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Auflistung

Das ist lediglich eine von mir zusammen gestellte Auflistung, von Engeln, die ich als Erzengel genommen habe, da ich sie für meine Geschichte brauchte. 

Bitte nehmt Rücksicht, und intepretiert nicht zu viel hinein. Besitmmt ist einiges falsch von den Beschreibungen die ich gefunden habe, doch für meine Zwecke reicht es. 

Mfg YY

 

 

Michael: „Er, der ist wie Gott“ der Chefengel bzw. Anführer der himmlischen Heerscharen, gilt insbesondere als Bezwinger des Teufels sowie als Anführer der himmlischen Heerscharen. Ein Engel, der Wunder wahr werden lässt, der Barmherzigkeit, Reue, Wahrheit, Einweihung, Segnung, Unsterblichkeit, Geduld und Liebe für alle Menschen bringt, schützt insbesondere all jene, die rechtschaffen sind und gut.

 

 

Gabriel: „Gott ist meine Kraft und Stärke“ der Engel der Verkündigung und der Schreibkunst. Dieser Erzengel ist ein Hauptbotschafter Gottes, schickt göttliche Nachrichten und Offenbarungen zu den Menschen, Vermittler zwischen Himmel und Erde, hilft Träume und Visionen zu deuten, erfüllt allen Sterblichen Wünsche und Hoffnungen, und ebenso gewährt Freude, Barmherzigkeit, Einsicht in Geheimnisse und Mysterien, Wahrheit, Gerechtigkeit, Wunder und Liebe.

 

 

Raphael: „ Arzt Gottes“ Engel der Heilung und der Reise; wirkt in höchstem Maße heilend auf alle Lebewesen und bringt Freude, Heilung, Liebe, Wunder und Gnade.

 

 

Chamuel: „Der nach Gott Suchende“ Hilfe bei Entscheidungen bezüglich der beruflichen Laufbahn und der Lebensaufgabe, Finder verlorener Gegenstände, Aufbau und Entwicklung von Beziehungen, Finden von Seelengefährten, Manifestation des Friedens in der Welt. Personifikation göttlicher Gerechtigkeit. Hüter der Schwelle (wenn jemand eine verbotene Grenze überschreitet), Hüter des Weges, Hüter der zwischenmenschlichen Beziehungen, Hüter der Partnerschaft. Er wird auch als Engel der Mildtätigkeit und Toleranz bezeichnet.

 

 

Jophiel: „Patronin der Künstler“ unterstützt sowohl metaphysisch wie auch physisch, verhilft zu mehr Harmonie und Schönheit in den Gedanken. Sie ist auch Engel der Freude und der Weisheit, hilft bei künstlerischen Projekten und steht Künstlern zur Seite, Verschönerung des Heims, Drosselung des hektischen Lebenstempos, Lebensfreude entfalten und Depressionen überwinden, die innere Weisheit entdecken, Beziehungskonflikte klären und Harmonie in die Beziehung bringen, unterdrückte Gefühle äußern, neue Hoffnung schöpfen, Licht ins Dunkel bringen.

 

 

 

Raguel: „Freund Gottes“ Erzengel der Gerechtigkeit und Ordnung, ein heiliger Wächterengel, der die Welt der Lichter beschützt. Vor ihm müssen alle anderen Engel Rechenschaft über ihre Taten ablegen. Seine wichtigste Aufgabe im Himmel besteht darin, alle anderen Erzengel und Engel zu beaufsichtigen. Er sorgt dafür, dass alle entsprechend dem göttlichen Willen und der göttlichen Ordnung reibungslos, harmonisch und geregelt zusammenarbeiten.

 

 

Uriel: „Feuer Gottes“ Er ist der Schutzengel der Literatur und Musik, verleiht uns die Gabe des kreativen Feuers und die Macht zu prophezeien, der Transformation, der Erzengel der Erlösung, der Regent der Sonne, der Aufpasser von Tartarus. Uriel erhellt Situationen, gibt prophetische Informationen und Warnungen, vermittelt Einsicht, Lösungen und kreative Impulse, hilft bei Studien und Prüfungen, vermittelt spirituelles Verständnis, hilft bei Alchemie, Magie, hilft bei Wetter und Naturkatastrophen

 

 

Zadkiel: „Gottes Rechtschaffenheit“ Der Engel für Trost, Mildtätigkeit, Sanftheit, Mitgefühl, Vergebung, wirkt bei der Heilung von Wunden und dem Zellaufbau. Unterstützt bei allem, was mit dem Gedächtnis zu tun hat, bei Mitgefühl, Vergebung sich selbst und anderen gegenüber, emotionale und physische Heilung, Erinnerungsvermögen, finden verlorener Objekte, Studien und Prüfungen.

 

 

Im Reich der Engel

Ein mächtiger dumpfer Schlag zerriss die Stille im Saal. „Das können wir nicht auf uns beruhen lassen. Sie haben sich an einem unserer Kinder vergriffen!“
Eine ruhigere Stimme machte ein abfälliges Geräusch. Die Augen verdrehend blickte er zu seiner jüngeren Schwester. „Was hast du denn schon wieder zu sagen?“
Sie hob abwehrend die Arme und kicherte. „Ich? Nichts. Ich finde es nur witzig, dass du plötzlich von &gt;unseren Kindern< sprichst, obwohl es nicht einmal in deinem Sinne war, das Ezrael seine restlichen Jahre dafür hergibt.“
Empört stieß er die Luft aus und richtete sich so schnell aus seinem Vorsitz auf, so dass sein Weißeichenstuhl scheppernd umkippte.
„Jophiel! Was erlaubst du dir eigentlich. Ich war niemals gegen diese Idee! Ich hatte lediglich berechtigte Einwände! Immerhin ging es hier um das Leben eines unserer Brüder. Niemand sollte so ein Schicksal erleiden.“
Jophiel der Engel der Kunst und Schönheit, zog die Nase kraus und widmete sich abermals abwesend ihrem Spiegelbild.
„Du könntest wenigstens so tun, als würdest du mir zuhören.“
Jophiel horchte kurz aufm bevor sie kichernd hinter ihren älteren Bruder sah. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Du hast sowieso schon viel zu viele graue Haare, wie die Menschen so gerne sagen. Wie immer haben deine geliebten Geschwister abermals eine Lösung parat.“
Irritiert folgte Michael dem Blick seiner Schwester und verdrehte die Augen, als ein gut aussehender junger Halbengel durch das Tor schritt und Jophiel einen liebevollen Kuss auf die Wange hauchte.
Mit zitternden Händen deutete Michael auf diese und flüsterte. „Du wirst doch nicht...“
Jophiel verbeugte sich und deutete danach auf eine verjüngte Ausgabe von sich selbst. „Doch ich war so frei. Während deiner ach so wichtigen... Was auch immer. Ich habe selbst einen Halbengel gezeugt um das zu retten was ohnehin zu scheitern verurteilt war. Ich habe mir erlaubt Cyrill Candid derweilen zu zeugen und vor dir zu verstecken, bis sein Tag kommen sollte an dem er in glänzender Rüstung seinem Schicksal begegnet.“
Michael, der kein Wort mehr hervor brachte, vergrub seinen Kopf in seinen Händen und setzte sich auf seinen Stuhl zurück, der sich von selbst wieder aufgestellt hatte.
Gabriel, erhob sich nun aus ihrem schweigenden Stuhl und lächelte kopfschüttelnd. „Meine, Liebe. Du beherrschst tatsächlich die Kunst unseren Bruder in den Wahnsinn zu treiben.“ Ihre vor Stolz triefende Stimme erklang durch den Raum und Jophiel zuckte zusammen.
Jophiel war es schon immer leid gewesen dem edelmütigen Charakter ihrer Schwester hintenan gestellt zu werden. Trotzdem lebte sie seit Anbeginn der Zeit an dessen Seite und bemühte sich in ihrer eigenen Natur völlig aufzublühen.
„Ich wünschte, du hättest das vorher mit uns besprochen, doch trotzdem muss ich dich loben. Es ist uns allen verboten persönlich in die Welt der Menschen einzugreifen. Es gibt Ausnahmen die uns erlauben, einige unserer Töchter und Söhne zu schicken um den Menschen etwas zu zuflüstern.
Du jedoch... hattest wiedereinmal die törichte Annahme, dass es in Ordnung sei, einfach einmal in das Reich der Menschen zu treten für... für eine Zeugung?“
Jophiel warf ihr welliges Haar hinter ihre Schulter und blickte ihrer Schwester hochnäsig entgegen. „Natürlich. Ich werde alles tun was nötig ist, um dieses Reich das vor uns liegt, vor jeglichen Bedrohungen zu schützen. Wenn die Dämonen erst einmal diese Dimension übernommen haben, gibt es nichts mehr, was sie davon abhält auch in unsere Dimension zu kommen. Die Engel haben nicht umsonst ihr Leben gegeben um hunderte von falschen Dimensionen zu erschaffen. Weder ich, noch jemand leichtgläubiges wie ihr beide, hat das Recht, dieses Opfer nicht mit aller Macht zu verteidigen.
Dieser verdammte Dämon Räum, hat sie hier alle her geführt. Nur wegen seiner Liebe. Menschen sind dumme Geschöpfe! Gib ihnen Macht und sie stechen dir in den Rücken.
Warum denkst du habe ich meinen Sohn hier oben behalten, anstatt ihn den unaufhaltsamen dreckigen Einflüssen der Sünden auf der Erde auszusetzen? Nicht, weil ich annahm ihr würdet es nicht schaffen. Ich wusste, das es irgendwann so weit sein würde, wo wir einen Notfallplan bräuchten!“
Mittlerweile hatte sie ihre Stimme so weit erhoben, dass sogar Michael sie wieder ansah. Sein Blick sprach Bände, wie enttäuscht er war, das sie ihnen nicht vertraut hatte, doch Jophiel wusste es besser.
„Wir können sie immer noch zurückholen. Ezraela ist nicht tot! Unser Bruder hat gut daran getan, einen mächtigen Vampir wie ihre Mutter zu bezirzen. Sie ist unglaublich widerstandsfähig mit den körperlichen Fähigkeiten eines reinrassigen Vampirs und der Magie in ihrem Blut von ihrem ehrenhaften Vater.
Auch wenn ihre Herkunft, zum Teil eine Lüge ist. Sie ist stark. Sie wird die Zerstörung und der Untergang dieser Kreaturen sein. Ein für alle Mal!“
Freudig stimmten ihre Geschwister Zadkiel, Raphael, Chamuel und Uriel ein.
Raguel der Jüngste der großen acht blickte zwischen Michael und Gabriel hin und her, bevor auch er zufrieden nickte. Gabriel zwinkerte ihrer Schwester Jophiel aufmunternd zu und Michael blickte starr deren Sohn an. Sie fragte sich was wohl in seinem selbstgerechten Kopf vor sich ging. Verurteilte er sie abermals? Sie waren zwar nie gut miteinander aus gekommen, doch wenn man eine Ewigkeit zusammen verbrachte, verband es einem über andere Wege. So viele Schlachten hatten sie nebeneinander gekämpft. So viele verloren und gewonnen. Sie hatten sich verraten, hintergangen, beschützt und ihr Leben füreinander gegeben.
Liebevoll legte sie beschützend ihre Hand auf den Arm ihres Sohnes, der ihr einen Kuss auf die Wange hauchte, bevor er sich aus der Versammlung zurückzog.
„Gut. Schicke ihn hinunter. Aber er wird Hilfe brauchen, die ich ihm nicht gewähren kann. Aber sei gewarnt Schwester. Wenn er einmal in der Menschenwelt ist, wird er niemals wieder zu uns zurück können.“
Jophiel, trat an die Seite ihres erzürnt drein sehenden Bruders und legte ihm beschwichtigend eine Hand auf die Wange. „Das wird auch nicht nötig sein. Es ist bereits alles seit Jahrhunderten vorbereitet.“
Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und zog sich in ihre private Gemächer zurück, wo bereits ihr reisefertiger Sohn wartete.

Cyrill

Cyrill ließ ein letztes mal seinen Blick durch die Reihen der Erzengel schweifen, bevor er seinen Ring anlegte und durch den Schleier hindurch auf die Erde trat. Hier auf der Erde vergingen die Jahre wesentlich schnell, als dort wo er die letzten Jahre verbracht hatte. Seine Mutter hatte ihm erklärt, dass er in Menschenjahre zirka dreihundert fünfzehn sein müsste. In Engelsjahren war er gerade einmal Erwachsen geworden.
In dieser kurzen Zeit, waren er und seine Mutter bis jetzt nur ein einziges Mal auf der Menschenseite gewesen und auch nur um etwas über die Dämonen zu erfahren. Mittlerweile wussten beinahe alle Menschen das es Dämonen gab und das sich bereits ein einziger hier Manifestieren konnte. Ein mächtiger Rückschlag für die Engel, doch sein entfernter Cousin Ezrael, hatte nicht umsonst sein Leben gegeben um das von Ezraela zu ermöglichen.
Hustend ließ er sich seine Lungen mit Sauerstoff füllen und spürte wie sie sich unangenehm ausdehnten. Ein seltsames Klopfen dass ein Rauschen auslöste in seinen Ohren, dämpfte seine Fähigkeiten zu hören und erzeugten einen unangenehmen druck. Erst nach mehreren Minuten hatte er sich an seine menschliche Form gewöhnt und blickte sich unsicher in der Seitengasse um.
Jophiel hatte ihm unauffällige Kleidung gebracht, bevor er aufgebrochen war, doch er fand sie unmöglich. Wie konnte man nur so etwas wie Jeanshose tragen? Was war das überhaupt für ein Wort?
Verärgert über die vielen Sinneseindrücke und Gedanken von fremden Menschen die aus seiner Umgebung auf ihn einstürzten, schüttelte er den Kopf und versuchte die vielen Stimmen zu unterdrücken. Gabriel hatte recht getan in der Annahme, ihm zu lehren, wie er diese offenen menschlichen Gedanken ausblenden konnte. Es war ein einfacher Trick, der nur kurz seine Konzentration erforderte, doch in der Theorie war es ihm viel schneller gelungen als hier in der Stadt. Immer wieder drangen die besorgten Stimmen von Eltern, die sich wichtig fühlenden Gedanken der Kinder und die Hilfeschreie von Opfer zu ihm hindurch. Die Welt der Menschen war tatsächlich grausam. Keine wunder, dass es die Dämonen hier her zog.
Als er es etwas unter Kontrolle hatte, setzte er seinen Weg fort. Seine erste Aufgabe war es eine Fee zu finden, die er schon als Kind kennen gelernt hatte. Damals hatte sie als Kellnerin ihr Geld in einem Imbiss verdient, doch nach so vielen menschlichen Jahren, bezweifelte er dass sie sich noch am selben Ort aufhielt. Also wie fand man ein magisches Wesen unter so vielen verschiedenen Gattungen?
Frustriert richtete er seine graue Weste und sortierte seine aufgewühlten Gedanken. Feen waren mystische Wesen, die sich schon seit Anbeginn der Zeit von den Engeln abgesondert hatten und lieber unter den Menschen lebten. Sie erfüllten ihnen ihre tiefsten Wünsche und ermunterten sie weiter zu machen, wenn sie dachten, dass es aussichtslos wäre. Selten wurden sie sogar als Musen bezeichnet, dass eigentlich nicht stimmte. Sie waren eher so etwas wie kleine Helfer in der Not.
Zuerst würde er es bei anderen Gastronomiebetrieben versuchen, da sich viele Feen gerne auf eine Tätigkeit spezialisierten.

 

Als er bis Sonnenuntergang noch immer nichts gefunden hatte und die Gedanken der Menschen um ihn immer zwielichtiger wurden, setzte er sich in einer Bar ab wo er genüsslich ein Getränk nach dem anderen probierte. Nichts von all dem schmeckte auch nur annähernd so wie das was er gewohnt war. Es gab seltsame Gewürze die sich Salz, Pfeffer, Oregano, Zucker, oder ähnliches schimpften. Für was die Menschen so etwas brauchten, verstand er überhaupt nicht. War ihnen das was die Natur ihnen schenkte nicht gut genug? Mussten sie es auch noch verderben, so wie die meisten ihre Seelen verdarben?
Eine Wut, die ihm die Sinne stahl, machte sich hinter seinem Rücken breit und nur kurz darauf, flog auch schon ein Glas durch die Luft und zerbrach in vielen Teilen auf dem Boden.
„Du Arsch! Dafür mach ich dich fertig.“ Ein rothaariger Mann ging auf einen Kleinwüchsigen los und nur wenige Minuten später, fand sich Cyrill selbst an der Wand stehend wieder, da er dem Massenkampf der ausbrach nicht in den Weg stellen wollte. Hin und wieder musste er einem Faustschlag oder einem fliegenden Getränk ausweichen, da er sich nicht in die Angelegenheiten der Menschen einmischen wollte. Ihm war es verboten worden, seine Fähigkeiten gegen einen Menschen ein zusetzte, außer dieser Mensch musste Rechenschaft vor dem Herren beziehen.
Hier war es wohl kaum der richtige Ort um die Stunden zu vertrödeln, die ihn vor dem nächsten Sonnenaufgang trennten.
Vorsichtig stahl er sich durch den Hinterausgang hinaus und beobachtete fasziniert, wie sich mehrere uniformierte Männer mit Schlagstöcken und drohenden Stimmen dazwischen zwängten und die raufende Meute auseinander zog. Noch eine Weile sah er fasziniert zu wie sich der Streit langsam schlichtete, die Auslöser der Rauferei herausgesucht wurden und die Verletzten versorgt wurden.
Cyriell kicherte still vor sich hin, als er seinen Fehler erkannte und dem Krankenwagen, fliegend, zu einem hell beleuchteten Gebäude mit mehreren Stockwerken folgte. Als er durch die Schiebetüre trat, liefen mehre uniformierten Menschen herum. Sie schienen hier zu arbeiten. Die besorgten und gestressten Gedanken bombardierten ihn geradezu und er rieb sich den Kopf.
„Kann ich Ihnen helfen?“ Eine junge Dame mit einem Klemmbrett unter ihrem Arm, blickte schüchtern zu ihm auf und er schenkte ihr ein freundliches Lächeln.
„Tatsächlich, das wäre toll. Vorausgesetzt, wenn ich Ihnen Ihre wichtige Zeit stehlen darf.“
Sie kicherte und ihre Wangen röteten sich. Sofort fühlte er, dass sie die Angestellte sich von ihm angezogen fühlte und seufzte innerlich.
„Ich suche eine Junge Dame die hier vielleicht arbeitet. Ich bin wegen eines Todesfalles hier, darum ist es ziemlich dringend.“
Die Frau wirkte etwas bestürzt und er konnte ihr Mitgefühl spüren. „Das tut mir aber Leid. Wenn Sie mir ihren Namen sagen, kann ich Ihnen vielleicht helfen sie zu finden.“ Er dachte an ihren Namen zurück, doch dachte nicht, dass sie ihn noch benützen würde.
„Das weiß ich leider nicht. Ich kenne den Namen nicht einmal von dem Verstorbenen. Ich bin lediglich ein Mann, der versucht den letzten Willen einer armen Seele zu erfüllen. Sie sollte zirka eins siebzig groß sein, sie hat blaue Augen und eine reine Seele. Sie könnte...“
Die Frau unterbrach sie und deutete auf die Lifte. „Sie meinen bestimmt Larissa. Sie befindet sich im dritten Stock, bei Miss Brecht in Zimmer sieben. Zumindest, sollte sie das noch. Sollten Sie noch etwas benötigen...“
So weit ließ er sie schon nicht mehr sprechen. Mit einem beiläufigen Dank, eilte er zu den Liften und drückte den Pfeil der nach oben zeigte.
„Larissa....“ Sie hatte also ihren Namen kaum verändert. Damals hatte er sie unter dem Namen Klarissa Fleur kennen gelernt. Sie hatte ihm einen Muffin geschenkt, der erstaunlicherweise sogar etwas nussig geschmeckt hatte.
Noch immer erinnerte er sich gerne an den Geschmack und stellte sich vor, wie er wieder auf der Erde herum lief und sich Tag ein und aus mit der Jungen Fee unterhielt.
Seiner Mutter gegenüber war sie kalt und distanziert gewesen, doch für ihn hatte sie immer ein offenes Ohr gehabt. Feen hatten noch nie eine besonders gute Einstellung ihren entfernen Cousins gegenüber. Ob sich diese Einstellung nun schon geändert hatte? Immerhin war er kein kleines Kind mehr. Er war ein Erwachsener Halbengel. Zur Hälfte eine Art, die die Feen so gut wie verachteten.
Seufzend wischte er sich einige Regentropfen aus dem Haar und überprüfte sein Aussehen im Spiegel des Liftes.
Seine Mutter hatte den Tick überall ihr Aussehen zu überprüfen und irgendwie hatte er selbst dieses Verhalten ebenfalls angenommen.
Als ein drittes Mal ein leises >Ding< erklang, stieg er aus und setzte sein nettestes Lächeln auf, das er hatte. Mehrere Schwestern in dem Stock, blickten ihm völlig hypnotisiert hinterher. Eine stolperte sogar und warf dabei einen ganzen Stapel von Mappen um. Zerstreut sammelte sie alle ein und schimpfte über sich selbst.
Cyrill kam der Dame sofort zu Hilfe und sie bedankte sich hunderte von malen. „Wenn ich das irgendwie gut machen kann...“
Sofort nahm er das Angebot an und erfreute sich darüber. „Tatsächlich hätte ich da eine Sache. Ich suche eine Dame namens Larissa. Mir wurde gesagt sie befände sich hier oben. Vermutlich in >Zimmer sieben<."
Das Lächeln wurde ersetzt von einem enttäuschten Grinsen. „Ich weiß schon wem sie meinen. Larissa ist eine unserer besten Schwestern. Sie behandelt hier jeden auf ihre eigene Weise und hilft so vielen Leuten am Tag. Sie ist geradezu ein Engel, kein Wunder dass jemand heißer, wie sie, Larissa sucht.“
Kichernd über den überaus zutreffenden Vergleich, den eine Fee bestimmt niemals hören möchte machte er eine wegwerfende Handbewegung. „Aber, aber. Meine Liebe, lassen sie das nur nicht Larissa hören. Sie würde bestimmt sofort ein paar Sünden begehen nur um nicht mehr mit einem Engel verglichen zu werden.“
Kichernd beugte sie sich über den Empfangstisch und er hatte plötzlich eine ziemlich gute Einsicht unter ihr Hemd, das sie offen trug.
Das war dann wohl sein Stichwort, sich schnell aus dem Staub zu machen. Menschenfrauen sind wirklich seltsame Wesen.
Sie deutete auf ein geschlossenes Zimmer und er klopfte zögerlich an. Irgendwie hatte er nun das ungute Gefühl, dass sie ihm nicht helfen würde. Sollte er ihr irgend eine Geschichte auftischen? Nein, lügen ist eine Sünde. Das sollte ich mir überhaupt nicht erst angewöhnen.
Die Türe wurde geöffnet und ein älterer Mann starrte ihm entgegen. Nun, das hatte er eher weniger erwartet. „Was kann ich für Sie tun? Die Öffnungszeiten, sind schon lange vorüber.“
Öffnungszeiten? Verwirrt blickte er dem strengen Arzt entgegen. „Eigentlich suche ich Larissa. Es wurde mir gesagt das sie sich hier befindet.“
Der Arzt schloss die Türe hinter sich und warf einen wütenden Blick zu den Krankenschwestern. Sofort gingen alle wieder hektisch an die Arbeit.
„Was wollen Sie von ihr?“
Dann war es wohl Zeit für etwas Engelscharme. Sir, ich will Sie wirklich nicht aufhalten. Wo finde ich sie denn?“
Verwirrt öffnete der Mann die Türe und ließ Cyrill eintreten. „Ich bin nicht hier. Sie gehen gemütlich auf die Toilette.
Cyrill schloss die Türe wieder hinter sich und folgte einen piepsenden Geräusch. Hinter einem Plastikvorhang lag ein junger Bub, der nicht älter als zehn Jahre aussah. Er hatte in der Nase und in den Venen mehrere Schläuche die ihn versorgten und um ihn herum standen wichtig aussehende Geräte, die seinen körperlichen zustand, wiedergaben.
Menschen benötigen wohl eine seltsame Technik, um den körperlichen Zustand von jemanden sehen zu können. Interessant...
Das Kind war von mehreren Prellungen und Schürfwunden überseht und schien nicht ansprechbar zu sein. Generell nahm er von dem Kind nur wenig Lebenswerte war.
„Er liegt im Koma?“ Flüsterte er leise und fuhr dem Jungen durchs Haar. Im kurz geschnitten Haar sah er mehrere Drähte, die eine Platzwunde zusammen hielten und er spürte etwas in sich zerbrechen.
Vorsichtig legte er die Handfläche auf die Stirn des Kindes und erschrak, als er dessen Erinnerungen sah. Geschlagen und die Stiegen hinunter geworfen von seinen Freunden. Kinder die nur wenig älter waren als er selbst und gemeinsam mit ihm in einem so genannten Waisenhaus lebten. In der Seele des Jungen konnte er die unzähligen Narben sehen, die sein kurzes Leben bereits hinterlassen hatten. Er hatte Angst vor dem Aufwachen. Er wollte nicht mehr zurück in sein altes Leben, doch war sein Lebenstrieb stärker als sein Wille.
Eine in blau gekleidete Dame blickte ihn erschrocken an. „Was haben Sie hier zu suchen? Sie sind kein Familienangehöriger...“ Sie verstummte und ihr Blick wanderte von beunruhigt zu wütend.
„Was will ein Nephilim hier?“ Fragte sie aufgebracht.
Cyrill blickte wieder besorgt zu dem Jungen hinab und legte seine Stirn auf die des Kindes. „Niemals sollte so eine unschuldige Seele so bestraft sein!“
Er hörte wie sich für kurze Zeit der Herzschlag des Kindes beschleunigte und sendete etwas Magie durch den Körper des Kindes.
Die Magie des Kindes reagierte sofort freudig darauf und Cyrill erkannte, dass es der Sohn eines Lykaners war. Deswegen war er auch so temperamentvoll. Sein Unterbewusstsein wollte sich durchsetzen. Ob er etwas über seine Herkunft wusste? Es könnte für andere gefährlich werden, wenn er sich plötzlich verwandelt, sobald er alt genug ist.
„Wo sind die Eltern?“ Fragte Cyrill fordernd und spürte die eisblauen Augen wie Pfeilspitzen durch seinen Körper rammen.
„Was weiß ich denn? Ich bin nur eine Fee. Ich erfülle wünsche und helfe bedürftigen. Ihr Engel seit für den Rest zuständig.“ Die Fee schob ihn vom Bett des Kindes weg und zog den Vorhang wieder vor.
„Ich weiß nicht was das soll, oder warum sich ein Engel plötzlich persönlich für ein Kind interessiert, nachdem ihr es einfach so fallen gelassen habt, doch ich werde nicht tatenlos dabei zusehen wie ihr...“
Beruhigend legte er eine Hand auf ihre Schulter, doch sie schlug sie sofort weg. „Es stimmt, ich bin nicht wegen diesem Kind hier, sondern deinetwegen. Die Erzengel brauchen die Hilfe der Feen. Wir sind in ernsten Schwierigkeiten und...“
Abfällig schnalzte Larissa mit der Zunge und verschränkte die Arme vor ihrem Oberkörper.
„So weit kommt es noch. Ich habe vor Jahren bereits dafür bezahlt, dass ich einem von euch geholfen habe. Niemals mehr werde ich auch nur einem Erzengel helfen!“
Lächelnd griff er nach ihrer Hand und formte gemeinsam mit ihrer Hand ein Zeichen, dass sie ihm zu diesem Zeitpunkt gelehrt hatte.
Entsetzt starrte sie das Zeichen an, das ihre Finger bildeten und schluckte schwer.
„Dieses Versprechen galt einem kleinem Jungen namens Cyrill. Dieser Junge bist du schon lange nicht mehr.“
Enttäuscht ließ er ihre Hand los und wandte sich ab. „Du hast Recht, doch ich dachte wir seien Freunde. Wie kann sich das Verhältnis zwischen uns einfach so ändern? Das einzige das passiert ist, dass ich erwachsen geworden bin.“
Er hörte hinter sich wie sie etwas herum kramte und ärgerte sich über seine Gutgläubigkeit.
„Die Zeit ist, die passiert ist. Situationen ändern Menschen. Die Zeit ist das, was uns alles nimmt. Finde dich damit ab und bestelle deiner Mutter, das ich weder an einem Deal mit ihr oder ihresgleichen Interessiert bin.“
Cyrill konnte nicht verstehen, warum sich eine gute Fee wie sie, sich plötzlich so ändern konnte. Feen waren beständig und überzeugt von dem Guten auf der Welt. Sie selbst waren doch das gute.
„Aber ich bin persönlich daran interessiert, dass diese Mission erfolgreich wird und dafür brauche ich dich. Ich muss ein Herz wieder herstellen und das ist schwieriger, als das ein Halbengel wie ich es könnte!“
Er sah wie ihre Verteidigung etwas sank, doch trotzdem schüttelte sie stur den Kopf. „Egal um was es geht. Ihr habt es verbockt! Lasst mich da raus.“
War das ihr Ernst? Nicht einmal ein Herz wieder zurückbringen überzeugte sie davon? Was war nur aus der Fee geworden, die er als Kind kennen gelernt hatte.
„Weißt du noch warum meine Mutter und ich damals hier auf der Erde waren?“
Sie hob abweisend die Schultern. „Natürlich.“
„Gut, denn deswegen bin ich hier. Die Dämonen haben uns ausgetrickst. Sie wussten von unserem Vorhaben. Zumindest ein Dämon wusste davon. Sie haben das Herz gestohlen und nun müssen wir beide...“
Abrupt wandte sie sich zu ihm um und brüllte los. „Es gibt kein >wir<! Niemals werde ich zulassen, dass eine meiner Feen den Fehler begeht und einem Engel hilft.“
Cyrill hatte keine Ahnung, was seine Mutter so schlimmes getan haben soll, das sich eine Fee weigerte einer Unschuldigen zu helfen.
„Lissa... Bitte, nur für mich. Dieser einen Gefallen...“
Sie blickte weg und warf der Spüle neben ihr vernichtende Blicke zu. „Nenn mich nicht so. Ihr habt es verbockt, also ist es nicht mein Problem."
„Lissa! Was ist passiert? Warum bist du plötzlich so abweisend? Du warst immer so nett zu mir. Die drei Tage die ich bei dir verbringen durfte, waren die schönsten, die ich jemals erlebt habe. Hat es dir nichts bedeutet?“
Cyrill vernahm ein Schniefen und zog sie einfach an sich. Er konnte sich noch viel zu gut erinnern wie es war mit ihr etwas zu unternehmen. Sie hatte ihm Eis gekauft, hatte ihm einige Attraktionen gezeigt. Sie hatte exzellente Speisen für ihn gekocht und war mit ihm schwimmen gegangen. Alles was seine Mutter niemals für ihn gemacht hatte.
Abends hatte sie ihm Geschichten erzählt und ihm in den Schlaf gesungen danach hatte er wunderschöne Träume. Träume von Abenteuern mit seiner Tante Lissa. Abenteuer die ihm mehr lernten, als all das was er jemals bei den anderen Engeln gelernt hatte, sofern er welche treffen durfte. Alles was nach seinem Weggang geblieben war, waren schlaflose Nächte. Beinahe jede Nacht war er schreiend aus dem Bett gerissen worden. Und immer war ihr Gesicht vor seinem inneren Auge gewesen. Seine Mutter war fürchterlich eifersüchtig und das Jahrelang.
Lächelnd drückte er sie fester an sich und genoss ihren Geruch nach Pfeffermiztee, den sie so gerne trank.
„Ich habe dich vermisst, Cyrill. Du warst so lange fort...“ Er fühlte wie sich sein Herz schmerzhaft zusammen zog.
„Komm, lass uns woanders reden. Immerhin hast du bestimmt neue Abenteuer erlebt, während ich nicht da war.“
Sie kicherte an seiner Schulter und fuhr mit der Hand durch sein Haar. „Aber du bist jetzt kein kleiner Junge mehr.“ Ihr blick war nun wieder so sanft wie damals, als sie sich zum ersten Mal getroffen hatten.
Sein Herz hörte auf unangenehm zu drücken, stattdessen fühlte er sich nun wieder frei. Es war als würde nach langer Zeit eine schwere Last von ihm genommen werden, alleine bloß wegen diesem Lächeln. „Trotzdem höre ich dich gerne sprechen. Ich denke sogar, dass du das einzige Wesen hier auf der Erde bist, das ich gerne sprechen höre. Die Gedanken der Menschen... Sie sind so wirr und unkontrolliert.“
Ihr lachen wurde noch breiter und sie schob ihn bei der Türe hinaus. „Ist, schon gut du kleiner Schleimer. Jetzt muss ich erst einmal mich um John kümmern. Wir treffen uns in einer Stunde hinten bei den Parkplätzen.“
Freudig lachend hüpfte er beinahe bei der Türe hinaus und beobachtete wie sie von innen verschloss.
Als sich langsam Kopfschmerzen regten, merkte er, dass er die Gedanken der Menschen nicht ausblendete und änderte das sofort.
Doch dieses mal war es anders. Diesmal war er glücklich darüber, darüber dass er seine alte Freundin wieder hatte und seine Gedanken völlig für sich einnahm.
Nun konnte er nur hoffen, dass eine Stunde nicht allzu lang wäre, besonders da er sich mit den Gegebenheiten der Menschen sowie ihrem Zeitgefühl nicht auskannte.
Doch er wusste das Lissa ihm zeigen würde was er über die Menschenwelt wissen musste.

