. Aber gefunden habe ich nichts, also zumindest nichts brauchbares. Das ist alles so frustrierend! 

Kann es vielleicht doch sein, dass er in meinem Kopf ist? 

Schnaubend schüttelte ich den Kopf. So ein Blödsinn! Es ist definitiv niemand in meinem Kopf. 

,Aber was wenn doch?‘, flüstert eine leise, aber dennoch sehr intensive Stimme in mir. Ich erschaudere und balle die Hände zu Fäusten. 

Kurz vor der nächsten Kreuzung beschleunige ich meinen Schritt, da ich fast zu Hause bin. 

Völlig vertieft in meine Gedanken, bemerke ich das herannahende Auto nicht, und trete ohne zu schauen auf die Straße. Mit quietschenden Reifen kommt das Auto schlingernd zum stehen, doch es erwischt mich auf der Seite und ich rolle über das Dach. Es geht alles so schnell und ehe ich weiß wie mir geschieht, pralle ich unsanft auf der anderen Seite wieder hinunter und knalle mit dem Kopf mit voller Wucht auf den feuchten Asphalt. In meinem Kopf dreht sich alles und mein Körper pulsiert vor Schmerz. Benommen versuche ich mich auf zu richten. Ein heißer Schmerz schießt mir durch den Rücken bis ins Gehirn hinauf und ich keuche auf vor Schmerz. Die Frau, die, wie ich vermute, hinterm Steuer gesessen ist, kommt hektisch auf mich zu und tippt mich vorsichtig mit ihrem Zeigefinger an.

"Mädchen? Ist alles in Ordnung mit dir?" Ihre Stimme ist hoch und heißer. Ihre Hand zittert. Langsam nicke ich und ein leises "Ja" schlüpft mir aus meinem ausgetrocknetem Mund. Erleichtert darüber, dass ich ansprechbar bin, bricht die Frau in Tränen aus und schluchzt:

"Sag mal was hast du dir bloß dabei gedacht?! Ich hätte dich überfahren können!"

Ich bin zu benebelt, als das ich auf ihren Vorwurf hätte eingehen können. Außerdem ist mir schlecht. Verdammt schlecht. In meinem Kopf rumort es und ich habe das Gefühl, als würde mein Gehirn in Stücke gerissen werden. Ich schreie vor Schmerzen auf und presse meine Hände gegen meine Schläfen. Mir wird schwarz vor Augen und ich merke kaum, wie die Frau, welche völlig aufgelöst und komplett überfordert mit der Situation, in die kleine Gruppe an Schaulustigen schreit, jemand soll doch endlich etwas tun. Auf einmal durchströmt mich ein Energieschub und ich springe auf die Beine. Ich spüre, wie sich etwas ... fremdes ... an die Oberfläche drängt und mein Verstand setzt aus. Ich versuche verzweifelt dieses Etwas zu unterdrücken, doch ich kann es nicht. Eine Übermacht, an die ich nicht herankomme, nimmt von meinem Körper Besitz und plötzlich bin ich in meinem Hirn gefangen und kann nichts tun, außer zusehen und leiden. Das Ding, welches ich jetzt bin, faucht und fletscht die Zähne. Mit einem Satz springt es auf das Autodach und zischt mit tiefer, drohender Stimme:

"Weg! Weg mit euch allen!"

Meine Haare fallen mir ins Wutverzerrte Gesicht und ich kann einzelne Regentropfen darauf glänzen sehen. Mein Körper bebt, ob vor seiner Wut oder meiner Angst kann ich nicht sagen. Hätte ich jetzt Kontrolle über meinen Körper, würde ich vor Angst an meinen Nägeln kauen. Krampfhaft versuche ich, meine Finger zu bewegen, doch nichts. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken und ich spüre, wie etwas warmes an meinen Schläfen und aus meiner Nase rinnt. 

Blut.

Mit vor Entsetzten weit aufgerissenen Augen taumelt die kleine Menschengruppe aus Schaulustigen rückwärts weg, weg von mir. Die Fahrerin steht vor Schock wie fest gefroren da und starrt das Wesen, alias mich, an. Bevor ich noch einmal fauchen kann, flüstert sie:

"Was bist du?"

Auf diese Frage hin zuckt das Wesen komplett aus und setzt zum Sprung an.

Gerade als das Wesen abspringen will, geht ein Ruck durch meinen Körper und ich falle, wieder ganz im Besitz meines Verstandes, zu Boden.

