Kevin und Basileios oder der Kampf mit dem roten Drachen
1. Kapitel: Im Kinderzimmer
Der kleine Kevin muß ins Bett. Er ist gar nicht so klein. Er geht schon lange in den Kindergarten und bald kommt er in die Schule. Aber alle in der Familie nennen ihn den kleinen Kevin, weil sein Bruder Sebastian größer ist als er, und älter. Sebastian geht schon in die Schule, in die zweite Klasse.
Auch heute geht Kevin allein schlafen. Mama, Papa und Sebastian sagt er gute und Nacht und dann legt er sich alleine hin. Das Licht macht Mama aus.
Kevin liegt allein im dunkeln Zimmer. Durchs Fenster kommt das schwache Licht der Straßenlaterne. Aber es ist so schwach, daß man im ganzen Zimmer kaum etwas erkennen kann. Kevin ist eigentlich noch nicht müde. Aber er weiß, daß Mama und Papa sauer werden, wenn er gleich wieder aufsteht. Deshalb bleibt er liegen und schaut sich in seinem Zimmer um. Es ist nicht nur sein Zimmer, sondern auch das von seinem Bruden Sebastian. Sein Bett steht auf der anderen Seite des Zimmers. Das Licht der Straßenlaterne erhellt das weiße Bett. Weiter hinten im Zimmer ist es dunkler. Kevin sieht undeutlich die dunklen Schatten, aber er kann nichts deutlich erkennen. Aber er weiß natürlich, daß da hinten, wo er nur undeutliche graue und schwarze Schatten sieht, der Schrank, die Kommode und zwei Stühle stehen. Außerdem noch Spielzeug: Kleine Autos, Bauklötze, das Puzzle mit den Katzen und noch mehr. Aber weil es so dunkel ist, kann er es nicht erkennen. Gleich neben dem Schrank ist die Tür in den Flur. Sie ist nur angelehnt. Aber weil der Flur dunkel ist, kann man die Tür und den Flur nicht sehen.
Kevin schaut in Richtung Tür. Da denkt er plötzlich, daß sich vielleicht eine große Spinne im Dunkeln verstecken könnte und bekommt einen Schreck. Er schaut ganz genau dahin, wo immer die Stühle stehen und denkt, daß da vielleicht die Tarantula sein könnte. Aber er kann nichts erkennen. Aber dann sieht er etwas anderes. Etwas, was überhaupt nicht wie eine Tarantula aussieht, sondern.... , sondern eher wie ein kleiner Junge. Ein noch kleinerer Junge als er selbst. Aber kein Baby, sondern ein Junge, so alt wie er selbst, aber kleiner. Er ist bunt angezogen. Er hat eine gelbe Jacke an und eine weite Hose mit weißen und roten Streifen. Die Schuhe sind lila und vorne ganz spitz. So einen Jungen hat Kevin noch nie gesehen. Ist es vielleicht ein Zwerg? Nein! Zwerge sind zwar auch klein, aber sie sind dick und haben lange Bärte. Der kleine Junge ist aber nicht dick, sondern dünn und einen Bart hat er auch nicht. Vielleicht ist es eine Fee? Nein! Feen sind ja meistens Mädchen und außerdem haben sie kleine Flügel wie Libellen oder Bienen. Aber was war es dann?
Da fängt der kleine Junge plötzlich an zu reden:“ Was schaust Du denn so, Kevin?“ Da erschreckt sich Kevin aber sehr. Woher weiß der kleine Junge denn nur, daß er Kevin heißt. Kevin kennt ihn ja überhaupt nicht. „Ich schaue ja gar nicht“, sagt Kevin, obwohl er natürlich sehr wohl schaut. „Und woher weißt Du eigentlich meinen Namen?“ fragt Kevin noch. „Ich weiß deinen Namen, weil ich doch extra zu Dir gekommen bin, um Dich abzuholen“, sagt der kleine Junge. „Um mich abzuholen?“ fragt der kleine Kevin. „Aber warum denn? Ich muß doch jetzt schlafen.“
Aber der kleine Junge sagt: „Ich komme, weil Du mir helfen sollst. Du mußt mir helfen, meinen kleinen Bruder Konstantin zu retten!“
„Deinen Bruden retten? Aber das kann ich doch gar nicht. Ich bin doch noch ein kleiner Junge“, antwortet der kleine Kevin. Denn Kevin ist ja wirklich noch recht klein. Er geht ja noch nicht einmal zur Schule. Da kann man ja noch keine Leute retten, denkt Kevin.