Ezraelas Erwachen

Als sie dieses mal aus dem Totenreich zurückgekehrt war, dachte sie, dass sie sofort wieder sterben müsse. Ein unbändiger Hunger hatte von ihr Besitz ergriffen und erst gestoppt, als sie vier Menschen vollkommen ausgesaugt hatte. Sie wusste nicht mehr wie sie von der Schlacht hier her gekommen war, doch nun saß sie hier in einer Gosse und schlürfte am Arm eines Toten. Deprimiert ließ sie den Arm los und fing bitterlich zu weinen an. Der Regen hatte mittlerweile ihre Kleidung vollkommen durchnässt, doch sie empfand keine Kälte an ihrem Körper. Ihr Körper war zwar steif, doch das lag daran, dass sich ihr Körper erst daran gewöhnte, nicht mehr zu leben. Ihr Herzschlag hatte auch noch nicht wieder eingesetzt, doch das wunderte sie nicht. Irgendwann musste es doch so weit sein, oder? Irgendwann musste doch ihr Körper der gewaltigen Belastung des Todes nachgeben. Jetzt war sie ein Vampir. Vollblütig und ohne das geringste zu Empfinden. Die Tränen die aus ihren Augen kamen, waren blutrot, das Atmen schmerzte, da ihre Lunge keinen Sauerstoff mehr benötigte. Atmen war überflüssig, doch notwendig um etwas zu riechen.
Aber was sie hier in dieser modrigen Gosse roch, war ihr schon wieder zu viel. Nichts zu riechen war viel besser. Der Gestank von Schimmel, Abfall und Kot verpestete die Luft so stark, dass ihr Flau im Magen wurde, doch übergeben konnte sie sich nicht.
Mühselig rappelte sie sich hoch und versuchte sich an Straßennamen und an den Gebäuden zu Orientieren.
Doch ihre Augen hatten sich noch nicht richtig eingestellt, also konnte sie kaum etwas außer seltsame Lichtreflexe oder dunkle Schatten erkennen. Einmal fiel sie sogar über einen Hund, der empört aufschrie. Der Besitzer warf ihr auch seltsame Worte an den Kopf, die für sie keinen Sinn ergaben. War sie überhaupt im richtigen Land?
An einer Hausmauer ließ sie sich auf den Boden sinken und versuchte sich zu konzentrieren. Sie wusste zwar dass es frisch geborene Vampire nicht leicht hatten, da sich ihre Sinne erst auf ihren neuen Körper einstellen mussten. Stärker werden mussten und vor allem schneller.
Ein Zittern ging durch ihren Körper und sie wünschte sich ihre Mutter her. Nichts wäre ihr jetzt lieber, als jemanden bei sich zu haben, der ihr helfen konnte.
Erza schrie vor Schmerzen auf, als sich abermals ihre Fangzähne durch ihr Oberkiefer bohrten. Ihre Pupillen änderten sich und erstrahlten in einem blutigen rot. Einige Passanten, die an ihr vorüber gingen, blickten sie ängstlich an. Erza fauchte zornig und sie liefen schreiend davon.
Hier konnte sie nicht bleiben, sie musste einen sicheren Unterschlupf finden, bevor noch mehr Leute auf sie Aufmerksam wurden. Zwar wusste ein großer Teil der Menschheit von den magischen Wesen wie auch sie einer war, doch der andere Teil wollte absolut davon nichts wissen.
Keuchend und von unglaublichen Schmerzen erfüllt, schleppte sie sich auf die andere Straßenseite, wo sich ein kleiner Park befand und ließ sich dort zwischen einige Gebüsche fallen.
Ein neuer Schauder erfüllte ihre Körper und plötzlich hatte sie fürchterliche Gedanken. Einige waren verzweifelt, andere schrien sie an, die Mehrzahl waren Bilder die ihren Kopf überfüllten und dann waren da noch die mörderischen Gedanken. Menschen die sich vorstellten wie sie jemanden vernichteten. Sich selbst oder andere richteten. Die guten und glücklichen Gedanken hatten kaum einen Platz in ihrem viel zu überfüllten Kopf. Vor unermesslichen Schmerzen geplagt bog sie ihren Körper durch und warf ihren Kopf nach hinten, während sie einen markerschütternden Schrei gegen den Himmel brüllte. Hunde stimmten mit lauten Gebell oder Geheul in ihren Schrei mit ein. Katzen maunzten und Ratten pfiffen in ihrer Nähe.
Sie brüllte so laut ihren Schmerz hinaus, dass sie schon dachte ihre Stimme müsse doch gleich nachgeben.
Ächzende Geräusche von den Bäumen die sich wie wild bogen und bröckelnder Stein drang an ihr Trommelfell. Woher kam das alles. Warum hatte sie so fürchterliche Schmerzen?
Sie hatte davon noch nie gehört. Welcher frisch erwachter Vampir hatte jemals solche Schmerzen erlebt?
Erschöpft brach sie zusammen und konnte nicht einmal mehr einen Finger bewegen. Obwohl sie keine Luft brauchte, musste sie schwer atmen und konnte nicht aufhören. Es war als hätte sich ihr Körper vollkommen verausgabt. Als hätte er einen gewaltigen Schritt machen müssen. Erst als sich hellrote Feder über ihren Oberkörper ausbreiteten, verschwamm ihr Blick und sie schlief ein.

Auf der Suche nach Ezraela

Cyrill stand erst einige Minuten am Parkplatz, als seine Lissa fröhlich lachend über den Parkplatz eilte.
„Das ging aber schnell.“ bemerkte er und ihr lächeln wurde breiter.
„Ja, ich habe gefragt ob ich früher gehen kann. Mein Chef hatte nichts dagegen.“
Sie führte ihn zu ihrem kleinen orangen Smart, in den er sich mit seinen viel zu langen Körper hinein quetschte.
„Was ist das denn für ein Gefährt? Ich habe draußen viel größere gesehen, warum nehmen wir uns nicht diese?“
Kichernd startete sie ihren kleinen Flitzer und drückte auf das Gas. „Weil keiner von denen mir gehört. Eine Krankenschwester verdient eben nicht so viel, wie du vielleicht denkst.“
Mit einer wegwerfenden Handbewegung, drückte er auf einen kleinen Knopf und plötzlich fuhr ihm der Fahrtwind durchs Gesicht. „Ich verstehe ohnehin nicht, warum ihr Geld benötigt. Wenn ihr etwas besser zusammen spielen würdet und mehr Energie auf Tauschgeschäfte, als auf Krieg beziehen würdet, wäre euer Leben wesentlich ertragreicher.“
Auf diese Diskussion ließ sie sich erst überhaupt nicht ein, sondern passte sich in den Verkehr ein.
„Also... Wo fahren wir jetzt hin?“ Cyrill wurde etwas nervös, da er angst hatte, sie verärgert zu haben, doch sie lächelte ihn wieder freundlich an, als sie antwortete.
„Nur mehr fünf Minuten. Ich wohne nur die zweite Abfahrt von der Autobahn hinunter. Danach sind wir eigentlich schon fast da.“
Tatsächlich fuhr sie nach nur drei Minuten schon eine Einfahrt hinauf. Belustigt betrachtete er den kleinen Vorgarten, der beinahe exakt so aussah wie in seinen Erinnerungen.
Begeistert roch er an den verschlossenen Blüten der Obstbäume und kicherte. „Ich erinnere mich noch, als ich von einem dieser Bäume hinunter gefallen bin.“
Klarissa strich liebevoll über die glatte Rinde des Baumes und lächelte sanft. „Ja, ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Ich konnte dir einfach nicht ausreden das du dort hochkletterst, nachdem du es bei den Nachbarskindern gesehen hattest.“
Plötzlich wandte sie sich einfach ab und ging zur Eingangstüre.
Es war ein kleines einstöckiges Haus, dessen Ende in einem großen Garten mündete. Cyrill nahm sich vor, am nächsten Morgen sobald die Sonne aufging, sich draußen genauer umzusehen und folgte ihr ins Haus. Die Weiße Fassade blätterte schon etwas ab. Als er die Hauswand berührte, konnte er dessen Alter fühlen, deren Feuchtigkeit die es angesammelt hatte und den Moder unter dem Haus. Innen sah man nichts von dem Altbau. Beinahe alles bestand aus einer Holzvertäfelung und hellbrauner Tapete. Die ganze Einrichtung war warm und einladend gehalten. Sogar das Licht deutete darauf hin, dass man sich im Haus wohlfühlen wollte. Genüsslich sog er den Geruch von frischen Gebäck ein und folgte seiner zuverlässigen Nase in die Küche, wo er auch Klarissa fand. Sie genehmigte sich gerade einige Kekse und hielt auch ihm welche hin. Begeistert biss er hinein und spürte einen nagenden Hunger in sich erwachen. Plötzlich knurrte sein Magen und hinter ihm erklang ein Klingeln.
„Es tut mir leid, das ich dir nur Fertigessen anbieten kann, doch ich war nicht auf Besuch eingestellt.“
Cyrill winkte ab und bekam ein Gulasch vorgesetzt. „Gierig aß er es hinunter und rülpste zufrieden, als sein Magen ihm versicherte, das nichts mehr hinein passte.
„Was war das?“ Er deutete auf die leere Schüssel und genoss einen frisch gepressten Orangensaft.
„Ein Gulasch. Es besteht aus verschieden Nahrungsmitteln und wird sehr stark gewürzt. Im östlichen Europa wird es gerne sehr scharf gegessen. Ich bin aber mit dem durchschnittlichen glücklich genug.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du dich einmal mit fertigen Essen zufrieden gibst. Früher hast du immer davon geredet wie wichtig es ist, immer frisches essen zu Hause zu haben.“
Traurig dachte sie an die Zeit zurück. „Das stimmt. Da war ich aber noch anders. Und vor allem die Welt war noch anders.“
„Dann, trotzdem. Danke für das Essen und deine Gastfreundschaft.“
Klarissa nickte und spülte den Teller ab, bevor sie ihn in ein silbernes Gerät einsortierte.
„Immer gerne. Auch, wenn ich dabei ja nicht sonderlich viel Mitspracherecht hatte.“
betroffen blickte er zu Boden. Sie hatte ja eigentlich recht. Er war einfach in ihre Arbeit gestürmt und hatte damit begonnen ihr bereits entschiedene Tatsachen vorzulegen. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so überfallen. Die menschlichen Verhaltensregeln sind mir nicht so klar.“
„Ist schon gut. Du bist auch nur zur Hälfte menschlich.“
Nickend sah er ihr zu, wie sie nervös an einem Keks herum knabberte und versuchte in ihren Kopf zu gelangen.
Als sie ihm einen tadelnden Blick zu warf, zog er sich sofort zurück. „Du hättest einfach fragen können an was ich denke.“