Zwei

 

Darrafh fühlt sich elendig schlecht. Allein schon der Gedanke, wieder gefangen zu sein, lässt ihn schaudern. Doch dieses Mal ist etwas ganz essenzielles anders. Er kann ihren Körper nicht zu hundert Prozent kontrolliren. Die meiste Zeit über hat sie die Kontrolle und er sitzt in ihrem Kopf fest. So sollte es nicht sein. Zuerst dachte Darrafh, es sei ein Segen ihren Körper nciht dauerhaft zu kontrollieren, dach da hat er sich gewaltg geirrt. Es ist uneträglich! Dieses Mädchen, Aurora, ist unvorstellbar langweilig. Die einzige Zeit die nicht langweilig ist, ist diese, wenn Aurora zu Hause bei ihrer Familie ist. Dort sorgt der typische und alltägliche Großfamilien-Wahnsinn samt der ganzen chaotischen Menschen die dort leben für halbwegs amüsante Unterhaltung. Aber sonst? Nichts. Ihr Leben ist wirklich sehr eintönig und uninteressant.

Aufstehen, frühstücken, zur Schule fahren, Schule absitzen, Heim gehen, essen, Hausaufgaen machen, lernen, Fernsehen oder Lesen oder Zeichnen, Schlafen gehen. Ab und zu noch laufen gehen, um die vielen Schokoladenkekse ab zu bauen die sie während dem lernen isst. Das ist ihr Tagsablauf. Da war es ja als Ameise spannender gewesen! Darrafh schüttelte seinen Kopf und seufzte tief.

Das seltsame an dieser Gefangenschaft ist ja, dass er zwar komplet mit ihr verbunden ist, aber trotzdem seinen eigenen Körper spürn und voralem bewegen kann. Das ist einerseits gut, andererseits ist es ziemlich ärgerlich, da seine einzelnen Körperteile wie Arme und Beine fest mit ihr verankert sind. Das heißt, wenn es ihn an der Nase juckt, kann er weder sich selbst kratzen, noch kann er Auroras Finger irgendwie dazu bewegen, ihre, beziehungsweise seine Nase zu kratzen.

Ziemlich frustrierend.

Gänsehaut überzieht Auroras Körper, als sie im Nieselrgen nach Hause geht. Der Rücksack lastet schwer auf ihren Schultern. Darrafh achtet genauso wenig wie sie auf seine Umgebung und hängt sinen Gedanken nach. Deswegen bekommt er auch das heran nahende Auto erst richtig mit, als er scon drüber gerollt ist und hinten wieder auf den nassen Asphalt aufschlägt. Schmerz schießt ihm durch alle Glieder und für einen winzigen Moment kann er sich nicht mehr rühren. Benommen schlißt er die Augen. Was die Fahrerin zu Aurora sagt, kriegt er nur am Rande mit, denn sein Hirn fühlt sich an, als würde es in Stücke gerissen werden. Darrafh schreit Schmerzerfüllt auf. Plötzlich bekommt Darrafh keine Luft mehr und dann merkt er, wie etwas ihm völlig fremdes aus ihm hervor kommt. Etwas ungutes. Etwas böses. Die uralte Macht nimmt Überhand und reißt Darrafh mit sich. Mit einem plötzlichen Energieschub springt er auf das Dach des silbernen Mercedes welches ihn angefahren hat. Auroras Körper erzittert unter der Macht. Ein tiefes Grollen kommt aus Darrafhs Kehle und erschrocken stellt er fest, dass es nicht ER war, der dieses Grollen ausstieß, sondern das böse Etwas in ihm.

Blut tropft ihm von der Schläfe und verdreckt Auroras T-shirt. Die Leute die sich um das Auto versammelt haben, stehen Stocksteif da und starren Darrafh angstrerfüllt an. So sehr er auch versucht, nicht eins mit dem Bösen in sich zu werden, je verzweifelter er kämpft, umso weniger nützt es. Unermässlicher Hass auf die Menschen vor ihm überrolt ihn und mischt sich mit seiner eigenen Angt. Die kleine Menschenmenge weicht entsetzt vor ihm zurück, panische Angst steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Darrafh kann es ihnen nicht mal verübeln, er hat ja selber wahnsinnige Angst vor dem, was aus ihm noch werden könnte. Bei dem Versuch seinen tiefen Hass auf die Menschen zu unterdrücken, erzittert Auroras Körper erneut und er ballt die Hände so fest zusammen, dass in Auroras Handflächen Abdrücke ihrer kurz geschnittene Nägel zurück bleiben. Wie ein in die Enge getriebens Tier huscht Darrafhs Blick durch die Menschanmenge und bleibt schließlich an der Fahrerin hängen, welche stocksteif knapp 2 Meter von ihrem Auto steht. Er sieht wie sie vor Panik zittert und das Wesen in ihm suhlt sich in ihrem Leid. Stoßweise hebt sich ihr Brustkorb und nach ein paar Augenblicken haucht die junge Frau:

"Was bist du?"

