Warum eigentlich Donald? Haben wir uns das nicht schon alle gefragt, als wir diesen lustigen Avatar entdeckt haben? Warum nimmt der Typ das Bild und den Namen vom kleinen Herrn Duck?
Nun ja, ich bin nun mal Donaldist. Offiziell seit 1992, im Prinzip aber schon seit immer. Denn Donaldist wird man nicht, Donaldist ist man. Es ist nur eine Frage, wann und wie man dies entdeckt.
Aber bevor ich jetzt anfange, ganze Passagen aus unserer Infobroschüre zu zitieren (die man gerne auf der Heimseite der Donaldisten auf www.donald.org anfordern kann), gehe ich doch lieber auf meinen persönlichen Bezug zu dieser Lebensweise ein.
Die Deutsche Organisation der Nicht-Kommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus (kurz D.O.N.A.L.D.) gibt es tatsächlich schon seit mehr als drei Jahrzehnten. Gegründet 1977 in Großhansdorf (bei Hamburg), hat die D.O.N.A.L.D. von damals nicht mehr viel gemein mit der D.O.N.A.L.D. von heute. Zum Glück möchte ich anfügen.
Denn eines der zahlreichen Mottos der Donaldisten "Hart auf hart, das macht Spaß!" wurde in den Anfangsjahren gerne zu privaten Kleinkriegen missbraucht, die auch vor heftigen persönlichen Beleidigungen nicht halt machten. Das ebbte dann aber in den Neunzigern ab, mittlerweile geht es größtenteils gesittet zu (aber nicht immer). Könnte auch damit zu tun haben, dass die Altersstruktur der Mitglieder darauf einen Einfluss hat, denn wir werden alle nicht jünger.
Aber es geht jetzt nicht um die Geschichte der D.O.N.A.L.D. sondern vielmehr um meine eigene Entwicklung bei den Donaldisten. Ob das spannend ist? Das möchte ich mal dahin gestellt sein lassen. Mir hat´s aber im Großen und Ganzen gut gefallen (juchhuh, Alliterationen sind was Feines), und das ist die Hauptsache.
Erste Informationen über die Existenz von Donaldisten stammen aus dem hervorragenden Buch "Donald Duck - 50 Jahre und kein bisschen weise", das 1984 zum 50. Geburtstages des Trickfilms "The Wise Little Hen", in dem die Cartoonfigur gleichen Namens ihren ersten Auftritt hatte, erschien. Damit war der erste Schritt getan, ich hatte von ihnen gehört.
Schnellvorlauf, wir gehen ins Jahr 1991, im Rahmen meines großen Hobbys "Comics" bin ich mittlerweile auch Abonnent der "Sprechblase". Daselbst finden sich auch Kritiken zu Fanpublikationen, und als solche werden auch die Hefte "Der Donaldist" bezeichnet, das durchschnittlich vier mal jährlich erscheinende Magazin der D.O.N.A.L.D.. Ich bemühe meinen damaligen Comicfachhandel, der meine regelmäßigen Comicserien für mich besorgt, und siehe da, die kommen auch an den "Der Donaldist" (im folgenden als DD abgekürzt) ran.
Über meinen Comichändler erhalte ich also die ersten Ausgaben des DD (79-81). Im DD 81 wird ein Zeitungsbericht über 15 Jahre Donaldismus abgedruckt inklusive der Aufforderung, bei Interesse doch mal eine Infobroschüre beim Kassenwart anzufordern. Das tue ich, verschlinge dieses kleine Heftchen und schicke nach absolviertem Dulle-Test meine Postkarte Richtung Entenhausen.
Wenige Tage später erhalte ich meinen ersten Orden (Mitglied der D.O.N.A.L.D., kurz MdD), meine ersten MifüMi (Mitteilungen für Mitglieder, interne Nachrichten nur für MdD) und noch ein Exemplar der Weihnachtsgabe der PräsidEnte (ein Sonderheft über die Geschichte der ersten rund 15 Jahre der D.O.N.A.L.D., mit Bildern von Barks und Texten der PräsidEnte). Zack, schon bin ich offiziell MdD. Das war ja einfach.
Und nun?
Was machen denn die Donaldisten so, wenn sie nicht gerade forschen? Sie treffen sich. Einmal im Jahr zum Kongress, meist Ende März (27. März ist der Geburtstag von Carl Barks) oder Anfang April (1. April ist der Großkampftag des Donaldismus), der Termin kann sich aber auch ein paar Wochen nach hinten verschieben (der Gründungskongress fand seinerzeit am 16. April 1977 statt, mithin recht spät). Auf dem Kongress werden unter anderem die neuesten Forschungsergebnisse vorgestellt.