Er musste sich erst daran gewöhnen, dass er die Gedanken von Fee nicht hören konnte und lächelte. „Entschuldige. An was denkst du gerade?“
„Ehrlich gesagt, frage ich mich... Warum du zu mir gekommen bist.“
Augen verdrehend öffnete sie ihr hoch gebundenes Haar. Zu seiner eigenen Überraschung fühlte er Freude darüber, dass sie ihr Haar nun etwa schulterlang trug. Es passte ihr viel besser. Von diesem Schnitt wurden ihre hellen grünen Augen viel besser betont.
„Nun, ja. Um diese Aufgabe zu schaffen, brauchte ich eine Fee. Du warst die einzige die ich kenne.“
Ungeduldig trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch und deutete ihm alles zu erzählen.
„In, Ordnung. Du weißt ja noch, dass meine Mutter damals auf der Erde war, um eine starke Mutter zu finden, die einen Engel austragen könnte. Wenn ein weiblicher Engel schwanger wird, ist das normalerweise viel einfacher, da sie bereits das Gen tragen, doch eine menschliche Mutter, muss sich erst auf die Magie einstellen.
Somit hat sie einfach ein magisches Wesen gewählt. Zu unserem Nachteil muss ich gestehen, dass sie den Unterschied zwischen Vampiren und Lykaner nicht richtig kannte und einfach eine schöne Frau herausgesucht hat, deren Stammbaum auf kräftige Vorfahren schließen ließ.
Nachdem sie mich abgeholt hatte, mussten sich noch alle ewig lange beraten, bevor dann Ezrael genug Kraft aufgebaut hatte um ein letztes mal durch die Dimensionen zu reisen. Du musst wissen, er ist ein sehr alter Engel und war schon etwas schwach. Als er dann über den Vampir kam und sie Empfang, hat er seine ganze Macht in den Boden fließen lassen, damit sein Nachkomme diese Energie aufnehmen konnte, sobald sie alt genug war.
Leider kam es nie so weit, da sich seine Tochter nicht in einen Vampir verwandelte, da sie nicht Vampirisch genug war. Sie empfand keinen Hunger auf Blut, besaß jedoch alle positiven Eigenschaften ihrer Mutter. Auch, wenn nicht sehr stark ausgeprägt.
Erst als sie das erste Mal getötet wurde, kam sie ihrem Vampirischen Erbe näher und somit auch ihrem Engelsgen.
Wir schätzen, dass wenn sie dieses mal als völliger Vampir erwacht, auch als Engel ihre Fähigkeiten entfaltet.“
Begeistert klatschte Klarissa in die Hände. „Das ist doch großartig. Das heißt wir müssen sie nur mehr so oft töten, bis sie ihre gesamte Kraft besitzt, oder?“ Wieder entgeistert, ließ sie den Kopf sinken, als sie seinen Blick sah.
„Das ist ja das Problem. Du bist doch sicher der Dämonischen Eigenschaft bewusst, das sie Menschen die Seelen stehlen können.“
Sie nickte und rief sich das was sie wusste ins Gedächtnis zurück. „Ja, ich habe davon gehört. Sie können Menschen, und auch andere Wesen, mit ihren Fähigkeiten betören und langsam in deren Verstand eindringen. Wenn sie das erst einmal geschafft haben, können sie sich die Seele nehmen, oder das Herz. Sollte derjenige sterben, nachdem man ihm die Seele gestohlen hatte, wird der betroffene in alle Ewigkeit des Dämons Diener. Wenn er jedoch das Herz nimmt, nimmt er auch sämtliche Gefühle. Der betroffene hätte keine Kontrolle über seine Empfindungen, und nach einiger Zeit handelte er ohne Gewissen um das zu bekommen was er möchte.“
Stolz beugte er sich vor und deutete auf Klarissa. „Und jetzt stell dir vor, dieser gewissenlose Mensch, besitzt die Stärken und den Hunger eines Vampirs, sowie die zerstörerischen Eigenschaften eines unglaublich starken Engels.“
Nun stand in ihrem Gesicht Erkenntnis und sie verzog das Gesicht.
„Und lass mich raten... Sie ist bereits erwacht?“ Sie verzog ängstlich das Gesicht und Cyrill schüttelte den Kopf.
„Nein so weit ist es zum Glück noch nicht. Aber sie haben bereits ihr Herz. Somit wird sie dieses mal als Vampir erwachen und stellt eine Gefahr für jeden da, der sie auch nur schräg ansieht.“
Empört schlug sie auf den Tisch. „Was? Aber warum habt ihr denn nicht eingegriffen? Für war wurdest du denn überhaupt geboren? Wissen die überhaupt das du hier bist? Auf was lasse ich mich da denn eigentlich ein!“
Beschwichtigend sprach er auf sie ein und erklärte ihr, dass die anderen Engel nichts von ihm wussten und, dass seine Mutter nun mal gerne noch einen Trumpf im Ärmel hatte, wenn es um ihren älteren Bruder ging.
„Ich war nur eine Sicherheitsmaßnahme. Ich bin dafür erwählt worden, sie wieder auf den rechten Weg zu führen, wenn sie davon abkommen sollte. Und das ist der Fall. Jedoch verstehe ich nicht so viel von den menschlichen Gefühlen und deren Eigenschaften. Deswegen brauche ich eine Fee, und zwar dich, die mir hilft. Alleine bin ich nur ein Halbengel auf einem Amoklauf, gegen einen gewissenlosen Engel.
Klarissa fühlte sich immer noch etwas gekränkt, doch versuchte nicht allzu beleidigt zu klingen. Ja es war eine wichtige Mission, das wusste sie noch von damals. Jophiel hatte nicht wirklich ein Geheimnis daraus gemacht, da sie wusste das eine Fee niemals etwas verrät. Das lag nicht in ihrer Natur.
Müde vom anstrengenden Tag blickte sie zu dem kleinen Goldjungen auf, der anscheinend bereits zu einem großartigen und gut aussehenden Mann herangewachsen war. Noch immer konnte sie Nachts seinen Atem in ihren Armen spüren, als sie ihm in den Schlaf gesungen hatte. Feen hatten ja schon immer eine durchaus ansehnliche Singstimme besessen, doch sie hätte sich niemals getraut davon zu träumen mit diesem angeborenen Talent ein Engelskind in den Schlaf zu singen.
Melancholie kam in ihr hoch und sie kicherte plötzlich. „Okay. Okay. Also... Wo fangen wir dann genau an? Sollen wir einfach Stadt für Stadt abklappern, bis wir sie zufällig finden. Oder habt ihr glücklicherweise einmal einen sinnvollen Plan?“
Lächelnd griff er nach ihren immer noch nervös klopfenden Finger und streichelte sie beruhigend. „Also mein Plan wäre als Erstes dich finden, danach dich überreden das du mir hilfst. Dann wollte ich eigentlich warten bis sie erwacht und in der zwischen zeit etwas Zeit mit dir verbringen.“
Er war so lieb, und das nach all den Jahren. Plötzlich traf sie abermals der Schmerz, den sie jedes mal empfand wenn sie an ihn dachte. Cyrill... Wie gerne würde sie ihn wieder in den Arm nehmen und ihn in den Schlaf singen. Klarissa lebte schon seit so vielen Jahren unter etlichen Namen, dass sie ihren Richtigen manchmal sogar vergaß. Viele Feen tolerierten nicht, dass sie unter Menschen leben wollte. Ja einige verachteten sie sogar.
Doch niemals hatte ihr Cyrill so eine Abneigung entgegen gebracht. Sie erinnerte sich noch als wäre es gestern gewesen, als eine brünette wunderschöne Frau vor ihrer Türe gestanden hatte. Sie hatte freundlich zu ihr herab gelächelt und ihr erklärt, dass sie von den mächtigen Acht Erzengeln persönlich gesandt worden war.
Kurz darauf hatte, sie einen Tarnzauber über ihrem siebenjährigen Sohn gelöst. Lächelnd hatte er mit seinen goldbraunen Augen zu ihr hinaufgeblickt und sich galant vor ihr verbeugt und sich für ihre Gastfreundschaft bedankt.
Freundlich, wie sie damals noch gewesen war, hatte sie ihm Kekse hingehalten, über die er sich freudig her gemacht hatte. Als Jophiel auf ihre Reise ging, hatte Cyrill seine Flügel entspannt und ihr gezeigt.
Freudig wie es nur ein Kind konnte, hatte er gelacht, als sie sich erschrocken hatte und ständig vor ihm gekehrt hatte, damit diese wunderschönen Sandgelben Flügel nur nicht schmutzig wurden.
Nachts hatte er sogar einen Flügel über sie ausgestreckt um sie zu wärmen. Doch kalt war ihr in seiner Nähe niemals geworden.
Erst als er dann plötzlich nicht mehr da war, hatte eine Eiseskälte ihr Herz übernommen. Tagelang hatte sie Nachts Albträume. Sie konnte kaum noch schlafen und war dementsprechend in der Klinik gelandet.
Sie hatten ihren Körper wieder fit gemacht, während sie über den Seelischen schlag weggekommen war, dass ihr das schönste genommen worden war, das sie jemals gehabt hatte.
„Lissa? An was denkst du?“ Sein ruhiger Blick lag auf ihr. Sie fühlte sich etwas unbehaglich, da sie fühlen konnte das sein Blick tiefer ging, als das es ihr lieb war. Sie wollte nicht das Cyrill jemals sah, wie düster ihr Herz geworden war, seit er weg war.
Verdammte Engel...
„Nichts Wichtiges. Aber bevor wir mit >Suche und finde den werdenden Bösen Engel< anfangen... Sollte ich mich wohl duschen gehen. Ich habe eine lange Nacht hinter mir.“
Als sie an ihm vorbeiging, streckte er den Arm nach ihr aus und zog sie an sich. Cyrill hob sie auf seinen Schoß und legte beide Arme um sie. Plötzlich kam sie ihm so klein und zerbrechlich vor. Sie war zwar eine Fee und mit einem langen Leben gesegnet, doch trotzdem war sie genauso zerbrechlich wie ein Mensch. Die Last einer Entscheidung, die ihre Vorfahren vor tausenden von Jahren getroffen haben. Sie besaß nichts von der rohen Gewalt der Lykaner, nichts von der stärke und Schnelligkeit der Vampire. Sie besaß den Charme eines Engel und das aussehen einer Göttin. Zumindest in seinen Augen. Lächelnd musste er daran denken, wie sie erröten würde, wenn er ihr das anvertrauen würde. Wahrscheinlich würde sie ihn noch dazu schimpfen, da er es wagte sie als schwach zu bezeichnen.
Genüsslich roch er an ihrem Haar und strich durch ihr offenes Haar.
Klarissa konnte überhaupt nicht glauben, das es plötzlich umgekehrt war und er sie im Arm hielt, so wie damals sie immer ihn.
Erschöpft entspannte sie ihren Körper und ließ ihren Kopf gegen seine Brust sinken. Sofort lullte sein Duft sie ein und sie musste kichern.
„Was ist denn?“
Sie blickte zu ihm hoch. „Nichts. Es ist nur seltsam, dass du plötzlich wieder da bist. Und vor allem finde ich es komisch, das sich mein Körper wie von selbst an deinen gewöhnt hat. Als wärst du überhaupt nicht weg gewesen.“
Plötzlich strich etwas unglaublich weiches über ihren Oberarm. Sie staunte über das Goldgelb, dass sich um sie gelegt hatte. Seine Flügel waren viel größer geworden. Sie schienen sogar größer zu sein, als er selbst und vor allem kräftiger als damals.
Mit den Fingerspitzen strich sie über die goldenen dünnen Fäden, die wie Adern das immer noch Sandgelb seiner Federn durchzog und einen Schimmer darüber legten. Kein Wunder, dass Engel als die schönsten Geschöpfe bezeichnet wurden. Nicht einmal der athletische Lykaner oder der reinrassige Vampir konnte mit der göttlichen Ausstrahlung mithalten.
„Was würdest du darüber denken, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gezwungenermaßen wieder gehen müsste.“
Klarissa riss ihren Blick los und starrte ihn verwirrt an. „Was bedeutet das?“
„Das bedeutet, dass mich bestimmt Erzengel Michael nicht mehr in seinem Reich sehen möchte da ich weder ein Nachfolger eines Engels, noch ein reinrassiger Engel bin. Menschen, so wie Halbengel haben dort nichts verloren und das ist mir schon lange bewusst. Das war auch ein Grund warum ich zu dir kam. Ich hatte gehofft, dass du mir hilfst mich in der Menschenwelt zurechtzufinden, damit ich mich bald eingliedern kann.“
Ihr Herz setzte für einige Schläge aus, bevor es unruhig zu schlagen begann. „Aber... Heißt das nicht das du deine Flügel verlierst und einige andere Fähigkeiten, die dich mit der anderen Welt verbinden?“
Lächelnd strich er übers Haar und drückte sie. „Mach dir darüber keinen Kopf. Mir ist das vollkommen egal. Ich bin glücklicher wenn ich etwas erleben kann.“
und was würde das dann für sie beide bedeuten? Dann würde er sich eine eigene Existenz aufbauen und sie wüsste nicht wenn ihm etwas zustößt, oder wenn er...
Vorsichtig drückte sie seine Flügel und Arme von sich und setzte ihr freundliches Lächeln auf, das sie für jeden übrig hatte. Egal in welcher Situation. „Nun, gut. Dann werde ich mich wohl endlich einmal fertig machen. Fühl dich wie zuhause.“
Nickend widmete er sich einem Stapel Zeitungen, die auf einem Stuhl neben ihm lagen und blätterte sie durch.
Cyrill verstand nicht, was sie daran so schlimm fand. Mochte sie ihn etwa nur, weil er in Kontakt mit Engeln war? Oder wegen seinen einzigartigen Fähigkeiten? Er bezweifelte das, doch verübeln konnte er es ihr auch nicht.
Grübelnd, wie er, wenn sie wieder kam auf sie reagieren sollte, überflog er die Anzeigen der Zeitschriften und überlegte wie er am besten mit allem umgehen sollte. Ehrlich gesagt, hatte er erhofft etwas Zeit mit ihr verbringen zu können. Es hätte ihn ebenfalls gefreut, wenn sie ihm vor Freude, dass er nicht mehr fortgehen würde, um den Hals gefallen wäre.
War es ein Verbrechen, sich so etwas zu denken?
Sie war eine der wenigen die er hier auf der Erde kannte. Zwar hatte er auch andere Leute getroffen, doch Lissa war ihm einfach die liebste.
Es war einfach sie zum Lachen zu bringen. Sie trug auch immer, egal wie traurig sie war ein Lächeln im Gesicht. Zumindest hatte sie das. Seit er sie heute wiedergetroffen hatte, hatte sie ihm lediglich höfliche aufgesetzte Lächeln geschenkt.
Eventuell könnte er herausfinden, was sie so verändert hatte, wenn er längere Zeit bei ihr bliebe.
Ob sie überhaupt genauso viel für ihn empfunden hatte wie er für sie? Sie stand nach seiner Mutter gleich an zweiter Stelle, von denen die er mochte. Auch wenn sie nur drei Tage miteinander verbracht hatten.
Manche Lebewesen hinterließen einfach einen bleibenden Eindruck sobald sie einmal in ein Leben getreten sind.
Ein Klopfen an der Türe erregte seine Aufmerksamkeit. Cyrill verbarg seine Flügel und öffnete sie.
„Hallo! Klarissa, ich habe dich heimkommen sehen und habe mir erlaubt dir etwas....“ Ein strahlendes Lächeln, hielt ihm einen dampfenden Topf hin. Verwundert betrachtete er den Jungen Mann dessen Lächeln im selben Moment erlosch, als er Cyrill bemerkte.
„Hi. Entschuldige, ich bin Cyrill. Ich denke du möchtest zu Lissa. Sie ist hinten und duscht.“ Zumindest hörte er das Wasser laufen. „Wenn du mit ihr reden möchtest, musst du wohl etwas warten.“
Er ließ den entsetzt drein blickenden Mann hinein.
„Ähm... Wer bist du?“ Fragte der unsichere.
„Ich bin Cyrill. Ein... Entfernter Verwandter. Ich bin zu Besuch. Und du?“
Der schwarzhaarige, stellte den Topf auf den Tisch des Wohnzimmers und blickte Cyrill immer noch skeptisch an. Prüfend warf er einen Blick über Cyrill und richtete seine Brille. „Ich bin ein Freund von ihr. Sie hat niemals etwas von Verwandtschaft erzählt. Wie bist du denn mit ihr Verwandt?“
Der Kerl kam ihm immer skurriler vor. Er konnte die Eifersucht die er ausstrahlte beinahe angreifen und grinste über den seltsamen Kerl. „Das ist eine... etwas verwirrendere Geschichte. Setze dich doch. Sie muss bald kommen.“
Tatsächlich drehte sie genau in diesem Moment das Wasser ab und er konnte ihre nassen Schritte auf den Fliesen hören.
Klarissa hatte das Klopfen an der Türe zwar gehört, doch konnte sie leider nicht verhindern, dass Cyrill die Türe öffnete. Schnell trocknete sie sich ab, da sie bereits ahnte, das es ihr aufdringlicher Nachbar war.
Hastig schlüpfte sie in ihre dunkle Röhrenjeans streifte ihre rote Bluse über und band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz nach hinten. Einige Stirnfransen hingen ihr zwar immer ins Gesicht, doch an das hatte sie sich mittlerweile gewöhnt.
Ihr Aussehen überprüfend verdrehte sie die Augen, da sie es lächerlich fand. Es war ihr egal wie sie aussah, Hauptsache es hielt sie niemand für unanständig oder mittellos.
„Hallo Sam. Es tut mir leid, ich habe nicht erwartet, dass du heute vorbeischaust. Zumindest nicht um fünf Uhr morgens...“ Sie warf ihrem Nachbarn einen tadelnden Blick zu, bevor sie sich neben Cyrill auf die Bank setzte.
„Ist schon in Ordnung. Ich habe gesehen, dass du erst jetzt heim gekommen bist und dachte mir, dass du bestimmt etwas zu warmes im Magen hättest. Hätte ich gewusst, dass du Besuch hast... dann hätte ich entweder mehr gekocht, oder hätte euch nicht gestört.“
Klarissa kicherte und riskierte einen Blick in den Kochtopf. Genüsslich sog sie den Geruch von der Gemüsesuppe ein und seufzte. „Das duftet herrlich, Sam. Hätte ich nicht vorhin schon gegessen, dann wäre der Topf bereits leer.“
Cyrill fühlte wie sich ihm der Magen etwas umdrehte. Er konnte von Menschen gekochtem essen absolut nichts ab. Es war entweder viel zu gewürzt, oder ekelhaft fade. Genauso roch auch diese Gemüsesuppe. Von etwas war es zu viel und zu wenig von etwas anderem.
Wie Lissa so etwas essen konnte? Kopfschüttelnd ließ er seinen Blick zum hundertsten mal in der letzten Minute über sie wandern. Ohne ihre Kleider, die sie normalerweise trug, oder ihrer Krankenschwesterkleidung, sah sie vollkommen anders aus. Sie wirkte... menschlicher.
Zum ersten Mal nahm er wahr, dass sie tatsächlich eine Frau war. Und eine gutaussehende noch dazu. Ihre langen Beine trugen sie federleicht über die Holzdielen. Sie verursachte fast keine Geräusche, wenn sie sich bewegte. Ihre Bluse verdeckte zwar vielleicht ihre Haut, doch konnte er sehen, dass sie eine perfekte weibliche Figur hatte. Seine Mutter würde wahrscheinlich mittlerweile zu mäkeln anfangen. Sie war eine sehr... eigensinnige Person, doch vermutete er würde sie Lissa um ihre Beine beneiden.
Egal wie schlicht sie sich kleidete. Lissa strahlte immer.
Mühsam riss er seinen Blick von ihr los und sah aus dem Fenster. Die Sonne ging bereits am Horizont auf, und es konnte sich nicht mehr um viele Stunden dauern, bevor er endlich die Düfte in ihrem Garten bewundern konnte.
Feen hatten schon immer ein einzigartiges Händchen für die Natur.
„Cyrill?“
Cyrill zuckte zusammen und versank im strahlenden Lächeln von Lissa. „Ist alles in Ordnung? Du wirkst so abwesend.“
Verwirrt sah er sich um. Sam der Nachbar war verschwunden und Lissa kniete vor ihm, mit einem belustigten lächeln im Gesicht.
„Es tut mir leid, wenn ich unhöflich war. Aber ich musste gerade daran denken, dass du eine Frau bist.“
Zuerst wurde ihr Blick unsicher, dann fing sie laut an zu lachen. „Okay... Gut, dass das nicht nur mir aufgefallen ist. Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte? Bin ich etwa auch eine Fee? Oder bin ich etwas anderes? Bin ich etwa überhaupt nicht brünett?“
Genervt verdrehte er die Augen und lachte ebenfalls. „So meinte ich das nicht. Das war jetzt einfach so mitten aus den Gedanken gesprochen. Was ich damit meinte war, dass ich erst jetzt nach dreihundert menschlichen Jahren sehe, dass du nicht nur eine Fee bist, sondern tatsächlich eine wunderschöne Frau. Ich habe noch nie eine Frau mit solchen Beinen gesehen. Und diese Hose... Sie betont dich perfekt...“
Lissa war rot im Gesicht und hielt ihm den Mund zu. „Spare dir diese Komplimente für deine zukünftige Freundin, oder Freundinnen .
Ich danke dir, das zu hören ehrt mich ehrlich. Besonders, da Engel schon an sich perfekte Wesen sind. Trotzdem... Das ist peinlich.“
Er kicherte und gab ihr einen Kuss in die Handinnenfläche. „Mach dir nicht so einen Kopf. Freue dich, wenn du ein Kompliment bekommst.“
Plötzlich fühlte er wie aus dem nichts die Anwesenheit eines Engels. Erschrocken sprang er auf und riss Lissa mit sich.
„Ich kann sie spüren. Wir müssen los.“ Er nahm Lissa an der Hand und zog sie ohne auf ihre Proteste zu hören mit sich mit.
Eilig schloss sie hinter sich die Türe ab und setzte sich hinter das Steuer.
Skeptisch blickte Cyrill das Auto an und seufzte. „Warum können wir nicht einfach fliegen. Das ginge viel schneller.“
Er hatte zwar recht, doch sie wollte nicht das er ihr schlimmes Geheimnis erfuhr. Niemand außer ihr und den anderen Feen sollte das jemals erfahren. Damit würde sie sich lediglich eine Zielscheibe auf den Rücken schnallen. Jeder Feenjäger wäre hinter ihr her.
„He! Du wolltest doch meine Hilfe. Entweder auf meine weise, oder du suchst dir eine andere Fee!“
Noch einige Sekunden mit sich ringend, stieg er ein und schnallte sich fest. Klarissa drückte das Gas durch und folgte den Anweisungen von Cyrill. Immer wieder mussten sie die Richtung wechseln oder dieselbe Richtung zurück fahren, da sich die Position des frisch erwachten Engel ständig änderte.
Nach drei Stunden des zeit Verschwendens, parkte sie an einer Tankstelle und seufzte. „Okay, ich mach das nicht länger mit. Wo zum Teufel ist sie jetzt genau?“
Cyrill schloss die Augen und deutete Richtung Norden. „Sie entfernt sich gerade von uns. Mir kommt es so vor als würde sie uns folgen. Aber irgendwie auch nicht.“
Klarissa stieg aus und holte sich einen kalten Kaffee und ein Sandwich, während Cyrill auf ihre Anweisungen hin tankte.
Ihm nahm sie auch etwas mit, doch wusste, dass er nur nörgeln würde.
Jedoch war ihr das gerade eben egal. Sie fuhren bereits seit drei Stunden hin und her, immer wieder die Richtung wechselnd. Einmal hatten sie Ezraela zwar kurz am Himmel erblickt, doch so schnell wie sie auftauchte, war sie auch schon wieder verschwunden. Ob sie etwas suchte? Oder ob sie sogar vor ihnen flüchtete? Klarissa konnte es sich einfach nicht erklären.
Sie kannte Ezraela nicht persönlich und schon gar nicht wusste sie wie sie aufgewachsen war. Soviel wie sie in den letzten Stunden aus Cyrill heraus bekommen hatte, soll sie eine sehr schwierige Kindheit gehabt haben.
Klarissa fragte sich schon die ganze Zeit, ob sie der Vampirin vielleicht vorher schon begegnet war, doch konnte sie einfach kein Gesicht zu dem Namen zuordnen. Nun, ja. Wie viele Ezraela gab es denn schon auf der Welt?
Plötzlich war eine Idee vor ihrem geistigen Auge. Fluchend zahlte sie und lief zum Auto zurück.
Dort angekommen kramte sie ihr Handy aus der Tasche und fing an im Internet nach ihr zu suchen. Da Cyrill ihr nicht verraten hatte wo sie aufwachsen war oder wie sie im Nachnamen hieß, suchte sie einfach auf gut Glück und fand tatsächlich etwas. Vor einigen Jahren gab es anscheinend einen Brand auf einem Schulausflug, den nur zwei Mädchen mit kleinen Verletzungen überlebt hatten. Anscheinend soll es ein Gasleck gewesen sein. Auch der Stall und die umliegenden Gebäude sind bis auf den Grund abgebrannt.
„Das arme Mädchen!“ Auch sollen ihre Eltern wenige Jahre davor verschwunden sein. Das Jugendamt soll sich bis dahin um ihren Besitz gekümmert haben und dem Erbe das ihr hinterlassen worden war. Sie brach die Schule ab und fing an zu Arbeiten. Wie und wo, das fand sie nicht heraus, doch die Adresse von ihrem Elternhaus bekam sie ziemlich schnell heraus.
„Lissa? Über was freust du dich so?“
Sie warf ihm ein strahlendes lächeln zu und warf ihre Essensreste in den Müll. „Ich freue mich über unseren neuen Kurs.“
Bevor er nachfragen konnte fuhr sie eilig weg, so dass er dazu gezwungen war, sich schnell anzuschnallen.
Lächelnd schaltete sie das Radio an und tippte mit den Fingern im Takt. Nach einer dreiviertel Stunde, in der Cyrill beleidigt aus dem Fenster geblickt hatte, seufzte er.
„Okay, ich ahne wo unser Ziel ist. Jetzt ist nur mehr meine Frage, wie du es gefunden hast.“
Klarissa lächelte ihn stolz auf sich selbst an und hob die Schultern. „Ach weißt du... Etwas Magie hier und etwas Magie da und dann hat man schon den perfekten Lokalisierungszauber.“
Sie sah ihm an, dass er ihr kein Wort glaubte. „Wieso, sagst du es mir nicht einfach?“
Sie drehte am Lautstärkeregler leiser und seufzte. „Da du mir nicht gesagt hast, wie sie aufgewachsen ist, oder was ihr passiert ist, oder, oder, oder, muss ich dir genauso wenig etwas über meine Tricks sagen.“
Plötzlich stahl sich ein Lächeln auch auf seine Lippen und er schüttelte den Kopf. „Du bist einmalig, Lissa. Ich bin froh, das ich dich kennen gelernt habe.“
Sie streckte ihm die Zunge heraus und er lachte laut auf.
„Nun, gut. Da du mir keines von deinen Geheimnissen erzählst, muss ich es eben selbst heraus finden. Gib mir dein Handy!“
Sie reichte es ihm und grinste. „Viel vergnügen.“
Die nächsten Minuten verbrachte er schweigend damit, sich mit ihrem Handy zurechtzufinden.
Erst als sie bereits in der Straße einfuhren, in der Ezraela aufgewachsen war, warf er es fluchend in ihre Handtasche zurück. „Okay, ich gebe auf.“
„Ist auch besser so, wir sind bereits da.“
Mit einem prüfenden Blick, stieg er aus und seufzte laut.
Klarissa grinste breit und zuckte lediglich mit den Schultern, während sie die Einfahrt des zweistöckigen Gebäudes hinauf ging. Die Fassade war eindeutig vernachlässigt, so wie die Pflanzen im Vorgarten.
„Sie war schon lange nicht mehr hier.“ Murmelte sie und strich über den von Unkraut überwucherten Rosenbusch.
„Ezraela war schon lange nicht mehr hier.“ Bemerkte Cyrill und wiederholte somit ihre eigenen Worte.
Das sah sie auch. Jedoch wo sollte sie sonst anfangen? Sie konnte Ezraela nicht spüren und wusste nichts über das Mädchen. Also musste sie so anfangen wie sie es als fast menschliches Wesen kannte.
Mit einer sanften Berührung der Türschnalle schwang diese wie von selbst auf, als ihr plötzlich ein ekelhafter Geruch entgegen schlug.
„Verdammt!“ Sie erbrach ihren Kaffee in einem Gebüsch und sofort war Cyrill neben ihr. Er hielt ihr das Haar zurück und sprach beruhigende Worte.
Als sich ihr Magen besser fühlte, wagte sie den zweiten Versuch. Mit unsicheren Schritten betrat sie das verwahrloste und modernde Haus.
„Was ist hier passiert?“
Cyrill deutete auf Spuren, die anscheinend überhaupt nicht mehr da waren. „Dort hat sie einige Zombies erschlagen, die sich hier eingenistet hatten. Darunter auch ihren besten Freund. Und dort hinten liegen ihre Eltern.“
Er deutete auf zwei wunderschöne elfenbeinfarbene Särge mit schweren Ketten darum herum. Staunend folgte sie dem Geruch zur Quelle, die eindeutig die beiden verwesenden Vampire waren und schüttelte betroffen den Kopf.
Diese Vampire waren verbannt worden, da sie anscheinend gegen irgend ein Gesetz verstoßen hatte. Klarissa selbst kannte sich mit den Gepflogenheiten und den Gesetzen der Vampire nicht so sehr aus, daher konnte sie nur Raten das sie gegen irgendetwas verstoßen hatten.
Prüfend suchte sie das Zimmer nach den Schlüsseln der Särge um und fing dabei den unsicheren Blick von Cyrill ein.
„Was jetzt? Was suchst du? Ezraela ist Kilometer weit von uns entfernt. Warum vertrödeln wir unsere Zeit hier?“
Mit einem sanften Lächeln, legte sie ihm ihre Handfläche auf den Brustkorb und blickte zu ihm hoch.
„Es kommt darauf an. Hilfst du mir, ihrer Spur zu folgen, die sie gezogen hat, oder willst du nur, dass wir ihr weiter kreuz und quer durch das Land folgen.“
Cyrill überlegte für einen Moment, dann legte er ihr beide Arme um die Taille um sie zu umarmen.
„Ich mag es nicht wenn du mich ausschließt. Das verletzt mich.“
Er sagte es zwar mit einem Lächeln im Gesicht, doch in seinen Augen erkannte sie, dass er es ernst meinte.
„Dann hör auf dich wie ein kleines Kind aufzuführen und erzähl mir etwas über sie.“
Mit einem Seufzen ließ er den Kopf hängen und legte seine Stirn gegen ihre. „Da ist ja das Problem. Ich weiß es nicht. Mir wurde nur gesagt, das ich sie finden muss und das ich sie auf den richtigen Weg zurückführen soll. Sonst weiß ich nur, dass sie Probleme mit einem Dämon hatte und für &gt;die Organisation< arbeitet.“
Begeistert klatschte sie in die Hände. „Na geht doch! Was war daran denn so schwer? Wie heißt der Dämon?“
Lissa lief in die Küche und kramte dort in den Regalen herum. „Es ist Räum, warum?“
Mit einem Triumpfschrei kam sie wieder hoch und zeigte ihm stolz zwei Päckchen mit Salz.
„Weil wir ihn befragen.“
Überrumpelt über den Gedanken, das sich ein Halbengel an einer Dämonenbeschwörung beteiligt, musste er sich erst gegen den Tresen lehnen, der voller Blätter und Scherben des zerbrochenen Fensters war.
„Was? Das ist doch nicht dein ernst! Das >kann< überhaupt nicht dein ernst sein!“
Klarissa lächelte breit. „Natürlich ist das mein Ernst, mein Guter. Warum sollte ich unbedingt vor einem Engel so einen Witz bringen?“
Mit einem Besen den sie in einem kleinen Abstellraum gefunden hatte, kehrte sie den angesammelten Dreck weg um eine ebene Fläche zu bekommen. Mit einem Messer ritzte sie in die rechteckigen Fliesen tiefe Kerben, die schlussendlich einen Kreis ergaben. Genervt warf sie das Messer weg, als es abgenutzt war und seinen Zweck nicht mehr erfüllte und griff nach dem nächsten, während sie sich tausende von Gründe anhören musste, von Cyrill, warum sie keinen Dämon beschwören sollte.
Als sie es endlich schaffte den Bannkreis in den Boden zu ritzen, ließ sie sich schnaufend und mit einem Krampf im Arm auf den Boden sinken.
„Puh, ich hasse es, wenn ich keine Kreide habe...“
Entsetzt blickte Cyrill Klarissa an. „Machst du das etwa öfters?“
Betreten wich sie seinem Blick lange genug aus, um sich zu erinnern, dass sie ja noch sein Siegel in die linke untere Ecke ritzen musste. „Nun, ja. Nicht so oft wie du vielleicht denkst, aber ja. Hin und wieder beschwöre ich mir niederrangige Dämonen, die mir helfen meine Daten zu ändern und mir mit meinen Möbeln helfen. Entschuldige, aber ich bin kein Engel und ich finde manche von den Dämonen echt niedlich. Wenn man weiß wie, dann kommt man gut mit ihnen zurecht!“ Verteidigte sie sich und rümpfte dabei die Nase.
Cyrill wich noch weiter von dem Pentagramm zurück und sie konnte sehen, wie es ihm die Härchen aufstellte. Sie verstand seine Abneigung nur zu gut. Als ihre eine Feenfreundin ihr davon berichtete, dass sie dasselbe schon seit Jahrhunderten tat, musste sie es einfach ebenfalls lernen. Einem Dämon einen Auftrag zu erteilen, war viel einfacher und vor allem günstiger, als einen Menschen darauf anzusetzen und ihm auch noch irgendwelche Ausreden aufzutischen. Wenn Cyrill das nicht verstand, dann war das in ihren Augen sein Pech.
„Lissa! Das ist einfach fürchterlich! Wenn du auch nur den leisesten Fehler machst, dann kann es dir dein Leben kosten. Dämonen sind unberechenbar! Warum tust du nur so einen Blödsinn?“
Klarissa musste über das Wort >Blödsinn< kichern. Ein Engel der versuchte nicht zu fluchen und verniedlichte Wörter benutzte, war einfach zu witzig.
„Lach mich nicht aus! Lissa ich meine das ernst!“ Sein Blick ebenso ernst, wie seine Stimme es vermuten ließ. Beschwichtigend umarmte sie ihn und tätschelte seinen Rücken. „Nun, gut. Dann viel Spaß beim versuch deinen Engel sein Herz wieder zu geben. Ich fahr derweilen wieder nach Hause. Sag mir dann wie es ausgegangen...“ Genervt hielt er ihr den Mund zu und sie musste herzhaft lachen. Es tat gut, mit jemanden einfach so herumalbern zu können. Jemanden der um ihre Herkunft und ihr Wesen wusste.
„Hach, ich verstehe plötzlich, warum meine Mutter meinte, dass du ein schlechter Umgang für mich wärst.“
Begeistert umarmte sie ihn und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Das heißt dann das du mir hilfst?“ Fragte Klarissa begeistert.
Sofort hob er abwehrend die Hände und wandte sich vom Pentagramm ab. „Was? Nein! Nie im Leben. Ich rühre nicht einen Finger für dein dummes und unüberlegtes Ritual. Ich bleibe genau hier stehen und wenn er mich nur schräg ansieht, werde ich ihn verbannen!“
Lissa nickte zufrieden und begann damit ihren Körper zu entspannen. Cyrill sah ihr dabei zu, wie sie noch einige Siegel in das Pentagramm ritzte. Als sie fertig war, begann sie in einer rhythmischen Melodie zu sprechen an. Ob es Worte oder einfach nur Geräusche waren, konnte er nicht sagen. Jedoch faszinierten sie ihn, wie sündig sie dabei aussah. So konzentriert, als wäre sie vollkommen in ihrem Element.
Cyrill hatte nicht erwartet, jemals eine Fee dabei zu beobachten, wie sie einen Dämon zwecks einer Befragung beschwört.
Jedoch vor allem hätte er nicht erwartet, dabei anwesend zu sein.
Als sich langsam ein Schatten in der Mitte des Pentagramms bildete, wurde seine Aufmerksamkeit, von der seltsamen Ausstrahlung angezogen, die sich plötzlich im Raum ausbreitete. Nur eine Sekunde später, stand mitten im Pentagramm eine schwarze Krähe und schrie empört auf, während sie aufgebracht mit den Flügeln wackelte.
Ihr schwarzer Schnabel, hackte auf die Fliesen ein, als würde es diese zerstören wollen. Als sie merkte, dass sie das nicht schaffen würde, explodierte sie plötzlich...
Entsetzt schrie Lissa auf und hielt sich beide Hände vor den Mund. Cyrill sprang auf sie zu und nahm sie schützend in den Arm. Eigentlich hatte er erwartet, dass er nun voller Federn und Innereien sein würde, doch das Pentagramm leuchtete hinter ihm leicht auf und fing die umher schwebenden Federn ab. Immer schneller bewegten sich die Federn und Cyrill konnte nicht anders als erstaunt dabei zuzusehen, wie sie sich wieder fanden und langsam die Form eines Menschen annahmen.
„Also, noch einmal! Was fällt euch zur Hölle noch einmal ein! Wie könnt ihr es wagen mich einfach zu beschwören! Ich bin mittlerweile ebenso ein Lebewesen der Erde wie ihr! Ich habe Rechte! Ich habe...“
Mit einer Handbewegung unterband Lissa die aufgebrachte Schreierei des Dämons, dessen Augen wütend gelb funkelten.
Als er merkte, das er nicht mehr sprechen konnte, wirkte er nur noch zorniger.
„Also gut. Ich habe nur ein paar Fragen, danach kannst du dort hin zurück, woher ich dich auch immer geholt habe, in Ordnung?“
Der schwarzhaarige Dämon atmete tief ein und massierte sich die Schläfen bevor er etwas ruhiger nickte.
„Gut, was wollt ihr Fragen? Nichts kann so wichtig sein, dass ihr mich mitten aus einer Besprechung beschwört.“
Erst jetzt fiel Cyrill auf, dass der Dämon einen schwarzen Anzug mit Krawatte trug und im großen und ganzen, tatsächlich sehr... menschlich wirkte. Zumindest wenn man den wütenden Gesichtsausdruck und die gelben Augen ignorierte. Und vor allem wenn man darüber hinweg sah, das sich der Dämon aus den Federn einer einzigen kleinen Krähe gebildet hatte.
„Warte... Du hast dich bereits in unserer Dimension manifestiert?“
„Gut erkannt Sherlock! Und das schon seit Jahren.“
Wer war Sherlock? „Ich heiße Cyrill und bin der Sohn eines Erzengels! Sprich mit etwas mehr Respekt, Dämon!“ Er sprach das letzte Wort wie eine Beschimpfung aus. Jedoch hatte er nun die volle Aufmerksamkeit des Dämons, dieser plötzlich breit zu lächeln anfing.
„Ein Engelbastard! Wie niedlich. Wie komme ich denn zu dieser Ehre?“ Wie konnte es diese Abscheulichkeit nur wagen ihn als einen Bastard zu beschimpfen? Drohend breitete er seine Flügel aus und knurrte. Lissa, die er immer noch fest im Arm hielt, zuckte erschrocken zusammen und starrte ihn entsetzt an.
„Okay, >das<“ sie zeigte auf Cyrill „besprechen wir später, junger Mann! Jetzt zu dir und hört sofort auf euch mit Blicken zu töten!“
Der Dämon fing an zu kichern und wandte endlich wieder ihr seine Aufmerksamkeit zu.
„Ich will sofort wissen, was du uns über deine Beziehung zu Ezraela sagen kannst.“
Der Blick des Dämons änderte sich von belustigt in vorsichtig. Etwas verunsicherte schien ihm eine Erkenntnis zu kommen und er verschränkte abweisend die Arme vor dem Oberkörper.
„Vergiss es kleine Dunkelfee. Ich werde über alles sprechen, doch bestimmt nicht über Erza.“
Nun war es an Cyrill Klarissa entsetzt anzusehen. Verdammter Dämon! Dachte sie und befreite sich von Cyrills Armen.
„Du wirst mir sagen was ich wissen will Dämon! Sofort!“
Räum währte sich noch etwas, doch dadurch das sie ihn unter Kontrolle hatte und er ihren Befehlen Folge leisten musste, antwortete er.
„Ich war damals derjenige, der ihre Klasse ausgelöscht hat. Durch dieses Opfer konnte ich mich in eurer Welt manifestieren. Seitdem sind wir uns hin und wieder über den Weg gelaufen.“ Klarissa wusste, das er nicht die ganze Wahrheit sagte, doch sie erinnerte sich an etwas das sie vorher schon einmal gehört hatte. „Das heißt... Sie ist dein Anker, oder? Du Mistkerl! Wusstest du denn wer sie ist?“
Schelmisch verzog er das Gesicht und lächelte wieder. „Vielleicht. Jedoch wusste ich nicht, das sie ein Engel ist. Zumindest wusste ich es zu diesem Zeitpunkt auf dem Bauernhof noch nicht. Die Erkenntnis traf mich erst einige Jahre später als sie... reifer wurde...“
Die Zweideutigkeit in der Stimme des Dämons, ließ Cyrill den Verstand verlieren. Er nahm Klarissa eines der Salzpäckchen ab, die sie aufgehoben hatte und warf eine Handvoll davon auf den Dämon. Unter Schmerzen ging dieser zu Boden und jaulte auf.
Cyrill fühlte sich nun etwas besser. Im Grunde war sein Charakter nicht so, dass er es mochte anderen Schmerzen zuzufügen, doch bei so etwas widerwärtigen wie einem Dämon, machte er gerne Ausnahmen.
„Okay, das reicht. Sag uns wo wir sie finden können!“ Brüllte Lissa über seine wüsten Beschimpfungen hinweg.
„Als würde ich das freiwillig tun, Miststück!“
Das war zu viel für Cyrill und er stürzte sich über das Pentagramm hinweg auf den Dämon im Anzug. Für einen Moment leuchtete das Pentagramm abermals auf bevor es eine der Fliesen brach und das Pentagramm seine Macht verlor.
Empört schrie Klarissa auf und warf die Hände in die Luft. Was sollte das denn? Sie hatte sich so viel Mühe gegeben um den Dämon zu beschwören und nun konnte er machen was er wollte. Nicht einmal die Wahrheit sagen musste er mehr.
„Männer!“ Sie waren doch alle gleich. Cyrill und Räum kugelten sich am Boden herum und hämmerten mit Fäusten aufeinander ein. Hin und wieder hörte sie sogar einen Knochen knacken. „Hört sofort auf! He!“ Niemand beachtete sie.
Beleidigt wandte sie sich von den Bein- und Händegewirr ab und stieg wieder ins Auto.
Gerade im selben Moment, wo sie den Wagen startete, viel etwas Schweres auf ihr Auto und hinterließ eine Delle. „Was! Ihr... Mein Auto!“ Klarissa würgte das Auto wieder ab und sprang aus dem Auto. Sie wollte gerade die beiden Männer anbrüllen, als sie rote Augen anstarrten.
Mit einem Schrei wollte sie weglaufen, doch der Vampir packte sie an der Kehle und zog sie auf Augenhöhe, sodass sie einen Meter in der Luft hing.
„Was machst du mit meinem Zuhause! Wer bist du?“
Erst jetzt sah Klarissa die mächtigen Flügel die hinter der dunkel brünetten auftauchte und wollte etwas sagen, doch sie konnte nicht. Ezraela hielt sie so stark fest, dass sie nichts mehr sagen konnte. Erst als sie der Ohnmacht nahe war, ließ Ezraela sie los. Mit einem Schrei wurde sie gegen den Lattenzaun geschleudert und ein heißer Schmerz breitete sich durch ihren Körper aus.
Nur einen Sekundenbruchteil später stand der Engel über ihr und fixierte sie mit ihrem Blick.
„Ich frage niemals ein zweites mal!“
Klarissa hob die Hand und zeigte in Richtung des Hauses. „Cyrill und ich suchen dich... Ein Dämon... Sie kämpfen... Räum...“
Bei dem Namen von Räum, veränderte sich ihr Blick von drohend zu wütend. Mit einem lauten Aufschrei, stürzt sie an Klarissa vorbei und ins Haus hinein.