Aber der kleine Junge sagt: Aber mein Bruder ist doch im Kinderland, da wo es nur Kinder gibt. Da muß man ihn retten, weil ihn der große rote Drache gefangen hat! Schau, ich habe ein großes Schwert und wenn Du mir hilfst, dann können wir meinen Bruder Konstantin bestimmt retten.“ Und er kleine Junge zeigt Kevin sein Schwert. Es ist länger als der ganze Arm des kleinen Jungen und leuchtet blau und silbern im dunklen Zimmer. Wunderschön sieht es aus. Dem kleinen Kevin gefällt es sehr und er selbst will auch gern ein so schönes Schwert haben.
„Wie heißt Du denn eigentlich?“ fragt Kevin den kleinen Jungen. „Ich heiße Basileios,“ sagt der kleine Junge. „Das ist aber ein komischer Name“ meint Kevin. „Kevin ist aber auch ein komischer Name“ sagt der kleine Junge Basileios. „Kommst Du jetzt mit?“
„Aber ich habe ja noch einen Schlafanzug an. Da kann ich ja nicht rausgehen,“ meint der kleine Kevin. „Aber im Kinderland kann man doch auch im Schlafanzug herumlaufen,“ sagt Basileios. „Komm, ich zeige Dir mal das Kinderland.“
2. Kapitel: Das Kinderland
Kevin steht auf und geht vorsichtig, weil es ja noch dunkel im Zimmer ist, zu Basileios. Basileios drückt sein Schwert in die Wand hinein, bis man es fast nicht mehr sehen kann. Dann macht er mit dem Schwert einen Kreis, so groß wie er nur kann. Und als er fertig ist, ist da nicht mehr die Wand von seinem Kinderzimmer, sondern... grüne Blätter von einem Gebüsch. Lauter grüne Blätter, mitten in Kevins Kinderzimmer! Komisch ist das, denkt Kevin. Aber es wird noch komischer, denn Basileios nimmt die Blätter und schiebt sie zur Seite und hinter den Blättern ist noch viel mehr zu sehen. Es gibt einen riesigen See, der so blau ist wie der Himmel. Und dann sieht man grüne Wiesen um den See herum. Sie sind voller bunter Blumen – blaue, rote, gelbe. Auf der Wiese laufen einige Kinder herum, die Blumen pflücken oder spielen. Ein paar Kinder liegen auch auf blauen und gelben Decken und schauen Bücher an.
Und hinter der Wiese ist ein Schloß. Ein wunderschönes großes, weißes Schloß. Mit einem großen Tor aus Holz am Eingang. Mit vielen Türmen, großen und kleinen, hohen und niedrigen, dünnen und dicken. Und überall hängen und flattern bunte Fahnen im Wind. Im Schloß sieht Kevin Kinder. Jungen, die Ritter sind und Mädchen, die in langen bunten Kleidern herumlaufen und Schloßdamen sind.
Und hinter dem Schloß gibt es einen hohen, dunklen Berg. Steil geht er nach oben und reicht fast bis an den Himmel. Er ist von dunklem Grau und Blau und ganz aus hartem Stein. Und ganz oben aus der Spitze des Berges, kommen dunkle, schwarze Rauchwolken heraus. Es ist nämlich kein normaler Berg, sondern ein Vulkan. Und ein Vulkan ist ein Berg, aus dem oft Rauch herauskommt und manchmal sogar Feuer und Lava. Und in dem Vulkan ist es heiß – noch heißer als in der Wüste, so wie in einem Backofen. Aber das kann der kleine Kevin nicht sehen. Sehen kann er nur den großen Berg mit den Rauchwolken.