Ich fürchte, ich muss jetzt doch einen kleinen Einschub machen. Was meine ich mit Forschungsarbeiten? Nun, die Donaldisten handeln nach einem einfachen Grundsatz: Entenhausen existiert. Wo genau, das ist nicht raus, aber von der reinen Existenz ist jeder aufrechte Donaldist felsenfest überzeugt. Carl Barks berichtet uns aus Entenhausen. Seine Comics liefern uns Einblicke in die Metropole an der Gumpe, wie das Leben in dieser wundersamen Welt abläuft. Den Ton dazu liefert uns Frau Dr. Erika Fuchs, die diese Comics ab 1951 großartig ins Deutsche überträgt.
Die Donaldisten erforschen das Leben in Entenhausen aufgrund dieses in sich geschlossenen Werkes, wir reden von rund 6500 Seiten. Das ist zwar einiges an Arbeit, wenn man gründlich vorgehen möchte, aber man kann es auch in kleinerem Rahmen halten. Vor einigen Jahren hat ein Braunschweiger Elektromeister die Stromstärke in Entenhausen ermittelt (313 Volt), und das anhand nur eines einzigen Einseiters. Das geht also auch. - Einschub Ende
Okay, wo war ich? Kongress, richtig. Der ist also im März/April, findet statt an wechselnden Orten, zumeist (aber nicht immer) in Deutschland. Dort treffen sich die Aktiveren unter den Donaldisten, gerne mal zwischen 80 und 120 Leuten aus dem ganzen deutschsprachigen Raum.
Zwischen zwei Kongressen, in der Regel im Herbst, findet die Zwischenzeremonie statt. Die soll die Wartezeit auf den nächsten Kongress verkürzen. Außerdem gibt es (so sich denn Veranstalter finden) auch das Mairennen, das zur allgemeinen Überraschung zumeist für den Mai terminiert wird.
Das sind die drei großen Veranstaltungen, die sozusagen für alle Donaldisten organisiert werden. Darüberhinaus gibt es noch einige donaldistische Stammtische, die sich in regelmäßigen Abständen treffen, die haben logischerweise einen starken regionalen Bezug.
So, jetzt (Anfang 1992) stehe ich also da mit knappen 20 Lenzen auf dem Buckel, und überlege, wie ich aktiv werden kann in der D.O.N.A.L.D. . Der nächste Stammtisch ist in Trier, aber der ist schon am Abebben. Also wie wäre es mit einem Kongress? 1992 findet der in Neuss statt. Das ist ein bisschen weit so kurzfristig, außerdem befinde ich mich gerade in der Grundausbildung der Bundeswehr, da geht das auch zeitlich nicht. Vielleicht 1993.
Wo ist der Kongress? Meißen. Warum nicht gleich Polen? Vielleicht 1994.
Wo ist der Kongress? Wien. Warum nicht gleich Moskau? Vielleicht 1995.
Wo ist der Kongress? Lübeck. Warum nicht gleich Dänemark? Wollt ihr mich vera...lbern?
Aber... kurz nach dem 1995er Kongress flattert mir ein Briefchen ins Haus. Eine persönliche Einladung zum Mairennen 1995 in Luxemburg. Wie komme ich denn zu dieser Ehre?
Nun, die D.O.N.A.L.D. unterscheidet bei ihren Mitgliedern zwischen den aktiven Donaldisten und den sogenannten Karteileichen, das sind solche MdD, die zwar den Weg in die Organisation gefunden haben, aber außer den regelmäßigen Beitragszahlungen (mit DM 1 pro Monat im durchaus moderaten Bereich) bestenfalls noch durch ein Abo des DD auffallen. Karteileichen halt. Diese sind durchaus gerne gesehen, denn durch deren Existenz finanziert sich die D.O.N.A.L.D., ohne sie müsste der Mitgliedsbeitrag vielleicht auf exorbitante 3 oder 4 DM erhöht werden, und das will ja auch keiner.
Die Veranstaltungen (Kongresse, Zwischenzeremonien oder Mairennen) verteilen sich quer durch Deutschland oder auch mal die Nachbarländer, und im Vorfeld werden Karteileichen aus der Umgebung gerne persönlich angeschrieben mit einer Einladung nach dem Motto "wir sind in deiner Nähe, komm doch mal vorbei". Und da das Mairennen in Luxemburg stattfindet, werden die Luxemburger, Saarländer (wie ich einer bin) und vermutlich auch Rheinland-Pfälzer angeschrieben.
Ein Blick auf meinen Dienstplan zeigt mir, dass ich am besagten Wochenende tatsächlich frei habe und ich beschließe, mir diese Donaldisten mal anzusehen. Luxemburg-Stadt ist ja nicht so weit, und wenn alle Stricke reißen, kann man zumindest preiswert tanken.
Was soll ich sagen, es wird eine rauschende Ballnacht. Mit ein wenig Mühe finde ich den Treffpunkt, die Wohnung des Veranstalters, und erkenne sogar einige der Anwesenden aus den Berichten in verschiedenen DDs über Kongresse und sonstige Veranstaltungen wieder.