Neue alte Gefühle

Karissa zog sich auf und zog Splitter aus ihrem Rücken. „Verrückte!“ fluchte sie und stoppte die Blutung mit etwas Magie. Hustend erhob sie sich und humpelte hinein in das Haus. Cyrill lag bewusstlos neben dem Eingang.
„Cyrill!“ Klarissa betastete ihn nach Brüchen, doch die waren alle schon wieder verheilt. An seinem Oberschenkel spürte sie einen Bruch, der nicht richtig verwachsen war und die Blutung behinderte. „Das wird jetzt etwas weh tun, Cyrill.“ Mit zu gemachten Augen, brach sie dieselbe Stelle noch einmal, was ihn aus seiner Ohnmacht riss.
„Verdammt, warum hast du das gemacht!“ Cyrill schrie von schmerzen, doch Klarissa hielt sein Bein unerbittlich fest, damit es richtig Heilte. „Es war falsch geheilt. Ich musste ihn noch einmal brechen, damit keine bleibenden Schäden sind.
Cyrill zog sich an der Wand hoch, sodass er aufrecht saß und sein Bein sehen konnte. Es lag auf Lissas Schoß und sie hielt es etwas schräger. Er konnte fühlen wie langsam der beißende Schmerz leichter wurde und er sein Bein wieder bewegen konnte.
„Danke!“ murmelte er und beobachtete sie dabei, wie sie sich über sein rechtes Bein hinweg stieg und sein linkes von unten nach oben abtastete.
Erst als er merkte, dass sich bei ihm etwas rührte, packte er ihre Hand und atmete tief durch.
„Alles in Ordnung? Ich kann keinen Bruch spüren...“ Er winkte ab und ließ ihre Hand wieder los.
„Das ist es nicht. Ich bin ein Mann und deine Hand ist schon... ziemlich hoch.“
Kichernd entschuldigte sie sich und begann seine Rippen abzutasten.
„Ich vergesse immer, das du ja auch nur ein Mann bist.“
Gespielt beleidigt blickte er zu ihr hoch. „Was soll das denn heißen? >Nur< ein Mann! Pah...“
Lissa lachte und strich ihm ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Mach dir nichts daraus. Wir alle haben unsere Macken.“
Lachend sprang sie von ihm fort, damit er sie nicht erwischte und er folgte ihr in die Küche.
„Und ich dachte schon, vorher sah es verwahrlost aus.“ Murmelte Lissa und betrachtete das hinterlasse Chaos.
Plötzlich kam der obere Stock herunter und Cyrill warf sich schützend über Lissa.
„Du verdammter Arsch! Ich werde dir lehren, wie man sich zu verhalten hat!“ Ertönte eine so helle Stimme, dass der unterschwellige bösartige Ton überhaupt nicht dazu passte.
„Es war ein Befehl von meinem Erschaffer. Dagegen kann ich mich nicht wehren. Es war ohnehin mein letzter Befehl, warum bist du so sauer darüber?“
Die Stimme klang wiederum eher als würde sie um das Bewusstsein kämpfen, doch Cyrill konnte unter dem ganzen Staub und den Trümmern die über ihm lagen, nichts erkennen.
„Cyrill?“ Die Stimme von Lissa erklang direkt neben seinem Ohr.
„Ich bin hier, Liebes. Ist alles in Ordnung?“ Er hievte sich etwas in die Höhe, damit er sie nicht mit seinem Eigengewicht erdrückte und fühlte ihre Hände an seinem Oberkörper. „Wo sind wir?“ Sie war wohl zu hart am Boden aufgekommen.
„Noch im Haus. Die Decke zum Obergeschoss ist herunter gefallen. Ezraela zeigt Räum wohl gerade was sie von seinem Verrat hält.“
Hustend lachte sie unter ihm. „Lissa? Bist du verletzt? Ich taste dich ab, in Ordnung?“
„Okay, aber lass deine Finger von meinen Brüsten.“
Lachend tastete er ihre Rippen ab, doch fand nichts. „Kannst du dich bewegen?“ Sie bewegte sich unter ihm und er bemerkte erst jetzt, das sie unter ihm lag. Er fühlte wie sein Körper zu kribbeln anfing und versteifte sich.
Plötzlich stürzten so viele Gedanken auf ihn ein, dass ihm schwindelig wurde. Oder lag das nur am Sauerstoffmangel der sich langsam ausbreitete. Die Last der Decke lag immer noch auf seinem Rücken, doch er konnte sich nicht bewegen, da er Angst hatte, dass ein Trümmer sonst Lissa treffen könnte.
„Cyrill?“
„Ja?“
„Ich denke nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist.“
Verwirrt blickte er zu ihr hinunter, bevor ihm einfiel, dass sie ihn nicht sehen konnte. „Was meinst du?“
Sie hob ihr Bein etwas und er verstand was sie meinte. „Tut mir leid, ich habe darüber keine Kontrolle.“
Abermals ertönte ein Krachen und das Gewicht auf seinen Rücken verschob sich. Jetzt hatte er bessere Chancen heraus zu kommen, ohne sie beide zu gefährden.
„Leg dich so weit nach links wie du kannst.“ Er verlagerte das Gewicht nach rechts, wo es von seiner Schulter rutschte und er es ohne Probleme weg stemmen konnte. Als er sich umdrehte, stand Ezraela hinter ihm und hielt das Obergeschoss, so dass er und Lissa darunter hervor kommen konnten.
„Danke, Ezraela.“
Sie blickte ihn und Lissa skeptisch an. Cyrill ließ seinen Blick schweifen und fand Räum den Dämon, ziemlich zugerichtet hinter sich liegend auf dem Boden. Ob er tot oder einfach nur bewusstlos war, konnte er nicht sagen.
„Woher kennt ihr mich?“ Fragte sie mit einem drohenden Blick.
„Ich bin Klarissa, eine Fee und das ist Cyrill der Sohn eines Erzengels. Er wurde geschickt um dir zu helfen.“ Lissa sprach eher vorsichtig, als wollte sie ein scheues Reh nicht verschrecken.
„Ich brauche keine Hilfe. Außerdem habt ihr mir schon geholfen und habt dieses Arschloch dort beschworen. Ich konnte spüren wie ihr ihn kontrolliert habt und bin so schnell ich konnte her geflogen. Ich suche ihn schon seit Stunden. Er hat mir das angetan!“ Sie zeigte auf sich selbst.
Cyrill musterte sie von oben bis unten. Ihre Haut war bleich wie die eines Vampirs, ihre Haare erstrahlten in demselben Braunton, das etwas Silbernes in sich hatte und etwas skurril wirkte. Das hatte sie eindeutig von ihrem Vater. Lächelnd über den Vergleich betrachtete ihre roten Vampiraugen, ihre ausgefahrenen Reißzähne und die hellroten Flügel die hinter ihr aufragten.„Ezraela... Das war nicht er, sondern das bist wirklich du! Dein Vater war ein Engel. Er wurde gesandt um dich zu zeugen und kehrte nie wieder zurück. Wir denken, es hat seine letzte magische Energie gekostet und er verstarb. Anscheinend hatten wir recht, denn du hast seine Energie aufgenommen und bist seine Nachfolgerin geworden.“
Er legte ihr beide Arme auf die Schultern und blickte sie streng an. „Ich weiß das hört sich seltsam an, doch es ist die Wahrheit. Ich wurde geschickt um dir zu helfen, dich selbst zu finden.“
„Mich selbst zu finden?“ Cyrill nickte und im nächsten Moment fiel sie ihm in die Arme. Überrascht zuckte er zusammen, doch drückte sie dennoch.
Lissa die neben ihm stand, lächelte ihm aufmunternd zu.
„Es ist gut. Ich werde dich nach Hause bringen. Ich bringe dich dort hin wo du hingehörst.“
Sie nickte an seiner Schulter, doch er konnte kein Weinen oder sonst etwas wahrnehmen.
Er erinnerte sich daran, dass ihr noch das Herz fehlte und drehte sie in Richtung des Dämons. „Ezraela, hör zu. Räum hat dir dein Herz heraus gerissen. Wir müssen es vorher wieder finden, weißt du wo es sein könnte?“
Sie schüttelte den Kopf .Nein, ich habe vorhin versucht es aus ihm heraus zu prügeln, doch er weiß nicht wo man Belial finden kann. Sie hat es jetzt.
Belial, ein Dämon den er nicht gerne begegnete. Dieser Dämon hatte damals in der Schlacht um die Erde mehrere Engel und sogar Erzengel auf dem Gewissen.
Sie war ein sehr talentierter und gefährlicher Dämon.
„In Ordnung. Ich komme gleich wieder. Versucht ihn wieder zu Bewusstsein zu bekommen.“
Der rote Engel und Lissa nickte, während er nach draußen verschwand um über seinen Ring Kontakt mit seiner Mutter aufzunehmen.

Klarissa blickte Cyrill hinterher und lächelte. Er hatte sich so fürsorglich um Ezraela gekümmert, das fand sie schon wieder niedlich.
Sie half Ezraela den bewusstlosen Räum auf einen noch ganzen Sessel zu hieven und sah ihr dabei zu, wie sie auf ihn einredete.
Als er langsam die Augen öffnete, zeichnete sich sofort ein Lächeln auf seine Lippen ab. Räum streckte eine Hand nach ihr aus und streichelte sanft die Wange von Ezraela. „Mein Engel...
Ohne darauf vorbereitet zu sein, traf ihm ein Schlag im Gesicht, der ihn vom Stuhl schleuderte und er fing laut an zu lachen. Wie von Sinnen griff er sich an sein gebrochenes Jochbein und spuckte einen Knochen aus.
„Das habe ich wohl verdient.“ Nuschelte er und setzte sich auf den Stuhl zurück.
„Fass mich noch einmal an und du spuckst deine Nüsse durch den Mund aus und nicht nur einen Knochen.“ Die Drohung schien er nicht ernst zu nehmen, sondern lächelte darüber.
„Für dich würde ich alles tun, meine Schönheit.“
Wütend fauchte sie ihn an und holte für den nächsten Schlag aus. Sofort sprang Klarissa dazwischen und hielt sie auf. „Hör auf, das ist doch was er möchte. Wenn er tot ist, nützt er uns nichts.“
Wutendbrand blickte Ezraela zwischen ihr und dem Dämon hin und her, bevor sie nickte. „Gut, aber nur weil ich mein Herz zurück möchte.“
Nickend ließ sich Klarissa zwischen den Dämon und Ezraela sinken und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Wo finden wir Belial?“
Er blickte sie nur starr an, doch antwortete nicht. Klarissa ließ einen Schwall Energie durch seinen Körper fließen, das für einen Dämon wie ein Elektroschock sein musste und dieser fing an zu schreien vor Schmerzen.
„Wo finden wir Belial? Wofür braucht sie das Herz?“ Der Dämon hob abwehrend die Schultern. „Woher soll ich das wissen? Ich führte damals nur Befehle aus.“
Abermals schickte sie einen Energieschwall durch dessen Körper.
„Wo finden wir sie?“
Ezraela schob Klarissa weg und schnaufte genervt. „So, du kennst mich. Ich frage nur ein einziges mal. Entweder sag uns was du weißt, oder ich werde dich töten.“
Ohne darauf vorbereitet zu sein, zog er sie plötzlich an sich und sie schrie überrascht auf. Er drückte seine Lippen auf die ihren, ohne auf ihre Proteste zu achten und küsste sie.
Nach kurzer Zeit gab Ezraela auf und erwiderte seinen Kuss. Klarissa zog überrascht die Augenbrauen hoch und sie fühlte wie ihr Unterkiefer hinunter sackte.
Ezraelas Hände schoben sich ins Haar von Räum, dessen Hände schon unter ihrem zerrissenen Shirt verschwunden waren.
Überrascht von dem was sich vor ihr bot, wandte sie den Blick ab. Wo war nur Cyrill, wenn man ihn brauchte?
Plötzlich fühlte sie, wie ein Herzenswunsch zu ihr durchdrang. Der erste seit Jahren, den sie wahr nahm.
Er kam von Räum. Sie konnte seine gemischten Gefühle ohne Probleme wahr nehmen. Konnte fühlen wie sehr er sie begehrte und liebte. Wie sehr er sich wünschte, dass Ezraela nur ihn liebte. Er wünschte sich eine gemeinsame Zukunft mit ihr und würde dafür alles tun.
Er würde sogar so weit gehen, dass er ihr das Herz heraus riss um ihre Gefühle von neuem erwachen zu lassen. Ohne verurteile, ohne Beeinflussung durch andere Männer.
Klarissa fühlte einen Schwindel von den vielen und vor allem starken Gefühlen aufkommen.
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Cyrill vor sich. „Hi, liebes. Was ist passiert?“
Plötzlich kam ihr die Erkenntnis, das Cyrill ein Kosewort für sie benutzte und lächelte. Sie legte beide Arme um seinen Hals und drückte sich fest an ihn. Er erwiderte die Umarmung sofort. Wie selbst verständlich.
Nein, er war bestimmt nicht mehr der kleine süße Engel von damals. Er war eindeutig ein Mann geworden. Ein Halbengel, der an ihrer Seite war. Selbst um eine Mission zu erfüllen war er bei ihr. Er hatte immer irgendwie sie gewählt.