In Darrafh rührt sichso plötzlich ein Gefühl, welches er nicht zu beschreiben vermag. Aber es schmerzt. Höllisch. Darrafh spürt wie er die Kontrolle verliert und Aurora ihren Körper langsam wieder untrer ihre Kontolle bringt. Im letzten Moment springt Darrafh vom Autodach und während er fällt, erlangt Aurora nun vollends Ihren Verstand zurück, fällt aber direkt in eine erlösende Ohnmacht.

 

Plopp.

Plopp.

Plopp.

Plopp.

Das geht schon seit Stunden so. Darrafh kriegt schon langesam die Kriese.Das grenzt ja schon an Folter!

Plopp. Popp.

"Ach, halt doch endlich mal die Klappe!", faucht er die durchsichtige Flüssigkit an, die alle eineinhalb Sekunden in den Venenschlauch tropft.

Nachdem Aurora Ohnmächtig geworden ist, ist der Krankenwagen gekommen und hat sie, samt der komplett verstörten Fahrerin ins Zentrale Krankenhaus gebracht. Dort haben sie hunderte Kopf CTs, Ultraschalle, Röngtenbilder und Magnetresulnatzen von Auroras kompletten Körper gemacht. Soweit Darffah weiß, hat Aurora keine inneren Verletzungen erliten. Lediglich ein paar geprellte Rippen, ein gebrochener Arm, zwei verutschte Rückenwirbeln und eine leichte Gehirnerschütterung hat das Mädchen davon getragen.

Glück für sie, Pech für Darrafh.

Gelangweilt sieht er sich in diesem schrecklich sterielen Krankenhauszimmer um. Die Wände waren weiß gestrichen und gegenüber vom Bett hing ein moderner Flachbildschirm Fernseher. Auf der linken Seite des Bettes lässt eine lange Fensterreihe die letzten Sonnenstrahlen des Tages das Zimmer in einem sanften Licht durchströmen. Rechts vom zentral stehendem Bett hängen ein paar Bilder von den wichtigsten Sehnswürdigkeiten auf der Welt wie dr Eifelturm, die Freiheitsstatue, der schiefe Turm von Pisa, die Chinesische Mauer und und und...

Dieser Raum ist genauso langweilig wie Auroras Leben.

 

Die Türe geht auf und eine Frau mit kurzen blonden Locken betritt den Raum. Sie seufzt bei Aurora’s Anblick traurig und setzt sich auf den Stuhl der neben dem Krankenbett steht. Vorsichtig greift sie nach der Hand ihrer Tochter.

Bei der Berührung ihrer Mutter seufzt Aurora tief aus und murmelt ein paar unverständliche Worte, wacht jedoch nicht auf.

Rebecca haucht einen sanften Kuss auf die Stirn von Aurora und als ihre Lippen Aurora’s Haut berühren, durchzuckt ihn ein unangenehmes, kaltes und stechendes Gefühl, welches er nur ein einziges Mal in seinem Leben gespürt hatte.

Das kann nicht sein!, ruft eine entsetzte Stimme in seinem Kopf. Rebecca sieht ihn an, wirklich IHN und nicht Aurora, dann verdreht sie die Augen bis nur noch das weiße zu sehen ist. Panik überkommt Darrafh, als er sieht, wie SIE sich an die Oberfläche drängt. Eine kleine Sternschnuppe huscht über das Weiße und verdunkelt ihre Augen in ein unheilvolles Schwarz. Rebeccas sanfte Miene weicht einem hämischen Gesichtsausdruck.

„Oh doch Darrafh! Hier bin ich, doch dieses Mal wirst du mir nicht so leicht entwischen!“

 

Imprint

Images: Cover designed by © T.K. Alice
Publication Date: 07-31-2014

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Dedication:
Für alle die mal eine neue Art von Fantasy lesen möchten

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