Nun liegt Luxemburg ja doch eher etwas abgelegen, und dementsprechend finden sich letztlich "nur" 12 Unverwegene ein, darunter mit mir ein absoluter Neuling, eine weitere Karteileiche aus Luxemburg, der seinen Sohn mitbringt, und der Rest sind dann schon erfahrenere Donaldisten aus nah (Mannheim, Köln) und fern (Bremen, Berlin). Die meisten kennen sich auch schon, was man dann bei der Gruppeneinteilung merkt, denn die wird den Anwesenden überlassen, was dazu führt, dass ich mit den beiden Luxemburgern und dem etwas später eintreffenden Kölner Donaldisten sozusagen ein Novizenteam bilde. Aber was soll´s, nicht siegen, dabeisein ist wichtig. Und scheitern ist donaldisch.
Im Laufe des Tages begeben wir uns dann durch die Luxemburger Innenstadt, lösen Aufgaben (größtenteils auf dem Papier) und suchen bestimmte Örtlichkeiten mit donaldischem Bezug. Es gibt einen gemeinsamen Treffpunkt in einem Park, in dem dann auch Aufgaben zu bewältigen sind, diesmal mehr praktischer Natur. So werden wir beispielsweise hypnotisiert und müssen einzelne Figuren aus Entenhausen darstellen. Glücklicherweise werden wir danach wieder enthypnotisiert.
Eine Aufgabe besteht darin, mit Hilfe der hier reichlich vorhandenen Hilfsmittel die Hymne darzubieten. Alle Gruppen lösen das mehr oder minder eindrucksvoll, nur unsere Gruppe versagt bei diesem Problem. Das liegt daran, dass überhaupt nur einer aus unserer Mitte die Hymne kennt (weder der Novize aus Luxemburg noch der Novize aus dem Saarland wissen, wie dieses kleine Liedchen geht), und der gute Mann interessiert sich leider mehr für den Park, in dem wir uns gerade aufhalten. Folglich kriegen alle Gruppe die gleiche Punktzahl, nur wir kriegen keine Punkte.
Bei der Siegerehrung am Abend stellt sich dann heraus, dass unsere Gruppe trotz größtenteils vorhandener Planlosigkeit den zweiten von vier Plätzen belegt. Der Rückstand zur Siegergruppe (zwei absolute Veteranen, die auch schon einige Siege bei vorherigen Mairennen in der Vita stehen haben) ist übrigens weniger als die Punktzahl, die wir bei der Hymnen-Aufgabe verschenkt haben, das ist ärgerlich. Der Abend klingt trotzdem noch angenehm aus in der Wohnung des Veranstalters, wo sich die meisten zur Übernachtung einfinden, denn so spät am Abend will kaum jemand noch die Heimreise antreten.
Und was hat mir dieser Tag gebracht? Ich habe ein paar interessante Leute kennengerlernt. Da ist zum Beispiel ein junger Mann aus Marburg, vermutlich etwas jünger noch als ich, der trotzdem alleine hierher angereist ist. Er lädt mich zum 100. Marburger Stammtisch ein, der wenige Wochen später stattfindet, aber terminlich bei mir leider nicht passt.
Oder Jürgen aus Berlin. Wie ich in erster Linie Comicfan, der über seine Liebe zum Comic auch zu den Donaldisten gestoßen ist und am nächsten Tag mal eben knappe 800 km alleine im Auto zurücklegen darf. Er behandelt mich von Anfang wie einen alten Kumpel, den er schon lange nicht mehr gesehen hat, unterrichtet mich über die Vorgänge auf dem letzten Kongress und wir plaudern ausgiebig über amerikanische Comics.
Oder den Gastgeber. Der hat unter anderem eine VHS-Kassette mit Donald-Cartoons, unter anderem auch den ansonsten eher selten gesehenen Film "Der Führer´s Face". Nach ein paar Fragen von Interessierten gibt er mir die Kassette einfach mit, ich soll sie kopieren und den Interessenten zusenden, im Anschluss soll dann das Original wieder zurück zu ihm. Wie gesagt, der hat mich an diesem Samstag zum ersten Mal getroffen, ich war bis zum Beginn des Mairennens eine veritable Karteileiche! Habe wohl einen vertrauenswürdigen Eindruck hinterlassen. Die Kassette hat er auch knappe zwei Wochen später wieder. Auf mich ist Verlass.
Oder oder oder...
Es hat Riesenspaß gemacht. Ich beschließe, fürderhin öfter solchen Veranstaltungen beizuwohnen. Leider klappt das mit der nächsten Großveranstaltung nicht, denn die Zwischenzeremonie in Hamburg ist doch noch ein bisschen weit. Aber der nächste Kongress, der soll meiner sein...
Fortsetzung folgt.
Text: Titelbild (c) Walt Disney Productions
Publication Date: 06-19-2009
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Dedication:
für alle Donaldisten, auch die,
die nicht Mitglieder der D.O.N.A.L.D. sind