Die Jahrtausende alte Liebe, die Räum für Ezraela empfand, hatte sie anscheinend überwältigt.
„Was ist passiert? Ich habe dich auf einmal einfach umfallen sehen.“ Dann hatte er die Knutscherei von Ezraela und Räum also nicht bemerkt. Mittlerweile stand auch Ezraela wieder auf der anderen Seite des Raumes und tat, als würde sie Räum überhaupt nicht bemerken.
Sie fühlte den Schmerz den Räum über die Abweisung von Ezraela empfand.
Sie wünschte sie könnte ihm helfen, doch das war etwas was sie niemals tun würde. Einen Herzenswunsch von einem Dämon nachhelfen.
„Es war nur... Es ist nur so viel passiert, ich denke das war zuviel für mich.“
Cyrill nickte, doch war immer noch verwirrt über ihre plötzliche überschwängliche Umarmung. Es sah kurz zu Räum, der den Boden genau betrachtete und danach zu Ezraela, die alles sah, nur aus irgendeinem Grund nur nicht Räum. Er hatte irgendwie den Verdacht, das er etwas verpasst hatte, während er versucht hatte seine Mutter zu erreichen, doch wusste auch, dass wenn er nachfragen würde, er doch keine Antworten erhalten würde.
Er sah hinunter zu Lissa die mit geschlossenen Augen an seiner Schulter ruhte und sanft seinen Nacken streichelte. Irgendetwas war plötzlich anders an ihr. Ihre Ausstrahlung wirkte wie verändert. Die menschliche Welt war wirklich skurril für ihn. „Habt ihr etwas aus ihm heraus bekommen?“ Ezraela warf einen vernichtenden Blick zu Räum und schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich weiß wo wir nachfragen können. Belial hatte für einige Jahre die adeligen Vampire unter Kontrolle. Ich war erst vor kurzen bei ihnen als mich ihr Sammlerdämon zu seinen Werken hinzustellen wollte.“
Überrascht blickte er sie an und seufzte. „Das fängt ja gut an. In Ordnung, wir gehen dort hin. Wie lange brauchen wir?“
Ezraela hob die Schultern. „Vielleicht drei Stunden wenn wir selbst fliegen. Mit dem Auto jedoch einen ganzen Tag, da sich das Schloss auf einer Insel befindet, wo nur alle paar Stunden ein Schiff fährt. Das letzte fährt um sieben am Abend. Das schaffen wir mit dem kleinen Grashüpfer dort draußen niemals.“
Cyrill nickte und dachte nach.
„Dann würde ich vorschlagen, du versiegelst den Dämon, wir suchen uns ein Motel zum Übernachten und fahren morgen schon in aller früh.“
Ezraela verzog das Gesicht aber nickte. „Gut, doch wir haben noch ein Problem. Wie versiegle ich ihn?“
Cyrill lachte und erklärte ihr was sie tun musste. Sie ritzte ein Symbol auf ihre Haut ein und brannte es danach in die Haut vom Dämon ein. Das Blut von Engeln war wie Gift für diese. Sie drückte ihre Handinnenfläche auf seinen Handrücken und somit war er durch das Engelssymbol an sie gebunden, bis sie selbst es heilte. „Jetzt kann er sich nicht mehr als zwanzig Meter von dir entfernen, ohne Schmerzen zu erleiden.“
Ezraela lächelte breit. „Das merke ich mir.“
Cyrill kicherte ebenfalls und drückte Lissa einen Kuss auf die Stirn. Sie kuschelte sich noch fester an ihn und er musste noch breiter lächeln. Sie musste fix und fertig sein. Immerhin hatte sie eine vierundzwanzig Stundenschicht hinter sich und war mit ihm die ganze Zeit unterwegs. Irgendwann musste doch ihr Körper schlapp machen.
„Ich kenne ein Hotel in der Nähe des Hafens. Dort können wir übernachten und etwas essen.“
Cyrill stimmte zu und deutete dem Dämon in Richtung des Autos zu gehen.
„Ich sitze hinten mit Lissa.“ Beschloss Cyrill sofort.
Ezraela setzte sich direkt hinter das Steuer und gab Gas. „Das Auto ist winzig!“ Beschwerte sie sich und rückte mit dem Sessel hin und her.
„Aber immer noch größer als dein Motorrad!“ Gab Räum schelmisch zurück.
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und er sah eilig wieder aus dem Fenster.
Cyrill merkte wie sich auf seinen Lippen ein Lächeln ausbreitete und sein Blick von Lissa abermals angezogen wurde.
Sie war beim Einsteigen zwar kurzzeitig aufgewacht, doch als er sich neben sie gesetzt hatte, war sie sofort wieder in einen tiefen Schlaf gesunken. Nun lag sie in seinen Armen und er streichelte geistesabwesend ihr Haar.
Daran konnte er sich gewöhnen. „Starr mich nicht so an.“ Erschrocken zuckte er zusammen und lachte.
„Seit wann bist du wach?“
Sie hob die Schultern und grinste. „Wer sagt, das ich geschlafen habe?“
„Weil du sonst niemals freiwillig in meinen Armen gelegen wärst.“ Gab er zurück und zwinkerte ihr zu.
„Welche Frau, würde sich nicht wünschen in den Armen eines gut aussehenden Engels zu liegen?“
„Zum Beispiel Frauen wie du, die keine Engel leiden können.“
Sie zupfte an seinen Stirnfransen und blickte ihn ernst an. „Vielleicht gibt es ja ausnahmen.“
„Was? Engel die keine Arschlöcher sind, oder Engel, die du eventuell mögen könntest?“
Sie überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Nein... Egal ob Erzengel, Engel oder Halbengel, sie sind alle Arschlöcher. Doch einen dieser Arschlöcher könnte ich vielleicht ein kleines bisschen mögen. Zumindest, solange er mir nicht in den Rücken fällt und mir die Wahrheit sagt.“
Cyrill verzog das Gesicht, da er wusste das sie ihn meinte, doch ging trotzdem auf das Spiel darauf ein. „Ich bin mir sicher, dass du voll und ganz das Vertrauen deines Engels besitzt. Jedoch kann er sich vielleicht keinen Reim darauf machen, warum du ihn immer weg stößt obwohl du ihn leiden kannst.“
Räum wandte sich ihnen auf den Rücksitz zu und grinste breit. Gerade als er ansetzen wollte etwas zu sagen, griff Ezraela nach dem Wischtuch das neben der Gangschaltunglag und stopfte es ihm in sein breites Grinsen. Angewidert spuckte er es wieder aus und sie begannen zu streiten.
Lachend setzte sich Lissa auf und Cyrill wusste, dass der kurze Moment vorbei war, auch wenn Ezraela versucht hatte ihn zu retten. Verdammter Dämon! Er widmete seine Aufmerksamkeit wieder den vorbeiziehenden Umgebung.
„Können wir dann bald einmal halten um zu essen? Ich bin vielleicht ein Gefangener, doch verspüre dennoch bestimmte gelüste.“
„Ich wäre auch dafür, denn ich habe einen langen Tag hinter mir.“ unterstützte ihn nun auch Lissa.
„Okay, ich halte dort vorne.“
Als sie sich satt gegessen und auch getankt hatten, fuhren sie weiter. Die Fahrt dauerte den ganzen Tag und Cyrill hielt den verdammten Dämon kaum noch aus. Jetzt musste er noch eine ganze Nacht überstehen, eine Schiffsfahrt und einen Besuch bei einer Vampirkönigin. Das konnte eine viel zu lange Zeit werden. Stöhnend legte er den Kopf zurück und betrachtete das Autodach.
Ezraela, die diesmal neben ihm auf der Rückbank saß, blickte ihn forschend an. „Alles in Ordnung?“
Er nickte. „Ja, ich musste nur gerade daran denken, wie lange ich noch >seine< Nähe ertragen muss.“
Ezraela nickte verstehend. „Keine Sorge. Es wird einfacher mit den Jahren. Ich konnte ihn auch nie leiden. Es gab nur eine ganz kurze Zeit, wo ich ihn mochte, doch diese Zeit war wie ein Wimpernschlag in Anbetracht dessen was er mir mein ganzes Leben angetan hat.“
Cyrill legte seine Hand auf ihre und drückte sie um ihr zu zeigen, dass er verstand was sie meinte.
„Aber zwischen euch gibt es trotzdem einen Unterschied. Mit ihm gehe ich bestimmt nicht ins Bett.“ Witzelte der Dämon vor ihm.
Seufzend trat er >zufällig< gegen den Rücksitz.
„Hör sofort auf damit!“ Schimpfte Lissa.
„Tut mir leid.“ Er wusste nicht das ein Mensch so empfindlich auf sein Auto reagieren konnte. Sie warf ihm einen flüchtigen verwirrten Blick zu. „Mit dir rede ich nicht. Ich meine Räum.“
Sofort machte er einen prüfenden Blick nach vorne, doch konnte nichts erkennen was sie stören könnte.
„Was mache ich denn?“
„Na was denn? Ich bin eine Fee und du bist ein Jahrtausende alter verbitterter Dämon! Was könnte mich da wohl stören?“
Plötzlich stieg röte in die Wangen des Dämons und er wirkte unsicher. Cyrill hatte noch nie einen Dämon gesehen, dem etwas peinlich war.
„Ich wusste nicht, dass du auch Dämonen fühlen kannst.“
Sie hob abweisend die Schultern, als der Dämon auflachte. „Also stimmt das Gerücht!“
„Halt den Mund! Wenn du es jetzt laut sagst, dann sage ich auch dein Geheimnis.“
Der Dämon warf ihr einen beleidigten Blick zu doch nickte dann.
Ezraela und Cyrill blickten sich verwirrt an. „Von was sprecht ihr?“
„Nichts!“ Gaben beide etwas lauter als nötig von sich und warfen sich abermals einen drohenden Blick zu.
Ezraela klopfte Räum auf den Hinterkopf und dieser blickte wieder beleidigt aus dem Fenster.
Als sie schlussendlich nach Sonnenuntergang am Hotel ankamen und Ezraela endlich gelernt hatte wie man seine Flügel verbarg, ging Lissa hinein ein Zimmer bestellen.
Hinaus kam sie mit zwei Zimmerschlüssel. Einen für Cyrill und Räum und einer für Ezraela und sie selbst.
„Sie hatten keine nebeneinander liegenden Zimmer mehr, daher schlafen wir etwas weiter auseinander.
Ich würde sagen, Ezraela und ich nehmen das Zimmer mit dem Doppelbett und ihr die Einzelbetten.“
„Oh! Ich will zu den Frauen ins Zimmer! Ich brauche nicht einmal ein Bett, ich würde dafür sogar auf dem Boden schlafen!“ Räums Augen strahlten dabei so sehr, dass es Lissa zum Lachen brachte.
„Süß, aber wenn du zu uns ins Zimmer möchtest, musst du zu aller erst fünfzig Meter Abstand halten.“
Schnaufend verzog er das Gesicht. „Egal, meine Träume alleine reichen mir schon.“
„Dämonen träumen?“ Fragte Cyrill überrascht, jedoch ernsthaft interessiert.
„Ja, warum nicht. Meistens zwar wie wir jemanden umbringen oder quälen, aber wir haben auch normale Träume, nur nicht so menschlich wie... Menschen eben.“
Mit rollenden Augen machte sich Cyrill lauf den Weg zu seinem Zimmer im Erdgeschoss und sah den Mädchen nach wie sie zum ersten Stock hinauf gingen. Grinsend sperrte er auf, als Räum plötzlich unter Qualen hinter ihm zusammen brach.
Sofort fing er ihn auf drückte ihn flach auf den Boden, damit er sich nicht noch mehr Schaden zufügt durch seine wilde Zuckungen.
„Ezraela!“ Sofort war sie an seiner Seite und sprach beruhigend auf Räum ein. Gleich nachdem sie an seiner Seite war, grinste er breit und ließ sich von ihr durch das Haar fahren.
„Ist alles in Ordnung?“
Er schüttelte den Kopf „Aber ich könnte einen Entschuldigungskuss gut vertragen.“
Sofort ließ sie seinen Kopf wieder in den Sand fallen und seufzte genervt.
„Ich glaube wir müssen die Raumeinteilung anders machen.“
Cyrill stimmte ihr zu.
„Gut dann... wenn wir vielleicht...“
Lissa unterbrach ihn barsch. „Vergiss es, wir machen es einfach so, dass Ezraela und Räum sich ein Zimmer teilen und wir beide. Persönlich möchte ich zwar nicht dass sie seinem Einfluss länger als nötig ausgesetzt ist, doch es geht zur Zeit nicht anders. Ihr nehmt die Einzelbetten, dann hast du den größten Abstand den du heute Nacht bekommen kannst. Morgen treffen wir uns bei Sonnenaufgang beim Auto wieder, in Ordnung?“
Niemand hatte etwas einzuwenden, auch wenn niemand, außer Räum, besonders begeistert wirkte.
Klarissa folgte Cyrill ins gemietete Zimmer und ließ sich dort auf das Doppelbett fallen. „Oh, hallo mein heiß geliebtes Bett. Wie sehr habe ich dich und deine Art schon vermisst.“
Cyrill lachte hinter ihr und legte seine Jacke über einen Stuhl.
„Ich werde dich und dein Bett einmal alleine lassen, damit ihr ungestört seid. Ich gehe duschen.“
Klarissa nickte nur und spürte wie der Schlaf langsam über sie sank. Als sie hörte wie die Dusche aufgedreht wurde, war sie sofort wieder hell wach.
Sie würde eine ganze Nacht alleine mit Cyrill verbringen. In einem Doppelbett!
„Lissa!“ Überrascht blickte sie auf und fragte sich ob er dasselbe gedacht hatte wie sie.
„Ja?“
„Das Wasser ist viel zu heiß und wenn ich es in die andere Richtung drehe, ist es eiskalt. Ich kann so nicht duschen.“ Lachend ging sie ins Badezimmer und half ihm dabei das Wasser richtig einzustellen.
„Danke. Die Menschenwelt ist noch etwas fremd für mich. In unserer Dimension, muss man nur daran denken und es passiert das was wir wollen.“
„Tja, auf diesen Luxus musst du wohl noch ein paar Jahre verzichten. Sofern du tatsächlich hier bleibst.“
Cyrill blickte bestürzt auf sie hinab. „Natürlich bleibe ich. Ich könnte sonst sowieso nirgends hin.“
Klarissa zog die Augenbrauen hoch. „Autsch!“
„Was ist? Habe ich etwas Falsches gesagt?“
Lächelnd winkte sie ab. „Schon gut. Das war nur Sarkasmus. Nun, gut. Ich muss zu einem Date mit einem Bett zurück.“
Cyrill zog sie am Arm zurück. „Mach das nicht. Ich hasse es wenn du mir ein falsches Lächeln schenkst und so tust als wäre alles in Ordnung.“
„Ich weiß. Aber ich weiß nicht was ich darauf antworten soll.“ Sie blickte betreten zu Boden, da sie seinen vorwurfsvollen Blick nicht begegnen wollte.
Cyrill setzte sich auf den Badewannenrand und entfaltete seine Flügel. Das Wasser lief über die Federn und durchnässten sie vollkommen.
„Wie wäre es, wenn ich einfach Fragen stelle?“
Sie nickte und lehnte sich an das Waschbecken.
„Okay, seit wann bist du eine Dunkelfee?“
Sie zuckte zusammen. Eigentlich hatte sie gehofft er hätte diesen Teil vergessen, doch das war anscheinend nicht der Fall.
„Weißt du... Engelskinder haben eine reine Seele und ein reines Herz. Wenn du so willst kannst du es wie einen Stern vergleichen. Sie leuchten in unseren Augen wie helle Sterne, oder wie die Sonne, im Gegensatz zu den Menschen, wie die mit denen wir jeden Tag zu tun haben.
Uns wird schon in frühen Kindheitstagen davor gewarnt, dass wir uns diesem >Licht< nicht aussetzen dürfen, da es uns süchtig macht. Ich hielt das immer für Märchen, doch... die drei Tage waren zu viel für mich.
Danach war ich zu schwach um etwas zu tun. Ich konnte nicht schlafen, nicht essen, nicht einmal mehr sprechen. Es war als hätte mir deine Mutter meinen Lebenswillen einfach weg genommen.
Sie brachten mich ins Krankenhaus und versorgten mich Monatelang, bis mich der Feenverein holte. Sie brachten mich mit so viel Magie wieder zu Bewusstsein, dass ich dadurch meine Magie beinahe verlor.
Ich schwor dem Glück ab und ignorierte die Herzenswünsche. Langsam sind meine Flügel zerbrochen und ich wurde eine Dunkelfee. Seitdem muss ich meine Magie mit negativen Gedanken und Gefühlen auffüllen. Im Krankenhaus bekomme ich jeden Tag so viel Negatives, dass ich gut über den Tag komme.“
„Meine Mutter wusste das, oder? Sie wusste was meine reine Energie dir antun würde!“
Klarissa nickte und blickte endlich wieder zu ihm auf. In seinem Gesicht stand Sorge. Sorge um sie.
„Tu das nicht, Cyrill. Werde nicht wütend auf deine Mutter, bitte. Sie hat nur das beste für dich gewollt. Sie hat dich geliebt und...“„Das ist so nicht richtig. Sie hat das Leben eines anderen aufs Spiel gesetzt. Sie hat Dein Leben aufs Spiel gesetzt! Sie wusste was du mir bedeutest und trotzdem tat sie so etwas unverzeihliches! Sie hat nicht nur dich gequält, sondern auch mich. Ich konnte damals jahrelang nicht richtig schlafen. Ich hatte Albträume und wurde Nachts von meinen eigenen Schreien geweckt.“
„Cyrill...
„Nein! Ich muss das jetzt sagen. Ich habe dich damals so sehr geliebt und tue es heute immer noch. Ich ertrage es nicht wenn ich dich leiden sehe, oder wenn ich getrennt von dir bin. Ich verachte schon alleine den Gedanken daran!“
Klarissa standen bereits Tränen im Gesicht. Ob er überhaupt verstand was er da sagte, konnte sie bloß ahnen. Sie konnte nicht erkennen, ob auch er als Engelskind wusste, was es bedeutete jemanden zu lieben. Engel verstanden unter Liebe etwas anderes als Menschen und magische Wesen die auf der Erde lebten. Für Engel war es ebenso natürlich, diejenigen zu verraten und zu hintergehen die sie liebten, wenn sie meinten damit ihnen etwas Gutes zu tun. Etwas das sie als Fee nicht nachvollziehen konnte.
Klarissa beschloss ihm zu sagen, was Sache ist und nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände, damit er sie ansah.
Cyrill, bitte hör auf solche Dinge zu sagen, wenn du nicht genau weißt was sie bedeuten. Wie sie einem Menschen verletzen können, wenn er sie missversteht. Wenn du jemanden liebst, dann ist es das schönste Gefühl das man haben kann. Dieser Mensch ist dann jemand ganz besonderes für einen. Man würde alles für diese Person geben und wenn man sie sieht, dann ist es als würde man auf Wolken schweben. Es ist auch nicht zu vergleichen mit dem Gefühl wie man zu seinen Eltern steht. Verstehst du das?“
Cyrill nickte und lächelte sie an. „Es tut mir leid, wenn ich dir falsche Signale vermittelt habe, oder du zweifel an mir hast, Lissa.
„Schon gut, du konntest es ja nicht wissen. Ich möchte nur nicht, dass einer von uns etwas miss versteht und einem von uns das Herz gebrochen wird. Unsere Freundschaft bedeutet mir sehr viel.“
Cyrill lächelte sie liebevoll an. „Ich würde dir niemals das Herz brechen wollen. Ich möchte das du wieder so strahlst wie früher und ich werde alles dafür geben, das du wieder glücklich bist.“
Klarissa legte beide Arme um ihn und drückte ihn fest. „Zur Zeit macht es mich alleine schon glücklich, wenn ich weiß dass ich dir vertrauen kann und das du mein Freund bist. Zwar mag ich keine Engel, aber wie gesagt, mache ich bei dir eine Ausnahme.“
Lachend drückte er sie fester und versprach immer ihr Freund zu bleiben, als plötzlich Klarissa ausrutschte und Cyrill durch das plötzliche Gewicht vom Badewannenrand abrutschte und mit ihr in die Wanne fiel.
Lachend kam Klarissa wieder hoch und wischte sich nasse Strähnen aus dem Gesicht.
„Mist, eigentlich hatte ich jetzt ein Date mit dem Bett.“ beschwerte sie sich und blickte zu Cyrill hinunter der gerade versuchte seinen Flügel aus der Wanne zu bekommen.
„Tja, das musst du wohl verschieben. Die Badewanne war wohl eifersüchtig.“ Gab er zwinkernd zurück.
„Wohl wahr. Aber anscheinend nicht nur die Badewanne, sonst hättest du mich wohl kaum ins Bad entführt.“
Empört blickte er zu ihr hoch und spritze ihr Wasser ins Gesicht. „Als würde ich dich entführen müssen! Du läufst mir doch ohnehin hinterher.“
Kichernd langte sie nach dem Duschkopf und hielt ihn gezielt auf Cyrills Kopf, der ihn ihr pustend entriss.
Quiekend entwand sie sich seinem Griff nur um im selben Moment wieder in die Wanne gezogen zu werden.
„Warte! Du entkommst mir nicht.“ Mit ihren ganzen Sachen in der Eckbadewanne sitzend, blickte sie entrüstet an sich hinab.
„Na, toll! Ich habe keine Wechselkleidung.“ Fluchte sie und wand ihre Bluse aus. „Das ist deine Schuld! Welcher normale Mensch sitzt auch schon am Badewannenrand?“
„Jetzt gibst du mir die Schuld?“ Beschwerte er sich und bespritzte sie mit Wasser.
„Ja gebe ich. Nun ja, wenn ich schon im nassen sitze, soll ich dir den Rücken schrubben?“ Fragte sie sarkastisch und griff nach einem Handtuch.
„Es wäre mir eine Ehre.“
Klarissa verdrehte die Augen und trocknete sich Hände und das Gesicht ab. „Dreh dich um Romeo. Ich muss mich ausziehen.“
Lächelnd und den Kopf schüttelnd wandte er seine ganze Aufmerksamkeit der Wand zu.
Klarissa drehte die Heizung voll auf und hängte ihre völlig durchnässte Kleidung darüber. Morgen früh sollten sie trocken sein. „Also... Wenn du mich suchst ich gehe schlafen... Gebadet habe ich ja schon.“
Mit einem Handtuch bekleidet ging Klarissa hinaus ins Schlafzimmer und spürte wie sich abermals ein druck um ihr Herz ausbreitete. Wie konnte sie nur so dumm sein und zu einer Freundschaft mit ihm zusagen?
Verzweifelt und fluchend über sich selbst, kuschelte sie sich auf ihre Seite des Bettes und deckte sich bis über den Kopf zu um ihr schluchzen darunter zu verstecken.
Als Cyrill eine halbe Stunde später ins Schlafzimmer kam, schlief Lissa schon tief und fest. Er strich ihr übers Haar und wischte ihr die restlichen Tränenspuren aus dem Gesicht. Warum hatte sie geweint? Im Bad hatte sie noch glücklich gewirkt. Hatte er etwa schon wieder etwas falsch gemacht? Er wünschte er könnte ihre Gedanken so einfach lesen, wie die eines Menschen. Sanft hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange und sah dabei zu, wie sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete.
„Was du zu mir sagst und was dein Körper mir sagt, sind zwei verschiedene Sachen. Warum bist du nur so kompliziert?“
Sie antwortete zwar nicht, doch streckte sich gähnend aus.
Vom Gähnen angesteckt, legte auch er sich ins Bett und streckte seine Flügel zu beiden Seiten aus. Erschöpft vom langen Tag, klopfte er seinen Polster zurecht und sah Klarissa noch ein letztes mal an, bevor er ebenfalls einschlief.

Im Nebenzimmer:
Gähnend streckte ich mich und versuchte eine geeignete Position zum Schlafen zu finden. Diese dummen Flügel waren mir immer im weg, egal wie ich mich drehte. Vom Duschen vorhin waren sie um etliches schwerer geworden und ich bin im Bad ausgerutscht, es hatte beinahe eine Stunde gekostet, bis ich das ganze Wasser wieder draußen hatte.
„Wenn du weiter so herum stöhnst und seufzt, komm ich zu dir rüber und helfe dir.“ Ich warf Räum einen wütenden Blick zu und legte mich auf den Bauch. Nun hingen sie links und rechts von mir unangenehm vom Bett hinunter und lagen am dreckigen Boden.
„Sei still und Schlaf.“
„Weißt du, wenn du mich nett fragen würdest, dann könnten wir die Betten zusammen schieben und du hättest mehr Platz für deine Flügel.“ Eigentlich war das keine schlechte Idee, doch dann wäre ich ihm noch näher als das ich es ohnehin schon war. „Eigentlich keine schlechte Idee. Dann hätte ich zwei Betten und du einen Stuhl. Ich wäre damit einverstanden.“ Lächelte ich und blickte zu ihm hinüber. Er lag mit den Händen hinter dem Kopf verschränkt und nur mit einer Unterhose bekleidet im Bett. Seine Augen waren starr auf die Decke gerichtet, wo sich bereits der erste Schimmel bildete. Nun zuckte sein Blick zu mir und er zwinkerte mir zu. „ Das könnte dir gefallen. Ich hätte mir eher gedacht, dass wir uns schön gemütlich zusammen kuscheln und du auf meiner Schulter schläfst, dann hättest du genügend Platz und wir wären beide glücklich.“

Er wäre vielleicht glücklich, doch ich konnte mich nicht mehr erinnern wie es war, wenn man glücklich ist. Es kam mir vor als wäre es Jahre her seit ich das letzte Mal aus vollem Herzen gelacht habe, dabei war ich erst seit einigen Stunden herzlos. Langsam kamen Schritt für Schritt meine Erinnerungen zurück, wie mir der Dämon einfach das Herz heraus gerissen hatte und sich einfach eine leere gebildet hatte. Dort wo ich früher Liebe, Trauer und Hass empfunden hatte, war einfach nichts. Ich entschied manche Sachen einfach nachdem ob sie mir nützten oder nicht. Das ich mit Cyrill und seiner kleinen Fee mitgegangen war, hatte nur einen Grund, und zwar den Dämon zu töten, der mir das angetan hatte.
Auch die letzten Jahrhunderte in der meine Seele gelebt hatte, war ich dem Dämon immer und immer wieder begegnet. Räum wusste es vielleicht nicht mehr, doch durch sein Opfer das er gebracht hatte, hatte er ein Band hergestellt das mächtiger war, als dass es ihm bewusst war.
Dadurch das er meine Seele von einem Dämon an die Dimensionen binden hatte lassen, die die Gefallenen Engel vor Jahrtausenden gebildet hatten, war ich so etwas wie ein Schlupfloch. Es war nur eine Frage der Zeit, bis meine Seele diese Dimension fand und der Dämon mich benutzen konnte um alle Dimensionen zusammenfallen zu lassen. Somit wären dann Dämonen in der Lage auf die Erde zu kommen und sich dort zu verfestigen, ohne woanders hin verbannt zu werden und ebenfalls in das Reich der Engel weiterwandern konnten.
„Du erwiderst einmal gar nichts, du musst ja wirklich schwer mit dir ringen.“
Aus den Gedanken gerissen blickte ich ihn an und schüttelte den Kopf.
„Schlaf jetzt!“ Dann drehte ich mich auf die Seite und versuchte etwas Schlaf zu bekommen. Leider vergebens.
Als die ersten Sonnenstrahlen auf meine Flügel fielen, mit denen ich mich die ganze Nacht geärgert hatte, sprang ich auf und zog meine zerrissene Jeans wieder an. Ich brauchte dringend frische Klamotten. Ob ich schnell einmal zurück in die Organisation sollte? Vermutlich nicht. Mein letzter zusammentreffen mit den Lykanern war nicht sonderlich gut ausgefallen.
Aus irgendeinem Grund machten sie mich wahnsinnig. Ich war in eine Streiterei mit einem geraten und hatte ihn aus dem dritten Stock geworfen. Daraufhin hatte mich mein Chef bei der Türe hinaus befördert. Ich verstand seinen Ärger und konnte ihn ihm nicht verdenken. Vielleicht wenn ich mein Herz wieder zurück hätte, wäre alles wieder besser. Es musste dann einfach wieder besser sein. Es wäre verrückt wenn nicht.
„Steh auf, die Sonne ist auf gegangen.“ Befahl ich Räum, doch dieser drehte sich einfach auf die Seite und schlief schnarchend weiter. Das war unfair. Warum konnte er nur so gut schlafen und ich hatte die schlimmsten Rückenschmerzen? Ich musste mich wohl erst an das neue Gewicht gewöhnen.
Ich beugte mich über den Rand des Bettes und rüttelte ihn etwas. Erschrocken zuckte er zusammen und starrte mich entsetzt an. Als er mich erkannte, verzogen sich seine Gesichtszüge zu einem lieblichen Lächeln.
„Daran könnte ich mich gewöhnen.“ Nuschelte er und gähnte ausgiebig.
„An was? An das frühe aufstehen?“ Fragte ich verwirrt und wurde plötzlich von ihm ins Bett gezogen.
Unter Protest versuchte ich mich loszumachen, doch er legte mich über sich und drückte mich an sich. „Nein. Ich meinte ich könnte mich daran gewöhnen jeden Tag aufzuwachen und als aller erstes dein Gesicht zu sehen.“
Genervt pustete ich mein mittlerweile schon wieder viel zu langes Haar aus dem Gesicht und seufzte. „Du bist so fürchterlich nervig! Warum kann ich dich nicht einfach töten?“
Er lachte und streichelte meine Wange. Jetzt da ich halbwegs wieder frei war, legte ich mich etwas gemütlicher hin und ärgerte mich dass mein ganzer Körper schon wieder kribbelte. Das tat er immer, wenn ich ihn berührte. Verräterischer Körper!
„Das würdest du nicht tun.“
„Wieso denkst du das ich dich nicht töten würde, nachdem du mir so oft und so lange schon das Leben zur Hölle machst. Selbst jetzt. Anstatt das du das machst, was man dir sagt und ich dich schneller loswerden würde, hältst du mich im Bett auf dir fest und verwickelst mich in ein Gespräch.“
Räum griff nach meinem Kinn und hielt es in einem eisernen Griff, während seine Lippen zärtlich über meine strichen. „Weil ich dich liebe und niemals gehen lassen werde.“ Plötzlich küsste er mich und begrub mich mit einer gekonnten Bewegung unter sich.
Überrascht von der rasanten Wendung und vor allem da er mir einfach so unverblümt seine Gefühle gestand, schrie ich kurz auf, als auch schon sein Mund meinen wieder schloss.
Gierig küsste er mich und ich konnte nicht glauben was für ein gutes Gefühl das in mir auslöste. Schon in meinem Haus, war ich über die Gefühle die seine Küsse bei mir auslösten überrascht gewesen. Ich hatte mich dort überhaupt nicht ausbremsen können, es war wie eine Sucht. Seit ich wieder erwacht war als Engel und als Vampir, nahm ich alles viel intensiver und deutlicher war. Da waren seine weichen Lippen keine Ausnahme. Nur das was mich daran am meisten störte, war das ich weder Hass, noch Freude oder Ablehnung ihm gegenüber empfinden konnte. Er ließ mich gänzlich andere Dinge fühlen, die ich als Halbmensch überhaupt nicht kannte.
Seine Hand wanderten unter mein Shirt und er kniff mich grinsend in die Brust. Ohne darauf einzugehen zog ich ihn wieder an mich und wollte mehr. Ich wollte alles. Aber nur alles von ihm.
Wie konnte man von jemanden nur so süchtig werden? Er war wie eine Sünde für mich. Obwohl eigentlich war er tatsächlich eine Sünde. Er war ein Dämon und ein ziemlich alter noch dazu. Außerdem hatte er mir mein Herz aus der Brust gerissen an der nun leere saß. Und trotzdem...
Als er meine Hose hinter sich warf, hielt ich ihn kurz auf um ihn anzusehen. In seinem Blick lag eile, da er es genauso dringend wollte wie ich, und Zuneigung. Sein Atem ging schnell, als wäre er gerannt, dabei hatten wir uns nicht einmal zwei Minuten geküsst. Oder waren es zwanzig? Meine Lippen waren geschwollen von den wilden küssen und mein ganzer Körper brannte als wäre ich zu lange in einer Sauna gewesen.
„Erza...“ Mein Spitznamen riss mich aus meinen Gedanken und ich setzte mich auf. Sanft drückte ich ihn mit den Rücken aufs Bett und kniete mich über seinen Bauch. „Das ist das letzte Mal! Ich will es auf meine weise.“
Er sah etwas geknickt aus, bei dem Gedanken, das es das letzte Mal sein würde, doch es war besser so. Ich bin ein Engel und er ein Dämon. Jemand den ich aus vielen Gründen hassen sollte.
Räum nickte und entspannte sich unter mir. Zum ersten Mal sah ich mir seinen Körper genauer an. Seine breiten Schultern, der feste Bauch, die gebräunte Haut, die zu seinem schwarzen Haar passte.
Ich senkte meinen Kopf und küsste seinen Hals. Meine Hände ließ ich flink über seinen viel zu perfekten Körper gleiten und entlockte ihm ein ungeduldiges Stöhnen.
Spielerisch biss ich ihn leicht in die Schulter und grinste breit.
„Wenn du Durst hast, du kannst dich gerne bedienen. Sofern du noch Blut irgendwo über der Gürtellinie findest.“
Sofort spürte ich einen brennenden Durst aufkommen und blickte zu ihm hoch, ob das sein ernst war.
Sanft strich er mir das Haar zu Seite, damit es mir nicht im weg war und lächelte mich auffordernd an. „Danke. Aber wenn du blutleer bist, dann werde ich mich wohl besser weiter unten bedienen.“
Seine Augen wurden plötzlich ganz groß und ich sah dass er sein Angebot bereute.
Ich wanderte langsam mit meiner Hand nach unten und tippte auf seine Oberschenkelarterie.
„Ich meinte hier. Keine Sorge, ich beiße dir schon nichts ab, dass dir wichtig wäre. Nun ja... Noch nicht.“
Lachend ließ er sich zurückfallen und ich bediente mich an seinem Oberschenkel. Als der erste Blutstropfen auf meiner Zunge landete konnte ich es nicht glauben. Es war wie eine Geschmacksexplosion in meinem Mund. Gierig nahm ich noch einen großen Schluck und noch einen und noch einen. Mein ganzer Körper wurde von innen heraus heiß und ich fühlte wie sich mein Höhepunkt näherte.
Ich nahm noch einen Schluck und hörte wie er lustvoll aufstöhnte. Das war zu viel. Mein Kopf drehte sich und ich riss mich los. Nach Luft schnappend brach ich auf ihm zusammen und spürte wie mein Körper durch den Höhepunkt zuckte.
„Verdammt, es tut mir leid.“ keuchte Räum und ich sah verwirrt zu ihm hoch. Zumindest hoffte ich, dass in diese Richtung oben war. Ich konnte es nur schwer erkennen, da mein Körper nicht das machte was ich wollte.
Gerade als ich ihn fragen wollte, was er meinte, griff ich in etwas warmes flüssiges und lächelte.
Es war doch verrückt das wir beide nur dadurch gekommen waren, dass ich von ihm trank.
Genüsslich und beinahe schnurrend streckte ich mich nach oben aus. Räum zog mich zu sich hoch und küsste mich.
„Das ist doch verrückt. Warum ist das alles jetzt so viel intensiver?“ Fragte ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge.
„Ich habe keine Ahnung. Ich wusste nicht einmal das es so geil ist jemanden Blut trinken zu lassen. Also meiner Meinung nach, kannst du dich jeder Zeit auf jede weise bei mir bedienen.“
Ich blickte ihn an als wäre er verrückt. „Das könnte dir wohl so gefallen.“
Er nickte und ich kniff ihn in die Seite.
„Sieh es positiv. Solange wir nicht wegen eines Orgasmus sterben, haben wir nichts zu befürchten.“
„Nun, ja. Wir müssten uns Infusionen anschließen lassen die uns mit Nahrung versorgen und hin und wieder müssen wir wohl oder übel aufs Klo verschwinden.“
Er schüttelte den Kopf. „Du bist viel zu realistisch. Lass mich in meinen Tagträumen.“
Natürlich.... Für wen hielt er mich denn?
Plötzlich fanden seine Lippen wieder meine und abermals ging ein Kribbeln durch meinen Körper, das von meinen Lippen aus durch meinen Körper schoss.
„Jetzt bin ich dran.“ Flüsterte er an meinen Lippen. Noch bevor ich verstand was er damit meinte, brauchte ich schon keine Erklärung mehr und genoss einfach nur mehr den morgen.
Dabei vergaß ich sogar meine Rückenschmerzen, da meine Gedanken bald vollkommen aus waren.

Der Morgen davor

Die ersten Sonnenstrahlen trafen Cyrill ins Gesicht und er verzog es. Zwar war sein ganzer Körper verspannt, doch sein Geist war vollkommen ausgeruht. So einen Tiefen Schlaf hatte er noch nie erlebt.
Als er sich erinnerte wieso, zuckte er zusammen. Langsam wandte er den Kopf nach rechts und unterdrückte ein Lachen. Lissa lag auf dem Bauch, kuschelnd mit dem Handtuch und den Polster hatte sie über den Kopf gezogen. Wo die Bettdecke war, in der sie sich noch am Vorabend gewickelt hatte, konnte er nicht genau ausmachen, da er dadurch mehr von ihr gesehen hätte, als dass Lissa recht gewesen wäre.
Vorsichtig bettete er seinen Flügel auf ihr, damit sie nicht mehr nackt da lag.
„Lissa! Wach auf.“
Sie rührte sich und murrte. „Lass mich schlafen.“ Dann drehte sie sich um und gähnte ausgiebig. Nun konnte er unter seinem Flügel ihren Körper spüren, als würde er sie mit der Hand berühren und versteifte sich. Wenn sie das merkte, würde sie ihn töten. Daran hatte er absolut keine Zweifel.
„Wie spät ist es?“ Fragte sie und griff verwirrt in seinen Flügel. „Und warum liegt dein Flügel auf mir?“
Er verzog das Gesicht und wusste nicht recht was er sagen sollte. Auf alle fälle durfte er nicht erwähnen, dass er mit seinen Flügel alles ganz genau spürte.
„Nun, ja. Deine Bettdecke ist weg und du liegst nackt im Bett. Ich dachte mir, bevor du mich umbringst, wenn ich dich so liegen lasse, decke ich dich zu, damit du nicht denkst das ich spanne.“
Lissa lächelte freundlich, jedoch wurde ihr nur allzu schnell die Bedeutung dessen bewusst was er gesagt hatte.
„Verdammt!“ Sie langte nach der Bettdecke, die ganz offensichtlich neben ihr vom Bett gerutscht war und begrub sich und seinen Flügel darunter.
„Würde es dir allzu viele Umstände machen, wenn du mir meinen Flügel wieder gibst, damit ich aufstehen kann?“
Sie machte einen blick unter die Bettdecke und verzog das Gesicht. „Okay, aber schau irgendwo anders hin.“
Er wandte sein Gesicht wieder in die andere Richtung und spürte wie das Gewicht der Bettdecke weg genommen wurde und sich eine Hand darauf legte.
„Du spürst mit deinen Flügeln alles ganz genau, oder?“ Fragte sie skeptisch.
Er wollte seinen Flügel wegziehen, bevor er antwortete, doch sie hielt ihn fest. In diesem Moment war er dankbar, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
„Ich spüre dass du ihn festhältst, das ist alles.“
Sie hielt ihn noch einen Moment, dann ließ sie ihn los und er hörte wie sie die Bettdecke wieder über sich zog.
Ohne wieder zu ihr zu sehen, stand er auf und bedeckte mit seinen Flügeln seinen ebenfalls nackten Körper. Zwar war seine Jacke und sein Hemd nicht nass geworden, doch seine Hose hatte etwas Schaden genommen bei ihrem gestrigen unabsichtlichen Bad.
„Ich hole unsere Sachen. Dann machen wir uns auf den Weg. Ezraela und Räum warten bestimmt schon beim Auto.“
Er verschwand im Badezimmer und zog sich seine trockene Hose an. Für einen Moment flog ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er Lissas Bluse vielleicht etwas nass machen sollte, damit sie länger Zeit alleine verbringen konnten, doch anderseits konnte es auch nach hinten los gehen und sie saßen zu viert in dem kleinen Zimmer fest.
Seufzend brachte er Lissa ihre Sachen.
„Du hast Räum beim Namen genannt.“ Bemerkte Lissa und lächelte breit. Das war ihm gar nicht bewusst gewesen. „ Kann es sein, das du ihn langsam magst?“
Cyrill lief ein Schauder über den Rücken und er verzog das Gesicht.
„Bevor ich einen Dämon auch nur ansatzweise mag, gehe ich lieber ins Exil und verbringe mein restliches Leben als sterblicher Mensch.“ Mit dieser, sehr ernst gemeinten, Antwort, verschwand er wieder im Bad und wartete darauf das sie angezogen war.
Lissa kam nach nur wenigen Sekunden ebenfalls ins Bad und blickte ihn verwirrt an. „Was machst du hier drin“
Er hob die Schultern und setzte sich auf den Klodeckel. „Warten dass du angezogen bist, oder hätte ich dir zusehen sollen?“
Sie lächelte und wusch sich schweigend das Gesicht.
Während er ihr dabei zusah, fragte er sich wie das gestrige Gespräch nur so ungut enden konnte. Sie waren zwar immer noch Freunde und hatten Spaß zusammen, doch trotzdem fühlte er sich nicht wohl bei dem Gedanken. Er war so ein Idiot. Wie konnte er ihr nur sagen, was ihm am Herzen lag? Dass sie ihm am Herzen lag. Plötzlich kam ihm ein Gedanke in den Sinn und er fragte sich, ob ein Halbengel überhaupt so für eine Dunkelfee empfinden durfte? Für eine Person die er sein ganzes Leben als Vorbild angesehen hatte. Oder hatte er sich das alles damals nur eingebildet? War es einfach nur die Sichtweise eines kleinen Kindes gewesen. Der unschuldige Blick durch ein reines Herz.
Eine warme Hand, schreckte ihn aus den Gedanken. Er sah hinauf in ihre sanften grünen Augen, die ihn forschend musterten.
„Ist alles in Ordnung?“ Fragte sie und er beobachtete wie im Zeitlupentempo wie sich ihre Lippen bewegten.
Nichts war in Ordnung. Irgendwie war alles verkehrt. „Nein, aber gleich.“ Er stand auf, legte eine Hand in ihren Nacken und die andere auf ihren Rücken. Überrascht sah sie zu ihm auf. Als die Erkenntnis durch sie schoss, öffnete sie überrascht den Mund um etwas zu sagen, doch er ließ sie nicht. Sanft legte er seine Lippen auf die ihren und genoss das einmalige Gefühl.
Als sie seinen Kuss sofort erwiderte konnte er es überhaupt nicht fassen. Sein Herz ging vor Begeisterung so schnell, dass er eigentlich schon befürchtete vor Glück abzuheben. Ihre Arme lagen auf seinen Schultern und ihr Kuss wurde fordernder. Begeistert, dass sie ihn ebenso wollte wie er sie, hob er sie hoch und setzte sie auf dem Waschtisch ab.
„Das hätte ich gestern schon machen sollen!“ Flüsterte er an ihrem Hals und er spürte wie sie nickte.
„Ja das hätten wir beide schon gestern machen sollen.“ Er widerte sie und er fühlte wie sein Hemd verschwand.
Lächelnd betrachtete er ihr Gesicht das leicht gerötet war und breitete seine Küsse weiter aus.
Als es plötzlich laut und ungeduldig an der Eingangstüre klopfte, fluchte er laut. „Verdammt! Wieso jetzt?“ Knurrte er und versuchte die Türe zu sehen. „Rühr dich nicht vom Fleck, ich gehe nur schnell eine Dämon umbringen.“
Sie kicherte und blickte ihm hinterher.
An der Türe angekommen atmete er kurz durch und versuchte verschlafen auszusehen. Dann öffnete er sie einen Spalt.
Vor ihm stand Räum, der ihn lächelnd anblickte. „Wie ich sehe stören wir gerade. Wir gehen derweilen frühstücken, damit ihr... euer Frühstück beenden könnt.“ Verdammte Dämonen. Sie witterten Erregung von hundert Meter Entfernung.
„Arsch! Das machst du doch mit Absicht.“
Dieser lächelte und zog die Augenbrauen hoch. „Das wirst du wohl nie erfahren. Bis später.“ Er drehte sich um und verschwand hinter der Hauswand. Auf einmal fiel Cyrill auf, dass sich an Räums Hals eine Bisswunde gefunden hatte. Was hatte das zu bedeuten?
Kopfschüttelnd, da er sich jetzt mit keinen Problemen beschäftigen wollte, schloss er die Türe wieder ab und eilte ins Badezimmer, wo bereits Lissa sehnsüchtig auf ihn wartete. Kaum war er zur Türe hinein, sprang sie ihm in die Arme und machte dort weiter wo sie aufgehört hatten. Er konnte sein Glück überhaupt nicht fassen.

„Wo bleiben die beiden?“ Fragte ich Räum, der mit einem breiten grinsen zurück kam.
„Die... Frühstücken gerade. Wir haben ja bereits.“ Überrascht blickte ich auf. Ich hatte zwar schon bemerkt, das sich Cyrill und Klarissa nahe standen, doch so nahe hätte ich nicht gedacht. Wobei es ja eigentlich auch nicht verwerflich ist. Räum, zog mich an sich und küsste mich unverblümt auf den Mund.
„He! Was soll das? Ich dachte wir hätten das vorhin geklärt.“
„Aber sie sind ja nicht hier, also kann ich dich küssen wie es mir passt.“ Erwiderte er lächelnd, was mich die Augen genervt verdrehen ließ.
„Nicht nur das, ich meine das was wir unter der Dusche besprochen haben. Nun, ja. Bevor wir... Du weißt was ich meine. Du sollst mich weder ansehen, noch anfassen noch an mich denken. Ich möchte niemals eine Beziehung oder sonst was zu dir. Verstanden?“
Er nickte, doch sein Blick überzeugte mich nicht sonderlich. Er würde nicht aufgeben, das wusste ich. Jedoch hatte ich zur Zeit keinen Bedarf an weiteren Diskussionen. Ich machte mich auf den Weg zu einer Bäckerei auf der anderen Straßenseite und probierte das menschliche Essen. Alles schmeckte für mich nach Kohle, daher ließ ich es stehen. Das einzige das mir wirklich zusagte, war der Kaffee. Jedoch nur schwarz.
„Ich hasse meinen neuen Geschmack. Ich kann wirklich absolut nichts mehr essen. Alles schmeckt... nach Kohle oder sowas.“
Räum, der sein Frühstück gierig hinunter schluckte, und meines nebenbei auch, warf mir einen wissenden Blick zu.
„Ich weiß was du meinst. Aber sieh es positiv, du spart eine menge Geld. Ich wusste bevor ich in eure Welt kam überhaupt nicht wie teuer essen sein kann. Zumindest habe ich es seit ich ein Dämon bin vergessen.“
Dämon hatten ja ebenfalls keinen Geschmack. Sie konnten sich in unserer Welt alleine von den Sünden und negativen Gefühlen ernähren, die es hier wohl oder übel zu genüge gab.
Schweigend legte ich meinen Kopf auf den Tisch und wartete.
Es dauerte über eine Stunde, bis Cyrill und Klarissa endlich zu uns stießen. Beide wirkten sie über alle maßen glücklich und konnten überhaupt nicht aufhören sich verliebe Blicke zuzuwerfen.
Kopfschüttelnd hörte ich zu, wie sie über die heutigen Pläne sprachen und fragte mich, ob ich wohl mit einem Herzen mit Räum genauso wäre. Wohl eher nicht. Es stand einfach zu viel zwischen uns. Vielleicht in einem anderen, einfacherem Leben, könnten wir glücklich sein. Vielleicht wenn ich einfach nur ein Vampir wäre, jedoch hatte ich absolut kein Interesse mich an jemandem zu binden. Ich habe die letzten Jahre gesehen wie in der Organisation sehr effiziente Gruppen auseinander brachen, da sie eine Beziehung anfingen und wieder beendeten. Und von meinen Eltern brauchte ich nicht einmal anzufangen. Ich hatte ja gesehen, wo ihre arrangierte Ehe hin geführt hatte. Sie lagen verwesend noch für über vierhundert Jahre in einem Sarg und hatten nichts als ihre eigenen Gedanken.
Wenn sie erwachten, würde ich schon längst nicht mehr auf der Erde sein. Entweder war ich tot, oder in einer anderen Dimension, in der auch die anderen Engel lebten.
Da kam plötzlich die Frage auf, wie sie wohl auf mich reagieren würden. Ich war nicht einmal, bevor ich mein Herz verlor, ein Mensch, den man sich als Engel wünschen konnte.
Ja ich tötete Dämonen und fühlte keine Reue dabei. Jedoch war ich schon immer schwierig gewesen und hatte keine Lust auf emotionale Bindungen an einen anderen Menschen. Ich liebte zwar Caro wie eine Schwester, doch auch diese Freundschaft hielt irgendwie nur sie aufrecht. Nun würde ich sie niemals wieder sehen.
„Ich gehe etwas spazieren.“ Verkündete ich und verschwand auch schon vor die Eingangstüre. Dort nahm ich an einem leeren Tisch platz und betrachtete die Umgebung. Von meinem Blickwinkel aus, konnte ich über das Geländer und die Pflanzen, die die Terrasse dekorierten das Meer sehen. Der Horizont wiederum war schon wieder von einem Sonnenschutz, der über mir aufgespannt war verdeckt. Seufzend dachte ich an die sechs Stunden die wir am Schiff verbringen würden. Cyrill hatte mir versprochen mir dann genauer beizubringen, wie man ein Engel war. Vielleicht würde ich sogar richtige Flugstunden nehmen. Ich hatte zwar begriffen wie man sich problemlos in der Luft hielt, doch Luftwirbel und vor allem das Landen machten mir noch Schwierigkeiten.
„Kann ich Ihnen etwas bringen?“ Fragte eine Kellnerin und ich winkte ab. „Nein, danke. Aber hätten sie vielleicht Papier und einen Stift zu schreiben, den ich mir ausborgen dürfte?“
Sie hielt mir ihren Bestellblock hin und einen Kugelschreiber und verschwand um mir ein Glas Wasser zu bringen.
Ich schrieb über neun solche kleinen Zettelchen voll und unterschrieb mit meiner üblichen Unterschrift. Dankend gab ich Block und Stift zurück und winkte Räum zu mir.
Fragend blickte er mich an. „Was ist los? Alles in Ordnung?“
Ich nickte und deutete ihm mir zu folgen. „Ich muss etwas bei der Post abgeben. Und ohne dich kann ich nirgendwo hingehen.“ Ohne nachzufragen was genau ich abgeben musste, folgte er mir bis zur nächsten Poststelle und ich schrieb auf ein Kuvert die Adresse von der Organisation. Seufzend reichte ich den Brief ein und ging mit Räum schweigend zurück zur Bäckerei. Dort angekommen stellten wir fest, dass Cyrill und Klarissa schon wieder verschwunden waren und gingen ebenfalls zum Auto. Dort fanden wir sie streitend. Seltsam... Davor hatten sie noch relativ glücklich gewirkt.
„Da seid ihr ja!“ Rief Cyrill, als wollte er die Aufmerksamkeit von sich selbst ablenken. „Wir sind schon spät dran, beeilt euch bitte.“ Drängte er und stieg bereits ins Auto ein.
„Warte, Klarissa. Ich sollte fahren.“ Sie seufzte kurz, doch schien dankbar darüber zu sein.
Von dem billigen Hotel in dem wir unsere Nacht verbracht hatten, dauerte es nur mehr ein paar Minuten bis zum Hafen. Räum hatte recht behalten, als er sagte, dass es nahe an der Ablegestelle sei.
„Woher wusstest du eigentlich von dem Hotel und das es nahe an der Ablegestelle ist“
Räum zuckte zusammen und blickte weiterhin starr aus dem Fenster. Cyrill und Klarissa lehnten sich ebenfalls näher vor, als würde es sie beide interessieren.
„Du hast mich doch von dort gerettet. Was denkst du wie lange ich dort gewesen bin? Außerdem habe ich einen bemerkenswerten Orientierungssinn.“
Ich warf ihm einen drohenden Blick zu, doch er beachtete mich absolut nicht. Da steckte bestimmt mehr dahinter, als das er selbst zugab.
„Du weißt das ich Dämonenjägerin bin?“
Räum blickte mich an, als wüsste er nicht worauf ich hinaus wollte. „Und?“
„Und... warum glaubst du bin ich so eine erfolgreiche Jägerin?“
Er zuckte abweisend mit den Schultern. „Weil du rücksichtslos und brutal bist?“
Ich rümpfte die Nase. In diesem Fall hatte er gar nicht so unrecht... „Das meinte ich nicht. Ich weiß, wenn mich ein Dämon belügt. Und du hast es gerade getan.“
„Eine angeborene Engelsfähigkeit. Jeder Engel, egal ob Halb- , Erzengel oder Engel, erkennt schon im Kindesalter wenn jemand ihn anlügt. Magische Wesen sind da keine Ausnahme.“
Räum warf Cyrill einen genervten Gesichtsausdruck zu. „Ich bin aber kein magisches Wesen. Ich bin ein Dämon Kolambo.“
Irritiert blickte Cyrill Klarissa an, und sie erklärte ihm seufzend auf was Räum damit anspielte.
„Also zurück zum Thema. Sag mir die Wahrheit oder ich lass dich am Festland zurück, bis ich wieder zurück komme.“
„Ja... Okay. Ich war früher schon ein paar mal hier, bevor ich meinen Körper in eurer Dimension festigte. Zufrieden?“
Natürlich war ich das nicht. Seinem genervten Blick nach zu urteilen, wusste er das ebenfalls. Jedoch beanspruchte ein Portier meine Aufmerksamkeit.
„Passierschein?“ Fragte dieser gelangweilt.
„Ezraela.“ Gab ich zurück und er riss die Augen erschrocken auf.
„Miss Ezraela. Meinen Sie das es eine gute Idee ist, wenn Sie bei Ihrer Großmutter erscheinen?“ Er musterte die anderen drei die um mich im Auto saßen.
Ich schnalzte abschätzend mit der Zunge. „Und meinen Sie etwa, das es eine gute Idee ist, sich einem zornigen Vampir in die Quere zu stellen?“ Ich ließ meine Pupillen rot werden und fauchte ihn an. Der Portier zuckte zusammen und kratzte sich an der Glatze, während er fiebernd überlegte was er sagen sollte.
„Hier, ein Passierschein, für dieses mal. Es ist wirklich nur eine Ausnahme, aber auch nur weil ich denke, das es Ihr letzter Besuch sein wird.“ Er reichte mir einen gefalteten Zettel, den ich nur unterschreiben brauchte. „Und Sie wissen, doch das ich Sie anmelden muss?“
Ich nickte und deutete ihm, das er den Schranken öffnen sollte. Mit quietschenden Reifen fuhr ich auf die Anlegestellen auf und parkte das Auto auf einem der Königlichen reservierten Parkplätze.
Als ich ausstieg und mich einige Royales verirrt anblickten, fuhr ich wieder meine Fangzähne aus und fauchte sie drohend an. Sofort wandten sie ihren Blick wieder ab und verschwanden, das sie anscheinend etwas Wichtiges Entdeckt hatten.
„Du bist richtig charmant, mein Schatz.“ Säuselte Räum in meine Richtung.
„Denk ja nicht das unser Gespräch schon beendet ist, Räum.“ Er warf mir nur einen Kuss zu und zwinkerte mir mit einem Auge zu. Kopfschüttelnd folgten wir Räum zu einem großen Kreuzfahrtschiff, das für mehrere Hundert Menschen bestimmt war und ich zeigte unseren Passierschein vor.
Der Kapitän rümpfte die Nase und deutete auf meine drei Begleiter. „Das ist ein Passierschein für nur eine Person...“ Entsetzt blickte er auf meine Unterschrift, wünschte uns eine gute Überfahrt und schickte uns auf das Schiff.
Lächelnd stieg ich die Treppe hinauf und erfreute mich am salzigen Geruch den die See ausstrahlte.
„Und was machen wir jetzt weiterhin?“ fragte Klarissa und blickte dabei zu Cyrill hoch. „Sie wissen bereits das wir kommen und sie werden uns bestimmt auf dem Meer abfangen, noch bevor wir nahe genug bei ihnen sind.“
Cyrill hauchte seiner Liebe einen Kuss auf die Nase und lächelte breit. „Das sage ich euch später, wenn wir am Meer draußen sind.“
Das klang sehr interessant. Was hatte der Halbengel geplant? Selbst Räum schien unsicher zu sein, was nun passieren würde.

Das Herz

Einige Minuten später ließen wir uns ein Zimmer geben, in das wir vier passten und warteten eine Stunde schweigend ab.
Nachdem wir weit draußen im Meer waren, bestellte Cyrill etwas zu essen. Mir war eigentlich nach überhaupt nichts, besonders da ich ohnehin nur Blut vertrug.
„Mann... Wie lange müssen wir hier noch sitzen? Ich hasse kleine Enge Räume.“
Klarissa prustete los und wandte den Kopf ab.
„Okay, was war daran jetzt so lustig?“ Beschwerte sich Räum und blickte sie zornig an.
„Nun, ja. Eigentlich nur... Du heißt Räum und hasst kleine Räume... und bist ein Dämon, der sich, wenn er mal nicht gerade an einen Engel zwangsweise gebunden ist überall hin materialisieren kann, wo er möchte. Verstehst du die Ironie?“
Selbst ich musste darüber jetzt lächeln. Sie hatte ja recht, auch wenn es fürchterlich lächerlich klang.
Räum warf ihr einige Schimpfwörter an den Kopf, als es auf einmal klopfte.
„Du machst auf, Räum.“ Befahl Cyrill und deutete Klarissa und mir ihm zu folgen.
Wir gingen ins Badezimmer und es schien so, als würde er auf etwas warten.
Nur nicht einmal eine Minute später erklang das Geräusch eines Maschinengewehres. Schreiend ertönte ein Poltern, als wäre Räum auf den Boden aufgeschlagen und Klarissa hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund.
Cyrill stürzte hinaus und erledigte den Mann, der ihn erschrocken anblickte. Lächelnd folgte ich dem klugen Halbengel und lobte ihn. „Gut erkannt Sherlock. Hast du für die Idee die ganze Nacht gebraucht und deshalb erst heute Morgen mit deinem Dornröschen herum gemacht?
Cyrill nahm seine blutige Hand aus dem Brustkorb des Menschen und ließ das nicht mehr schlagende Herz los. „Ich bin mir nicht sicher, was du damit sagen möchtest, aber ich bin mir durchaus bewusst, das ein >Dankeschön< deinerseits hier mehr angebracht wäre, als deine Unfreundlichkeit.“
Kichernd schob ich die Leiche aus dem Weg und betrachtete den durchlöcherten Dämon neben der Eingangstüre. Stöhnend kam er auf und warf Cyrill einen zornigen Blick zu. „Das war unter keinen Umständen notwendig. Du hättest mich doch wenigstens vorwarnen können, oder nicht?“
Grinsend griff Cyrill nach einem Hähnchenschenkel, den ich ihm sofort wieder aus der Hand schlug.
„Iss niemals etwas, was ein Vampir gekocht hat.“ Warnte ich ihn und öffnete einen Kasten, den ich erst gerade eben bemerkte. Freudig klatschte ich in die Hände. Neue Kleidung. Was gab es schöneres.
„Sieh mal Klarissa. Da ist bestimmt auch etwas für dich dabei. Das ist toll!“ Ich drückte ihr mehrere Stücke in die Hand und schob sie hinein in das Badezimmer.
„Mädels! Hättet ihr das nicht davor schon tun können! Wir haben es eilig. Die Schüsse...“ Ich kam in Unterwäsche wieder aus dem Bad und warf beiden einen Anzug zu.
„Zieht das sofort an. Wir haben es eilig.“ Danach verschwand ich wieder im Bad und half Klarissa sich anzuziehen.
Ich selbst trug ein elfenbeinfarbenes Abendkleid mit einer roten Masche um die Hüfte und einem tiefen Schnitt. Klarissa ließ sich gerade einmal in ein dunkelblaues Kostüm stecken mit einer silberweißen Bluse. Ihr Haar steckte ich mit einer Nadel zusammen, während sie entnervt seufzte. „Meinst du ernsthaft das wir uns so herausputzen müssen. Immerhin wollen sie uns eindeutig tot sehen.“ Ich zuckte lediglich mit den Schultern.
„Denkst du wirklich ich gebe meiner Großmutter die Genugtuung und komme wie frisch von der Straße zu ihr?“
Ich band noch mein Haar hoch und verzog das Gesicht. „Also ist das alles nur eine Frage des Stolzes?“ Fragte sie lächelnd und ich schubste sie bei der Türe wieder hinaus. Auf diese Diskussion wollte ich mich absolut nicht einlassen.
Die beiden Männer währenddessen blickten sich unsicher um. Räum kam wieder bei der Türe hinein und deutete die Türe zu schließen.
„Sie sind direkt hinter mir. Wir müssen entweder sofort weglaufen, oder wir sitzen hier fest.“
Cyrill deutete plötzlich auf mich, während Räum den Kasten vor die Türe schob. „Das ist nun dein Akt, meine Liebe Ezraela.“
Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte ich ihn. War das jetzt sein Ernst? Was sollte ich auf einem Schiff mitten im Meer großartig ausrichten?
„Ezraela. Du bist der Engel des Zornes und der Zerstörung. Wer, wenn nicht du könnte in diese Wand ein Loch schlagen?“
Ich blickte die massiv aussehende metallische Wand an. Durch ein kleines Bullauge, konnte ich erkennen, dass wir an uns der Außenwand befanden.
„Du machst Witze!“
Er schüttelte den Kopf. „Schlag einfach darauf ein. Dir wird es kein bisschen schmerzen bereiten.“
Nun, ja. Er war doch der Engelsexperte. Ich warf noch einmal einen prüfenden Blick zurück, doch Cyrills Gesichtsausdruck war immer noch zuversichtlich.
Mit geschlossenen Augen holte ich aus und spürte plötzlich meine Finger kribbeln. Entsetzt riss ich die Augen auf und entdeckte, das sie von einem roten Schimmer umgeben waren. Ob das die anderen ebenfalls sehen konnten?
Lächelnd wandte ich mich zu Cyrill um, der mich stolz anblickte und ließ diese Kraft, woher auch immer sie genau kam, gegen die Schiffswand krachen.
Sie bog sie wie Papier unter meiner Berührung und nur wenige Sekunden später, entstand ein Loch, dass so groß war, das wir ohne Probleme ins Wasser springen konnten. Ich sprang mit einem Kopfsprung hinaus und fing mich im selben Moment wieder ab. Mit meinen kräftigen Flügel war ich in nur wenigen Sekunden meterweit in der Höhe und ein schwarzer Rabe flog um mich herum. Krächzend schimpfte er, und obwohl ich kein Wort verstand, konnte ich mir denken, was er sagte. Plötzlich zog neben mir etwas schreiend vorbei. Lachend folgte ich dem goldenen Blitz und Räum hatte mühe schritt zu halten. Oder Flügel?
Es war ein unglaubliches Gefühl so weit oben in der Luft zu sein. Ich flog weit hinauf bis über die Wolken und ließ mich dann wieder fallen. Im Fall, schnappte ich nach dem Bein des Raben und zog das erschrockene Tier, in dem sich Räum befand mit in die Tiefe. Ich nahm das kleine sich währende Geschöpf in den Arm und bremste den Fall ab. Nun stieß auch Cyrill zu uns, mit einer verängstigt aussehenden Klarissa. Sie klammerte sich fest an den goldenen Engel und ich lachte.
„Mach das nach, Ezraela.“ Er flog senkrecht in die Höhe und vollführte mit Klarissa, die lauthals schrie, einige Loopings und Drehungen. Sofort folgte ich seiner Aufforderung und machte es ihm, weniger elegant nach. Nun, ja. Er hatte auch jahrelange Erfahrung im Fliegen. Ich gerade einmal etwas mehr als vierundzwanzig Stunden. Wir machten ein Wettfliegen, wo natürlich Cyrill gewann. Er wusste bereits wie er Luftlöcher auswich und sich sogar Gegenwind zu eigen machte.
„Hört doch endlich auf!“ Brüllte Klarissa und sah nicht sonderlich begeistert aus.
Holprig kam ich neben Cyrill zu schweben und passte mich seinem nun gemütlichem Tempo an.
„Es tut mir leid, Schatz. Es... ist nur schon so lange her, seit ich das letzte Mal geflogen bin. Ich habe mich wohl etwas mitreißen lassen.“ Er lächelte unendlich liebevoll zu seiner Angebeteten hinab, das ich mich fragte, wo der Stich blieb. Ich erinnerte mich daran, dass immer wenn ich verliebte Pärchen sah, einen fürchterlichen Schmerz empfand. Doch jetzt war nichts. Weder Freude für die beiden, noch bedauern das ich so etwas nicht empfand.
Es gab einfach nur eine gähnende Leere.
Ein zappelndes etwas schreckte mich und lenkte meine nach innen gekehrten Gedanken zurück.
Krächzend befreite sich der Rabe aus meinen Armen und flatterte aufgebracht um uns herum. Plötzlich deutete er nach unten und wir folgten seinem Blick.
„Dann gehen wir wohl einmal hinunter.“ Beschloss ich und übernahm die Führung.
„Warte. Ich zeige dir wie man landet.“
Räum ließ sich bereits im Hinterhof von einem Baum fallen und Cyrill breitete seine Flügel gerade aus, um seinen Fall zu bremsen. Erst wenige Meter über der Erde, schlug er kräftig mit den Flügel in die entgegengesetzte Richtung und landete leicht wie eine Feder. Sanft setzte er Klarissa ab, aber nicht ohne ihr noch davor einen Kuss zu stehlen.
Lächelnd warf sie ihm einen tadelnden Blick zu.
Kopfschüttelnd ahmte ich ihn nach, doch landete nicht ganz so sanft. Jedoch, dieses mal nicht auf meinem Hintern, was ich als Fortschritt erachtete.
Triumphierend schrie ich auf und erfreute mich daran. „Na, wenn das nicht einmal eine gute Landung war.“
Cyrill schüttelte den Kopf. „Ich habe schon Kleinkinder gesehen die besser landen als du.“
Empört blickte ich gegen Himmel und rümpfte die Nase. Ich war immerhin Anfängerin.
„Kleinkinder haben bei euch bereits Flügel?“ Fragte Klarissa verwirrt.
„Ja, schon bei der Geburt. Sie lösen sich in den ersten Monaten von der Haut und müssen trainiert werden, so wie das Gehen und die Hände, das Greifen, das Reden und ähnliche Dinge.“ Überrascht blickte sie ihn an und nickte.
„Sollten wir beide einmal ein Kind bekommen, dann....“
Lachend beschwichtigte er sie. „Nein natürlich nicht. Nur Engel die in der anderen Dimension geboren werden, haben Flügel. Wäre ich hier bei dir geboren worden, dann hätte ich ebenfalls keine.“
Sie seufzte beruhigt. „Und was ist wenn du...“ Er unterbrach sie und deutete auf einige Wachen die nicht sonderlich erfreut waren uns zu sehen. Ich hörte noch, wie er sagte, das sie das später besprechen würden und sprang gerade auf die Wächter zu, die sich Fauchend auf uns zubewegten. Ich breitete meine Flügel aus und sie schienen verwirrt, wenn nicht geradezu entsetzt über diesen Anblick zu sein. Mein erster Fausts schlag traf einen Vampir an der Schläfe, doch riss ihn so stark aus den Stiefeln, dass er noch drei andere mit sich riss. Den restlichen drehte ich einfach nebenbei den Kopf um. Sie würden sich in einigen Stunden wieder erholt haben. Ich wollte hier niemanden töten, da sie alle nur auf Befehl eines Dämons handelten und nicht merkten, das sie manipuliert wurden.
„Engelchen...“ Räum kam zu mir und richtete meinen Träger vom Kleid. „Wir wollen doch nicht, dass sie noch mehr über dich erfahren, oder?“ Er zwinkerte mir zu um mir zu verstehen zu geben was er meinte.
„Wenn es sie ablenken würde meine Brüste zu sehen, dann wäre das doch eigentlich gut für mich, oder?“ Stellte ich als Gegenantwort und auch gleichzeitig als Antwort. Entgeistert blickte er mich an und ich deutete den anderen beiden mir zu folgen. Räum musste ich nicht erst daran erinnern, dass er mir folgen musste. Wenn ich mich mehr als zwanzig Schritte von ihm entfernte, dann klappte er unter Schmerzen zusammen. Lächelnd trat ich in den Salon ein und fand mich plötzlich unter etlichen niedrigen Dämonen wieder. Sie blickten mich unsicher an, als wüssten sie nicht was sie von mir halten sollten.
„Du kannst sie verbannen.“ Murmelte Cyrill mir ins Ohr.
„Wie?“ Fragte ich und die ersten lösten sich bereits aus ihrer Starre. Langsam glitten Aal artige mit Stacheln bestückte Dämonen auf uns zu und zischten gefährlich wie Schlangen. Sie waren hoch giftig, jedoch betäubten sie ihre Beute nur.
„Du kannst sie in deinem Namen verbannen. Immerhin bist du ein Engel.“
Räuspernd ging ich einen Schritt auf sie zu. „In Namen von Ezraela dem Engel. Im Namen von meinem unbändigen Zorn und meinem Hang zur Zerstörung, befehle ich euch sofort in eure abscheuliche Dimension zurückzukehren.“ Manche fingen an zu kreischen und gingen in Rauch auf, oder verwandelten sich zu Matsch. Andere wanden sich noch etwas länger am Boden und versuchten sich in dieser Dimension festzuhalten. Wenige andere schafften es über den Befehl hinaus, doch das waren nur ein paar Kreischerdämonen, denen Räum mit Dämonischen Feuerbällen das Maul stopfte, noch bevor sie es öffneten.
Seltsamerweise, schien er sogar ziemlich erfreut darüber zu sein, seine Kräfte zu benutzen.
„Gut gemacht, Schatz.“ Lobte er mich mit einem stolzen Lächeln und ich warf ihm einen verwirrten Blick zu.
„Wann habe ich dir Anlass dazu gegeben, mich als deine Freundin zu bezeichnen?“
Sein geschockter Blick hinterließ in mir ein Gefühl der Genugtuung. Stolz auf mich selbst ging ich durch den Salon hindurch auf einen langen Gang.
Seltsamerweise wartete dort meine Großmutter bereits.
„Großmutter.“ Ich machte einen Anstandsknicks vor ihr und Klarissa tat es mir etwas verwirrt gleich. Der Dämon Räum und der Halbengel Cyrill verschränkten lediglich abweisend ihre Arme vor dem Oberkörper.
„Liebling. Wie schön dich zu sehen. Unser letztes Zusammentreffen ist nun nicht sonderlich gut ausgefallen.“ Sie deutete zu einem Stuhl auf den ich mich setzen sollte und folgte der höflichen >Aufforderung<.
„Erzähle doch einmal. Wie ich sehe und wohl auch gespürt habe, da du mein Erbe trotzdem in dir trägst, bist du endlich erwacht. Hat dieses... Verzögerte Erwachen, etwa etwas mit... deinem anderen Gen zu tun?“
Sie deutete abschätzig auf meine Flügel und verzog das Gesicht, als würde es ihr nicht passen, einen Engel in der Familie zu haben.
„Nicht direkt, liebe Großmama. Es ist unübersehbar wahr, dass ich ein Engel bin. Genauer gesagt ein wahrer Engel. Mein Ursprungsgen ist das eines Vampirs und das werde ich auch immer sein. Selbst mein Verdauungstrakt weiß das.
Jedoch bin ich die Erbin des verstorbenen Engels Ezrael. Daher hat meine Mutter auch instinktiv auf meinen Namen bestanden. Sie wusste natürlich nicht, das Ezrael sie mit mir bekehrt hatte, doch nichtsdestotrotz, bin und bleibe ich ein Engel. Zumindest, sobald ich das habe was mein Eigen ist.“
Meine Großmutter wirkte nicht gerade begeistert davon, das ich ein Engel bin. Sie sah mich mit so viel ekel an, als wäre ich ein Kakerlake. Jedoch schien sie der Gedanke zu beruhigen, das meine Mutter nichts davon wusste.
„Gut. Dann sage mir bitte was du als dein >Eigen< ansiehst, dann werde ich dir helfen es zu besorgen und du kannst so schnell... dein rechtmäßiges Amt antreten, wie du kannst. Danach werde ich meinen Sohn und meine Schwiegertochter aus ihrem Exil befreien, in dem sie dank dir stecken.“
Dank mir? Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter? Anscheinend sah sie mich nun nicht mehr als ihre Verwandtschaft an. Wutendbrand schlug ich mit der Faust auf den Tisch, sodass das ganze Schloss erbebte.
„Wage es nicht so abschätzend über mich zu sprechen! Vampir. Ich stehe wesentlich über dir, und es ist ausschließlich meine Gnade der du dich zu unterwerfen hast. Immerhin hast du mein Zuhause angegriffen, mich schikaniert vor deinen Leuten, mich abgewiesen als ich noch ein Kind war, meine Eltern ins Exil geschickt und nicht einmal einen Finger gerührt, als ich ganze drei male getötet wurde!“
Sie tat dies einfach mit einem Lächeln ab. „Als würde ich Rechtschaffenheit dafür beziehen, was die Engel taten. Immerhin haben sie dich auf die Welt gesetzt. Es war ihr Wille und nicht der meiner teuren Kinder. Spiel bitte nicht so die Unschuldige. Du bist unter keinen Umständen mein Erbe, sonst würdest du etwas mehr Respekt zeigen und wissen, dass du weit unter mir und meinem Einfluss stehst.“
Ich unter ihr? Ich bin ein Engel. Fauchend breitete ich meine Flügel aus, die wie ein roter Schatten über mir aufragten und fuhr meine Fangzähne aus.
Für einen Moment zuckte sie erschrocken zusammen, doch dann breitete sich ein sichtlich zufriedenes Lächeln in ihren Gesichtszügen aus. In diesem Lächeln lag etwas Diabolisches und herrisches. Etwas das nicht Vampirisch war. Vampire waren eigensinnige, schöne und vor allem arrogante Wesen. Doch dieser Blick, den meine Großmutter ausstrahlte war einzig und allein gehässig.
„Der Dämon sitzt bereits in ihrem Kopf. Cyrill was können wir tun?“
Ich wandte mich einfach von ihr ab und ging auf ihn zu. Sofort bildeten angriffslustige Vampire einen Kreis um die alte zierliche Dame.
„Es ist Belial. Du kannst sie nicht einfach verbannen, sonst nimmt sie alle Vampire mit, die unter ihrem Einfluss stehen.“ Bemerkte Räum, noch bevor Cyrill etwas sagen konnte, doch er schien nicht beleidigt, sondern stimmte Räum zu.
„Er hat recht. Wir müssen sie aus den Köpfen bekommen und das geht nur wenn sie abgelenkt ist.“
Ich nickte und deutete auf einen Gang, an den ich mich erinnerte ins Labor gekommen zu sein. „Dann besuchen wir wohl einmal ihren Diener.“
Klarissa, die uns schweigend beobachtet hatte, nahm Cyrills Hand und folgte ihm. Räum ging voraus und ich machte die Nachhut. Die Vampire, starrten uns weiterhin wie wild gewordene Soldaten an, doch griffen uns nicht an. Anscheinend hatte sie nur begrenzt Macht über deren Köpfe.
Klarissa und Cyrill blickten zu jedem ausgestopften Wesen, entsetzt empor, das die Wände oder den Gang schmückten. Vor einem grimmig drein sehenden Lykaner, machten sie einen größeren Bogen und ich belächelte ihn leicht. Ich konnte noch die Energie fühlen die in ihm ausging. Wenn man ihm von dieser Energie befreien würde, würde er sich zurück in einen Menschen verwandeln, der ausgestopft worden war.
Nun, gut ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich legte meine Hand auf den Brustkorb des Lykaners und entzog ihm die Energie, die ihn konservierte wie er war. Einen Augenblick später, fiel der Körper leer in sich zusammen und sie Sägespäne ergossen sich auf dem Boden. Drähte, kringelten sich auf den Fliesen und gaben ein seltsames Bild wieder.
„Was machst du denn!“ Schimpfte Cyrill und ich schmunzelte.
„Genugtuung üben.“
An jedem weiteren >Ausstellungsstück< an dem wir vorbeikamen, machte ich dasselbe noch einmal, bis wir in den letzten Gang abbogen.
„Wartet hier.“ Flüsterte Räum zu mir und Klarissa und zog Cyrill mit sich.
„Verdammt.“ Hörte ich Cyrill fluchen. Ich hatte das ungute Gefühl das es nicht Räum galt und wollte gerade um die Ecke spähen.
„Okay... Ähm... Hier ist eine Sackgasse. Geht doch einmal zurück und seht nach, ob ihr einen anderen Weg findet.“
Cyrill schob uns in die Richtung aus der wir gekommen sind und lächelte aufgesetzt. Klarissa und ich sahen uns für einen Moment an, ob wir das glauben sollten, dann nickte sie und ich warf Cyrill mit einer gekonnten Bewegung über die Schultern.
Kopfschüttelnd ginge wir zurück wo Räum auf Cyrill wartete, der hektisch vom Boden aufstand.
„Ah!“ Schrie Klarissa auf. Im selben Moment wünschte ich auch etwas sagen zu können, doch kein Wort drang mir über die Lippen. Es war mehr ein Zischen.
Bei meinem ersten mehr oder weniger freiwilligen Besuch hier auf der Insel, war ich schon einmal an der Statue vorbeigekommen. Damals hatte ich mir gedacht, wer nur einem Engel so etwas Bösartiges antun konnte.
Entsetzt und geplagt von Zorn der Frei in lauf gesetzt werden wollte, stolperte ich auf den Engel zu und berührte ihn am Huf. Die Knie waren in die andere Richtung gebogen, was ihn größer und raubtierartiger erscheinen ließ. Graues lederartiges Fell zog sich bis über seine Hüften, die von einem Lendenschurz bedeckt waren hinauf. Der Brustkorb war wie bei einem Hund nach außen gewölbt und lediglich der aufrechte Gang, sowie die kräftigen Schultern ließen darauf schließen dass dieses Wesen menschenähnlich war. Ab den Ellenbogen jedoch wirkte dieser Engel überhaupt nicht mehr menschlich. Kettenartige schwarze metallen die mit dem Arm verwachsen waren, hingen schlaff hinab und gliederten sich in drei Fingerartige Enden.
Aus seinem breiten Rücken, der skelettartig verbogen und somit etwas eingefallen wirkte, ragten vier mächtige Flügel heraus und gaben dem furchteinflößenden Körper ein majestätisches Aussehen. Der Kopf jedoch, der auf einem langen dünnen Hals saß, war Oval wie ein menschlicher Kopf und gerade einmal von einer dünnen Hautschicht überzogen. Der Mund sah auf den ersten Blick aus wie ein dünner Strich, der von Fäden zusammen gehalten wurden. Die Augenhöhlen, die leer in den Gang blickten und etwas verborgen von dem braunen Haar lagen, ließen mich darauf schließen, dass dieses Wesen das vor mir stand, kein bisschen menschlich war jedoch glich es keinem anderen Wesen, das ich kannte. Nichts, das es in unserer Dimension gab.
„Ezraela... Es tut mir so leid.“ Murmelte Cyrill hinter mir.
„Warum sollte es dir leid tun? Das ich meinen Vater den ich endlich einmal sehe. Oder eher wieder einmal sehe, nur damals wusste ich nicht, das er es war. Dieser Dienerdämon hat ihn gefoltert und hier zur Schau aufgestellt in seiner geschwächten Form. Was zum Himmel, also sollte dir dabei leid tun?“
Cyrill blickte betreten zu Boden und wusste anscheinend nicht recht was er sagen sollte. Einerseits, war ich überrascht, das ich überhaupt Zorn spüren konnte, doch andererseits sollte es mich doch überhaupt nicht überraschen. Immerhin war ich der Engel über Zorn und Zerstörung. Nichts war zerstörerischer als zu sehen wie ein Familienmitglied gefoltert und gedemütigt wurde. Also, war das überhaupt kein Gefühl? Oder bildete ich mir das nur ein? Ich war einfach anscheinend noch nicht so weit, das zu verstehen.
Vorsichtig zog ich die Energie aus dem Körper der einzig und alleine im inneren aus Sägespänen bestand und ließ sie langsam aus den zugespitzten Ohren des Wesens sickern. Nur eine einzige Minute später, sank auch die Haut auf den Boden und zerfiel zu Staub, der sofort im Boden versank.
„Es tut mir leid, Vater. Ich wünschte wir hätten uns unter besseren Umständen kennen gelernt.
Plötzlich fühlte ich tatsächlich so etwas wie eine Gefühlsregung in mir. Ein ziehen zog sich durch meinen Bauch hinauf in mein Zwerchfell und bohrte sich dort in das leere Loch, an dem mein Herz sitzen sollte.
Nur unter Zwang unterdrückte ich ein Schluchzen und sprengte einfach um mich auf andere Gedanken zu bringen, ein Loch in die Wand.
Ohne mich noch einmal umzudrehen stieg ich hindurch und betrachtete die große leere Halle.
„Er ist weg. Aber warum hat er seine... Ausstellungsstücke hier gelassen?“ Bemerkte Räum und suchte auf den frisch geputzten Schreibtischen nach hinweisen. Vergebens.
Cyrill hielt Wache und Klarissa half mir beim Suchen und überprüfen der Kästen.
„Ich habe etwas. Es ist eine Nachricht.“
Räum stellte eine kleine Box mit einem Brief darauf auf einen Tisch und reichte den Brief weiter.
„Bitte verzeih für die dreiste Entführung deines Herzens, kleiner Engel. Ich brauchte es für einen Versuch, doch wie sich herausstellte war es nicht stark genug. Du kannst es unversehrt wieder haben. Belial.“
Klarissa blickte uns verwirrt an. „Ist das normal?“ Ich entriss ihr den Brief und las ihn noch einmal durch. Was sollte das denn?
Räum, der mit dem Kästchen herumspielte um es auf zu bekommen, schnaufte genervt. „Okay, ich gebe auf, ich bekomme es einfach nicht auf.“
„Das ist auch ein Dämonisches Kästchen das auf Blut reagiert. Idiot das weiß sogar ich. Es hält Dämonisches drinnen oder verschließt es vor ihnen. So etwas solltest du wirklich wissen.“ Schrie Cyrill ihn an, entriss ihm das Kästchen um es mir weiter zu reichen. Ich nahm es in die Hand und sofort sprang der Deckel einen Zentimeter auf. Klarissa nahm es mir ab, sodass ich hinein greifen konnte.
Ich staunte nicht schlecht, als ich tatsächlich mein Herz darin vor fand. Es pulsierte nur schwach, sodass ich Angst hatte, das es vielleicht bald nicht mehr schlug. Vorsichtig nahm ich es heraus und war erschrocken darüber wie kalt es doch war.
„Ich gebe es dir wieder hinein.“ Räum griff danach, als wäre dies selbst verständlich, doch sofort stellte sich Klarissa dazwischen und schlug ihm mit der flachen Hand eine über die Wange. Das klatschende Geräusch, ließ Cyrill und mich zusammen zucken. Räum dagegen blickte so drein, als könnte er es nicht fassen geschlagen zu werden.
„Du wirst es nicht anfassen. Und außerdem ich denke du solltest besser Abstand nehmen. Wenn Ezraela ihre Gefühle wieder hat...“ Sie sprach nicht weiter, doch wir wussten was sie meinte. Sie hatte recht. Ich kannte mich gut genug um zu wissen, das ich es niemals verzeihen könnte, egal was auch danach passiert war.
Ich reichte Cyrill mein Herz und danach zog ich das Blut das sich in seinem Körper befand wieder heraus. Seine Narbe schloss sich sofort.
„Geh jetzt besser.“ Sagte ich ihm direkt ins Gesicht, doch er schien unschlüssig.“
„Aber ich...“
Ich ballte etwas Energie in meine Faust, die jedoch nicht tödlich war, und schlug damit auf seinen Brustkorb ein, sodass er durch den ganzen Raum flog und auf der anderen Seite gegen die Wand donnerte.
Schockiert blickte er mich an und konnte es nicht fassen. „Ich...“ Fing er an, doch dann sah ich Tränen in seinen Augen aufsteigen und im selben Moment verschwand er in Rauch.
Seltsamerweise fühlte ich mich nun ziemlich gut. Mein Blick fiel wieder auf das Herz. Geistesabwesend betrachtete ich es, bevor Klarissa mir eine Hand auf den Arm legte.
„Ezraela, du musst wissen, dass das alles Räum nicht gemacht hat um dir zu schaden. Er wollte nur deine Gefühle für ihn ändern.“
Cyrill schnaufte auf, als wäre es das lächerlichste, das er jemals gehört hatte. „Das hat er ja wunderbar geschafft.“
Klarissa warf ihm einen eisigen Blick zu der ihn zum Schweigen brachte. „Klarissa ich weiß nun mittlerweile, das Räum und ich uns näher stehen als man annehmen möchte. Meine Seele kommt von einer fernen Dimension, die Jahrtausende brauchte um hier her zu kommen und Räum wieder zu finden. Vielleicht sind unsere Seelen miteinander verbunden, doch mein Körper und meine Gefühle gehören ihm nicht. Sie sind an eine andere Welt gebunden.
Ein anderes Leben oder eine andere Welt... vielleicht wäre es da anders gelaufen. Doch, sieh mich an. Wie könnte ich, als ein Engel, eine Verbindung zu einem Dämon eingehen. Vielleicht eine Familie gründen und glücklich und zufrieden sein bis ich an seiner Seite sterbe. Klarissa wir sind nicht in einem Märchen. Das hier ist real. Wir kämpfen für unsere Freiheit, für unsere Ziele. Wir müssen unsere Wege selbst gehen, niemand zeigt uns das wir einfach diesen gehen. Meist ist es besser wir gehen den schwereren um zu lernen. Der einfache lenkt uns lediglich auf die falsche Seite. Und so ungern ich es lassen würde, das alles nicht empfinden würde, was ich nun werde. Vielleicht bringt es mich ja sogar um. Aber trotzdem muss ich diesen Weg gehen, um stärker und reifer zu werden. Wir haben außerdem noch ein Abenteuer vor uns. Wir müssen endgültig diese Welt von den Dämonen bannen.“
Klarissa lächelte schwach und umarmte mich. Für einen Moment wusste ich nicht was ich tun sollte, doch dann legte auch ich beide Arme um sie und gab mich dieser kleinen freundschaftlichen Geste hin.
Plötzlich spürte ich wie sie nickte und im nächsten Moment explodierte in meinem Brustkorb ein unbändiger Schmerz. Blutige Tränen stiegen meine Augen hoch und ich sank langsam mit Klarissa zu Boden, die mit tröstenden Worten auf mich einsprach...

Genauso schnell, wie er seine Hand in den Rücken von Ezreale gebohrt hatte um ihr Herz an seinen rechtmäßigen Platz zu setzen, so versuchte er sie nun vorsichtig wieder heraus zu ziehen. Er wollte nicht, dass er noch andere Organe verletzte. Klarissa ließ sich mit der schluchzenden Ezraela auf den Boden sinken und tröstete diese.
Ihre Flügel lagen schlaff auf den Boden und selbst Ezraela wirkte so, als könnte sie ihre Körper ohne Klarissa überhaupt nicht mehr aufrecht halten. Er fragte sich wie es war plötzlich alle Gefühle auf einen schlag wieder zu spüren. Dann sah er hinunter zu dem roten gebrochenen Engel und wünschte sich dies niemals zu erfahren.
Klarissa tröstete den Engel noch über eine Stunde, bevor diese erschöpft in ihren Armen einschlief.
„Und was machen wir jetzt?“ Flüsterte Klarissa und strich durch Ezraelas Haar.
„Ich werde Mutter rufen, das wir bereit sind.“
„Bereit für was?“ Fragte Klarissa sofort unsicher, doch er antwortete nicht. Einige Schritte entfernte er sich von den zwei Frauen und spielte mit seinem Ring. Er drehte ihn wie beim letzten Mal, dreimal herum, dann öffnete sich ein Portal und der Ring entwand sich seiner Hand.
„Komm. Sie erwarten uns. Ich trage Ezraela.“ Cyrill hob den eingeschlafenen Engel hoch und Klarissa hob die Flügel etwas an, damit sie nicht auf dem Boden schleiften. Lächelnd blieb Klarissa am Eingang des Portals stehen und schüttelte den Kopf.
„Was ist los?“ Fragte Cyrill.
„Ich kann nicht mit. Menschen ist es verboten das Engelsreich zu betreten.“
Lächelnd musste er daran denken, was wohl seine Mutter sagen würde. Kopfschüttelnd beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie. Sofort breitete sich wieder ein angenehmes unruhiges Gefühl in seinem Brustkorb aus das sein Herz zu einer Höchstleitung antrieb.
„Dummerchen. Du bist mein Herz. Und ich brauche dich immer an meiner Seite, egal in welcher Dimension. Ich möchte nicht das Jahre vergehen, bevor ich wieder bei dir bin.“
Klarissa lächelte ihn liebevoll an. „Du hast recht.“ Sie klammerte sich an sein Hemd und spürte sofort wie nun auch sie das Portal übernahm. Im nächsten Moment sah sie nur weiß und konnte es nicht fassen. Sie hatte das Reich der Engel betreten.

Auf direkten Weg in die Hölle

Ezraela saß auf einem Balkon, der zu ihrem Zimmer führte und genoss die Aussicht. Vor ihr erstreckten sich Türme, Häuser, Villen und Paläste. Lachende Engel flogen in ihrer natürlichen Form durch die Lüfte. Der Duft von Blumen, die so ziemlich in jedem Garten wie Gras sprossen erfüllten die Luft mit ihren einzigartigen Düften. Nicht einmal auf der Erde hatte sie so etwas jemals gerochen. Doch so sehr sie jeden Tag und jede Nacht diese Aussicht genoss. Sie musste einen Wunsch erfüllen.
Sie sprang in die Tiefe und zügelte ihr Tempo nur etwas. Dann machte sie ein paar mächtige Flügelschläge und katapultierte sich nach vorne. Mit einer Geschwindigkeit, die nur ein Engel erreichen konnte flog sie durch die himmlischen Lüfte und wurde von alles Seiten freundlich begrüßt. Sie hatte sich ziemlich schnell eingewöhnt und hatte genauso schnell Anschluss gefunden. Jeder war ihr mit offenen Armen... oder ähnlichem... entgegen gekommen. Wie sich herausstellte, gab es noch mehr Planeten in dieser Dimension, die von Lebewesen bevölkert waren und davon waren wohl genauso viele tugendhaft wie Menschen. Sie hatte sich die verschiedenen Kreaturen genau eingeprägt. Sie waren an sich alle sehr interessante Wesen. Offenherzig, mehr oder weniger auch manche witzig und freundlich.
Seit sie hier war, hatte sie nur noch wenig Zeit auf der Erde verbracht. Beinahe überhaupt keine, bis auf ein paar wenige Besuche.
„Mami!“
„Mami!“ Ertönten zwei stimmen vor ihr. Erschrocken wie nah sie der Kindergrippe bereits war, bremste sie ab und landete elegant wie immer. Lächelnd öffnete sie ihre Arme und schloss die beiden brünetten Mädchen darin ein. Mit breitem Grinsen erzählten sie was sie gelernt hatten und ihre Jüngste führte ihr sogar einen Trick vor.
„Okay, okay. Ich habe es verstanden. Würdet ihr jetzt einen Moment zuhören?“
Artig blickten sie zu dem strengen Blick ihrer Mutter auf, wie Soldaten die einen Befehl erwarteten.
Kopfschüttelnd küsste sie beide auf die Stirn. „Ihr beide macht es einem nicht gerade einfach. Ich wollte euch eigentlich gerade erzählen, dass wir heute Tante Klarissa und Onkel Cyrill besuchen werden.“
Begeistert kreischten beide los und bombardierten sie mit Fragen. Beschwichtigend versuchte sie beide in ihrer Begeisterung zu zügeln.
„Aber ihr müsst mir versprechen euch zu benehmen. Nicht so wie beim...“
Sofort zogen die kleinen Mädchen ihre Mutter in die Kindergrippe, wo gleichaltrige mit ihnen immer spielten und erzählten freudig wohin ihre Reise gehen würde.
Seufzend konnte sie endlich nach einer Stunde aufbrechen.
Sie erschuf im Garten mit ihrem Willen ein Portal und alle Kinder fingen zu staunen an. Den meisten Engeln war es bis ins späte Alter verboten auf die Erde zu gehen, doch für manche gab es ausnahmen. So wie für sie.
Ezraela erschuf ein Portal das sie direkt im Garten der kleinen dreiköpfigen Familie absetzte.
Kaum hatte sie einen Fuß auf die Erde gesetzt, schwärmten die Zwillinge auch schon aus. „Kinder! Ich sagte ihr sollt euch benehmen!“
Lachend liefen sie ins Haus, das gerade von einem verwirrt aussehenden Teenager geöffnet wurde. „Oh, dachte ich mir doch das ich ein Portal gefühlt habe. Hallo Tante Ezraela.“
Sie küsste den Halbwüchsigen Feenjunge auf die Wange und lächelte freundlich. „Hi! Sind deine Eltern zuhause?“ Er nickte und deutete mit dem Daumen hinter sich. „Mum ist in der Spätschicht, doch Dad ist schon zu Hause. Ich glaube er kocht gerade.“
Ezraela warf einen kurzen Blick gen Himmel und seufzte. „Okay, ich komme später rein, ich muss erst einmal zu Lelouch. Sag deinem Vater >Hallo< von mir.“
Er nickte nur halbherzig und zog eines der Mädchen an einer Locke. „Na, du willst wohl auch nicht älter werden, Kylight.“
Empört schnaufte sie und gab etwas dagegen. Stolz auf ihre Zwillinge entfaltete sie ihre Flügel wieder und flog ein paar Städte weiter.
Auf dem Dach eines Hochhauses ließ sie sich nieder und öffnete die Türe die mit einem Geheimcode versehrt war damit nur Familienmitglieder von hier aus ins Gebäude konnten. Oder für Lelouch, wenn er wieder einmal schnell verschwinden wollte.
Sie achtete darauf, dass das Schloss wieder einrastete und glitt eilig die Stiegen hinunter.
Im vierundsiebzigsten Stock verließ sie dann das Treppenhaus und suchte die Türe, die zu Lelouch führte.
Sie klopfte zweimal und trat einfach ein. „Störe ich?“
Ein schwarzhaariger Schopf wandte erschrocken seinen Blick zu ihr um. Seine eisigen hellblauen fast grauen Augen fixierten sie mit einem beinahe tödlichen Blick, den er sich eindeutig von ihr angewöhnt hatte. Als er sie erkannte kam ein breites Lächeln auf seinen vollen Lippen auf.
„Mutter! Wie schön. Du bist endlich hier.“
Trotz, seines Alters, fiel er ihr sofort um den Hals und drückte sie fest.
„Natürlich bin ich das, mein Schatz. Es hat nur etwas länger gedauert, da deine Schwestern in der Krippe noch groß erzählen mussten, dass sie auf die Erde dürften.“ Lachend deutete er ihr sich zu setzen.
„Erzähl schon, wie geht es ihnen? Sind sie endlich gewachsen? Kann ich ihnen schon Blödsinn beibringen?“
Kichernd schob sie ihre dicken Stiefel auf den Tisch und lehnte sich im Sessel zurück. „Als würden sie deine Hilfe dabei benötigen. Sie sind gerade bei Cyrill und eurem Cousin Knox. Bestimmt räumen sie schon wieder sein Zimmer um.“
Lachend schenkte er ihr ein Glas Scotch ein. „Stimmt, ja. Er ist jetzt... Sechzehn, oder? Nicht mehr lange, dann wird sich zeigen, dass er ganz nach seiner Mutter schlägt.“
Das stimmte. Cyrill hatte als er das letzte Mal als er im Engelsreich war, seine Flügel aufgeben müssen, da er lieber bei seiner großen Liebe Klarissa, einer Dunkelfee geblieben war. Seine Mutter, der Erzengel Jophiel, war absolut nicht begeistert darüber gewesen, doch hatte sie sich seinem Willen gebeugt und sie sogar vermählt. Eine solche Ehre erhielt man nur selten. Von einem Erzengel vermählt zu werden.
Sie dachte an ihre Liebe und spürte einen Stich durch ihren Brustkorb gehen. Sie sah ihn kaum noch, denn jedes mal wenn sie ihn sah, konnte sie sich nicht entscheiden ob sie ihn töten oder lieben wollte.
„Mutter? Hörst du mir noch zu? Du denkst an Vater, oder?“ Ja an den dachte sie Wahrlich. Sie hatten nur einmal miteinander geschlafen, seit sie ein Engel geworden war, doch das hatte ausgereicht um schwanger zu werden. Immer noch sah sie sein überraschtes Gesicht, dass sich innerhalb von Sekunden in ein überglückliches verwandelt hatte. Sie konnte noch immer die Worte der großen Erzengel in ihren Ohren hören und die verachteten Blicke in ihrem Rücken spüren. Jedoch seit die kleinen auf der Welt waren, schien sich ein großer aufgestauter Seufzer gelöst zu haben. Alle schienen durchzuatmen und sich endlich zu entspannen. Ihr erstgeborener Lelouch, schien zwar mehr nach seinem Vater zu schlagen, doch konnte bis zu seinem zwölften menschlichen Lebensjahr in der Engelsdimension bleiben, bevor er anfing Stimmen von anderen Dämonen zu hören, die von der Erde zu ihm hinüber klangen und fühlte sich auch nicht mehr recht wohl.
Zu diesem Zeitpunkt war sie das erste Mal mit Lelouch zu seinem dämonischen Vater Räum gegangen und ihm erzählt was los war.
Seine beiden Zwillingsschwestern jedoch, Aaina und Kylight waren vollkommen anders. Sie alterten so langsam wie Engelskinder und benahmen sich auch genauso. Zwar besaßen alle drei Engelsflügel, doch nur Lelouch schien sie nicht verbergen zu können. Andererseits, trug er auch einen schwarzen Fuchsschwanz und seine Eckzähne ähnelten eher dem eines Raubtieres, als dem eines menschlichen Gebisses. Doch das was sie am meisten an ihrem Sohn faszinierten waren seine Augen. Sie waren so eisig blau und ähnelten so sehr denen seines Vaters, als er noch ein Mensch gewesen war, dass sie nicht anders konnte als darüber zu lächeln.
„Nicht nur, mein Schatz. Ich denke über alles mögliche nach. Wie geht es dir hier? Wie ich sehe, hast du dich ganz schön nach oben gearbeitet. Ich muss nicht mehr so viele Stockwerke hinab laufen, wenn ich dich sehen will.“ Scherzte sie, was ihr einen bösen Blick einbrachte.
„Ja, nicht mehr lange dann bin ich Firmenchef. Zwar ist es keine Milliardenfirma, oder etwas wo ich ein ganzes Imperium leiten könnte, doch für meine ersten hundert Jahre reicht es mir.“
Sie kannte seinen schwarzen Humor mittlerweile nur zu gut. Da er einem Dämon so ähnlich sah, hatte er sich oft von den anderen Engeln anhören dürfen, dass er bestimmt einmal ein Imperium versklaven würde. Nach einigen Jahren, war das sein persönlicher Humor geworden, den jeder höflich belächelte.
„Hast du schon einen andere Dämonen getroffen?“
Lelouch schüttelte den Kopf. „Nein, es ist beinahe so, als würden sie mich meiden. Vater schickt mir zwar ständig Trophäen, wenn er gerade wieder melancholisch ist, doch ihn scheinen sie regelrecht zu verfolgen.“
Ezraela vermutete, dass es an Lelouch Engelsherkunft lag, dass die anderen Dämonen ihn eher umgingen.
So wie sich Feen von Engelskinder angezogen fühlen, so fühlen sich Dämonen abgestoßen von der Energie von Engeln.

„Nun, ja in ihren Augen ist er ein Verräter der dämonischen Natur. Was glaubst du wie die Engel einen anderen Engel jagen würden, der beschließt den Dämonen zu helfen.“ Sie sah geradezu den Schauder über seinen Rücken laufen, als sie die Worte aussprach. Natürlich hatte sich Lelouch ständig gegen solche Geschichten währen müssen. Es war schwer im reich der Engel dämonisch zu sein. Selbst wenn er nur vom aussehen dämonisch schien, waren sein Charakter unendlich liebevoll und seine Sorge um andere beinahe greifbar. Wäre ihm nicht sein Jähzorn im Weg gewesen, der seine dämonische Energie verstärkte, wäre er vermutlich immer noch im Engelsreich und ein angesehenes Mitglied.
„Du hast recht. Nun, ja wenigstens ist Vater klug genug sich nicht schnappen zu lassen.“
Wie auf Kommando, explodierte hinter ihnen ein gewaltiger Knall und im nächsten Moment lag zwischen den Resten eines Bücherregals und in der Luft schwebenden Seiten ein lachender Dämon. Seine menschliche Form wieder annehmend, stütze sich Räum ab und betrachtete das Chaos. „Ähm... tut mir leid wegen dem Regal... Ezraela?“ Jetzt bemerkte er sie und in seinen Augen blitzte liebevolle Erkenntnis auf.
Während sie noch versuchte dem Drang ihm um den Hals zu fallen, nicht nachzugeben, schluckte sie ihren Klos hinunter und hob gebieterisch den Kopf.
„Räum.“ Sagte sie ausschließlich zur Begrüßung und wandte ihren Blick wieder ab.
Lelouch schüttele den Kopf. „Hallo, Vater. Würdest du mir vielleicht erklären ,warum du in meinem Bücherregal gelandet bist?“
Währenddessen, Räum erzählte wie er von Belial verfolgt worden war und sie ihm beim Entmaterialisieren aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, reichte er ihm ein volles Glas Scotch.
Ezraela schüttelte währenddessen den Kopf. „Das ist doch lächerlich. Was hat diese Dämonenschlampe vor? Von der Organisation habe ich vor ein paar Jahren gehört, dass sie immer mehr Vampire auf ihre Seite zieht und als Armee zusammenrottet. Noch dazu hat sie drei Dienerdämonen auf ihrer Seite. Sie wird immer mächtiger und mächtiger, und niemand tut etwas dagegen. Das ist doch lächerlich!“
Räum, der immer noch neben dem kaputten Bücherregal stand, kippte seinen Scotch hinunter und seufzte. „Ich weiß was du meinst. Wenn sie so weiter macht, wird sie auch die Blockade in dieser Dimension zerstören. Und wenn sie das Schaffen dann geht die Apokalypse los.“
Lelouch schüttelte den Kopf. „Und die wird direkt gegen den Himmel ziehen und einen neuen Krieg auslösen.“
Einen neuen Krieg... Die Engel haben genau deshalb neue Dimensionen erschaffen. Alleine um einen neuen Krieg zu vermeiden. Stadtessen hat es die Dämonen stärker gemacht, das neue Dimensionen neuen Kummer und Schuld in sich trugen.
„Mutter! Vorsicht... Ich kann jemanden hören!“ Ezraela sprang nun doch von ihrem Stuhl auf und blickte sich um. Lelouch hatte die ungewollte Fähigkeit, die Gedanken von Dämonen zu hören. Je weiter sie weg waren umso leiser waren sie, doch wenn sie sich in derselben Dimension befanden, oder sogar am selben Kontinent, war es für ihn, als würde sie neben ihm stehen und sich unterhalten. Die Dämonen wussten zwar nichts von seiner Fähigkeit, doch alle die davon wussten, hielten es nur mehr für eine Frage der Zeit bis die Dämonen es bemerkten.
„Wer kommt?“
Lelouch hob unsicher die Schultern. „Ich weiß es nicht. Sie verbirgt ihre Gedanken vor mir.“
„Also doch kein Dämon?“ Fragte nun Räum, der Ezraela instinktiv Rückendeckung gab.
„Doch, schon ein Dämon, aber...“
Im nächsten Moment, schien sich ein Schatten aus der Wand zu lösen. Zuerst zwei mächtige Hörnern, dann ein blonder Kopf und nach und nach der Körper einer zwölfjährigen.
Mit spitzen Zähnen lächelte die Dämonin ihnen entgegen. „Hallo, mein Herz!“ Ihr spöttische Blick zuckte zu Lelouch, der hinter Ezraela bedrohlich knurrte und mit dem Schwanz hin und her peitschte wie eine gereizte Katze.
Ezraela schob sich sofort vor ihren Sohn und breitete ihre Flügel aus. „Du brauchst mich nicht einzuschüchtern. Ich bin nicht zum Kämpfen hier.“
Räum, der genauso wenig wie die anderen beiden Personen in diesem Raum glaubten, was sie sagte, schob sich vor Ezraela und seinen Sohn.
„Verschwinde sofort von hier, oder ich zeige dir wie ein richtiger Kampf aussieht!“ Brüllte er gereizt.
Die Dämonin wich seiner Faust gekonnt aus und landete grazil auf dem Schreibtisch.
Das Büro war zu ihrem Glück groß genug für einen Kampf, doch das sie sich in einem Hochhaus befanden wo sich hunderte von Menschen aufhielten, zerbrach Ezraela den Kopf.
„Was willst du von uns?“ Zischte Ezraela und fühlte wie ihre Fangzähne aus dem Kiefer brachen.
„Nur eine kleine Warnung überbringen. Oder, nun, ja... Eher eine Erinnerung. Die Zeit tickt und ich habe nicht sonderlich viel Zeit. Ezraela, ich wollte dich bitten mich zu begleiten.“
Überrascht blickte Ezraela die Dämonin an. „Warum sollte ich mit dir gehen? Du bist ein Dämon und ich ein Engel! Nichts auf der Welt würde mich dazu bringen dich auch nur eine Sekunde zu begleiten.“
Die Dämonin streckte sich auf dem Schreibtisch aus und kicherte wie ein Kind. Bitter dachte sie an ihre Töchter und war froh darüber sie nicht mit hier her gebracht zu haben.
„Du wirst mitgehen. Egal ob freiwillig, oder ob ich die Kontrolle über dich übernehmen muss.“
Ezraela griff sich entsetzt an die Stelle, wo ihr Herz saß und konnte es nicht fassen. Wie dumm waren sie alle gewesen um zu glauben das sie nichts damit angestellt hatte.
„Sieh mich nicht so an. In meinem Brief stand die Wahrheit. Ich wollte dich eigentlich mit deinem Herz dazu zwingen das zu tun was ich will, doch jedes mal wenn ich es fester angefasst habe, ist es beinahe zerbrochen unter meinem Willen. Darum dachte ich mir, warum nicht warten. Warten bis dein Herz stärker ist und du Frieden gefunden hast. Warum nicht warten, bis ich dich mit einem Fingerschnippen, einfach mitnehmen kann. Meinen persönlichen Engel!“
Ezraelas Blick zuckte zu Räum. Lelouch hinter ihr flüsterte >Nein<. Im selben Moment, wo beide Männer nach vorne sprangen um den Dämon auszulöschen, verspürte Ezraela einen Schmerz, der sie daran erinnerte, wie sie zum Engel geworden war. Derselbe Schmerz breitete sich abermals in ihrem Körper aus und sie fühlte wie ihr Herz dunkel wurde. Sie fühlte wie eine andere Stimme in ihren Kopf drang und sie dazu verleitete einfach nachzugeben. Denn wenn sie nach gab, würden auch diese Schmerzen verschwinden.
Nein, das geht nicht! Ich kann...
Doch du kannst! Sprach die Stimme in ihrem Kopf. Du bist schon lange kein Engel mehr. Schon seit du dir das Herz hast wieder hinein geben lassen.
Du lügst! Es war bis jetzt alles gut! Ich werde nicht aufgeben. Niemals! Sie schrie in ihren Gedanken so laut sie konnte. Sie wusste nicht ob die Stimme sie hören konnte, doch was sollte sie sonst tun?
Lelouch versuchte zu seiner Mutter zu kommen, doch eine unsichtbare Wand hielt ihn davon ab, mehr als einen Schritt zu gehen. „Mum! Nein! Kämpfe dagegen! Bitte Kämpfe Mama!“
Doch es hatte keinen Zweck. Er konnte das gewinnende Lächeln im Gesicht des Dämons sehen und konnte fühlen wie die Dunkelheit sich über seine Mutter ausbreitete. Wenn sie dagegen ankämpfte, zögerte sie es zwar hinaus, doch er konnte fühlen das es nichts helfen würde. Ein blick zu seinem Vater sagte ihm, das selbst er völlig verzweifelt war. Was sollten sie tun um Mutter zu befreien?
Ezraela, die währenddessen nichts außer den elenden Qualen fühlte, versuchte sich zu bewegen, doch konnte sie nicht erkennen wo oben, oder wo unten war. Befand sie sich überhaupt noch in einem Raum?
„Mum!“ Sie folgte der Stimme, die immer wieder durch die schmerzen hin durchgriffen, doch konnte sie nicht erkennen in welche Richtung sie überhaupt ging. War es überhaupt der richtige Weg? Wo befand sie sich überhaupt? So viele Fragen schossen durch ihren Kopf.
Für den Moment fühlte sie sich sicher und schnaufte durch. Die Schmerzen waren verschwunden. Unsicher blickte sie sich um, doch konnte nichts sehen.
„Lelouch! Räum! Wo seid ihr?“
Frag dich lieber wo du bist! Wieder diese Stimme sie zuckte durch ihren Kopf und lachte spöttisch.
Verärgert schlug sie nach einem Luftzug und nach noch einen.
Du kannst mich nicht erwischen! Ich bin in deinem Kopf!
Ezraela biss die Zähne zusammen und fauchte in die Dunkelheit. Wieder ertönte ein spöttisches Lachen.
„Was willst du machen? Du kannst mich nicht dazu zwingen, dir zu helfen!“
Die Stimme in ihrem Kopf gab einen abschätzigen Laut von sich. Ach wirklich? Und was ist mit Räum? Er hat doch die ganze Zeit mit dir gemacht was er wollte! Er wollte das deine Seele weiter lebt und sie lebte weiter. Er wollte dich wiederfinden und er fand dich. Er wollte das du dich wieder in ihn verliebst... du tatest es!
„Ja ich habe es verstanden!“
Nein hast du nicht! Er wollte das du ihn und nur ihn liebst! Und was machst du? Du bindest dich unwiderruflich an ihn. Er hat dir dein Herz in mehr als nur einer Hinsicht gestohlen, du dummes Stück!
„Das ist mir egal. Ich habe gelernt damit zu leben! Ich bin jetzt glücklich!“
Lüge!
„Ich lüge nicht!“
LÜGE! Die Stimme in ihrem Kopf wurde immer lauter und lauter während sie immer wieder das selbe sagte. L.Ü.G.E.
„Verschwinde aus meinem Kopf! Das geht dich nichts an!“ Ezraela wusste sie musste stark bleiben. Für ihre Kinder. Wer sollte sie sonst erziehen wenn nicht sie? Räum! Sie musste zu ihm. Sie wollte zu ihm.
Siehst du! Du bist abhängig von ihm. Ohne ihn gäbe es dich heute überhaupt nicht mehr. Er hält dich fest und versklavt dich. Er versklavt deine Seele!
„Nein tut er nicht! Hör auf solches dummes Zeug zu reden.“
Ach ist es etwa dumm die Wahrheit zu sagen?
„Als würde ein Dämon jemals die Wahrheit sagen!“
Ach, ja! Und was ist dann mit den Engeln? Sagen sie immer die Wahrheit? Haben sie dich etwa um deine Herkunft aufgeklärt? Haben sie dich gelehrt wie du dich auf deine Gabe vorbereitest? Oder vor den Schmerzen gewarnt?
Abermals explodierte in ihr ein Schmerz, der sie zu Boden warf.
Im nächsten Moment befand sie sich wieder im Büro und sah Räum bewusstlos, oder tot am Boden liegen.
Lelouch stand zu ihrer rechten und schrie etwas auf sie ein. Er wirkte völlig aufgelöst, doch sie verstand nicht warum. Im nächsten Moment hörte sie das hohe glockenhelle lachen des Dämons.
Wie konnte sie so etwas nur vergessen? Natürlich, sie musste ihre Familie beschützen!
Mit einem lauten Aufschrei, quälte sie sich auf die Knie und blickte den verwirrten Dämon hasserfüllt an.
Sie fühlte wie die Dunkelheit des Dämons Macht über sie erlangte. „Nicht so! Du bekommst sie nicht!“
Erkenntnis leuchtete in den Augen des Dämon auf, gefolgt von entsetzen und unkontrollierbarer Wut.
Ezraela kam hoch und ließ sich durch den Bann, der ihn einschloss, hindurch in die Arme ihres Sohnes fallen.
Sie würde diesen Kampf verlieren, das fühlte sie ganz deutlich. „Ich nehme sie mit!“ hauchte sie ihrem Sohn ins Ohr, bevor sie sich von ihm abstieß und ihre Fangzähne im Hals des Dämons versenkte.
Der Dämon versuchte sich zu retten, indem sie sich in einen Schatten sinken ließ, doch Ezraela blieb so fest verbissen, dass sie mitnehmen musste. Schreiend materialisierte sich die Dämonin wieder und starrte entsetzt das Fenster an. Natürlich konnte ein Schatten nicht durch das Licht wandern. Ezraela bündelte etwas Magie in ihrem Finger und ließ das Glas zerbrechen. Sofort packte eine Windböe sie beide und katapultierte sie aus dem Gebäude.
Verzweifelt versuchte sie mit ihren Flügeln ein Gleichgewicht zu finden, doch ihre weichen Federn waren verschwunden. Hinter ihr ragte lediglich nur mehr das Skelett der einst so schönen Flügel auf. Bitterkeit legte sich um ihr Herz und sie biss noch stärker in den Hals. Mit einem Kräftigen Ruck entzweite sie den Hals der Dämonin und stieß einen Schrei des Unglücks aus.
Während sie dem Abgrund mit höher werdender Geschwindigkeit entgegen kam, versuchte sie die Gesichter der Menschen vor ihrem inneren Auge zu finden. Zuerst erschien Räum ihre einzige Liebe, dann Lelouch ihr lieblicher Sohn, danach Aaina und Kylight mit ihrem entzückenden schmunzelnden Lächeln und Caro mit ihrer Störrischen belustigten Mine.
Das nächste was sie fühlte war der dumpfe Aufschlag und wie sie mit dem Dämon hinab in eine andere Dimension gesaugt wurde, wie sich ihr Körper auflöste, Stimmen in ihrem Kopf explodierten und sie Engelsbastard schimpften, Stacheln die sich in ihren Rücke bohrte, Füße die ihr Gesicht trafen und Säure die ihre Haut zerfetzte. War das etwa die Hölle? Das Ende des Engels der doch die Dämonen verbannen sollte?
Hilflos trennte sie sich von ihren Gedanken, von ihren Erinnerungen, von ihrem Zeitgefühl.
Verlor alles bis auf einen einzigen Willen. Sie wollte zurück.
Zurück zu den Engeln und sie restlos auslöschen!

 

- - Ende Teil 2 - -

Imprint

Publication Date: 05-03-2014

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