„Na, wie gefällt Dir das Kinderland?“ fragt Basileios den kleinen Kevin. „Es ist ein schönes Land. Der See ist schön, die Wiesen und Blumen und das Schloß ist am allerschönsten. Aber was ist das für ein Berg, aus dem oben Rauch herauskommt?“
„Das ist ein Vulkan. In dem Vulkan wohnt der rote Drache, da müssen wir hin, um meinen Bruder zu retten. Aber zuerst brauchst Du noch ein Schwert, damit Du auch richtig kämpfen kannst.“ „O ja,“ sagt Kevin.
Basileios und Kevin hüpfen durch das Loch im Kinderzimmer ins Kinderland und rennen zu den anderen Kindern.
Die anderen Kinder drehen sich um, als die beiden über die Wiese gelaufen kommen. Sie sehen so ähnlich aus wie Basileios. Auch sie tragen bunte Kleider. Die Hosen sind weit und aus dünnem Stoff gemacht und von gelber, grüner, blauer oder lila Farbe. Die Jacken und Hemden, die sie tragen, sind ganz dünn und leicht, wahrscheinlich weil es im Kinderland fast immer warm ist.
Ein Junge, der eine gelbe Hose anhat, trägt ein grünes Hemd und eine lila Jacke. Und ein Mädchen mit dunkelroter Hose hat eine gelbe Jacke an mit blauen Knöpfen. Und so sieht jeder vom anderen verschieden aus und jeder hat die schönsten Farben an. Und außerdem sind alle fröhlich und lachen und lächeln.
Als Kevin und Basileios bei den Kindern ankommen, fragt ein Mädchen, das so klein und dünn wie Basileios ist: „Wo kommt Ihr denn her?“
„Aus meinem Kinderzimmer“, sagt Kevin sofort. „Ich wollte gerade Schlafen gehen, da kam Basileios herein und hat ein Loch in die Wand gemacht und mir das Kinderland gezeigt. Deshalb habe ich auch noch den Schlafanzug an.“
„Möchtest Du gerne richtige Kinderlandsachen anziehen? So bunt und bequem wie unsere?“ „Ja, gerne“ antwortet Kevin. Ein Junge läuft über die Wiese und holt eine Koffer. Er ist voll mit vielen bunten Kleidern.
„Welche Farben magst Du am liebsten?“ „Am liebsten mag ich orange und lila und blau,“ sagt Kevin.“ „Hier: eine orangene Hose, eine lila Jacke und einen blauen Pullover. Gefallen sie Dir?“
„O ja“, sagt Kevin. Schnell zieht er die neuen Sachen an und sieht jetzt genauso bunt aus wie all die anderen Kinder im Kinderland.
„Jetzt müssen wir aber weiter“, meint Basileios. „Danke für die Kleider,“ ruft Kevin den Kindern zu und rennt mir Basileios über die Wiese zum See.
3. Kapitel: Bei der Feenkönigin
Am See stehen einige Boote. Ein paar zum rudern, ein paar mit Segeln und außerdem noch ein Dampfschiff. „Juhu, ein Dampfschiff,“ ruft Kevin. Aber Basileios sagt:“ Das Dampfschiff können wir nicht nehmen. Das ist viel zu laut und außerdem raucht es die ganze Zeit aus dem Kamin. Wir müssen ein leises Schiff nehmen, daß man kaum sehen und hören kann, weil wir in den großen Feenwald fahren, um für Dich ein Schwert zu holen.“
„Och, wie schade. Ich weiß aber gar nicht, wie man segelt.“ „Aber ich“, sagt Basileios. „Komm, hilf mir, das Segelboot ins Wasser zu schieben.“
Und Kevin und Basileios schieben ein kleines Segelboot aus dunklem Holz ins Wasser, springen hinein und fahren langsam auf den See hinaus. Kevin sitzt am Steuer und lenkt so, wie Basileios es ihm sagt. Basileios setzt die Segel und paßt auf, daß der Wind in die Segel bläst, damit sie schnell vorwärts fahren. Als sie mitten auf dem See sind wird der Wind stärker und das Boot fährt schneller. Kevin sieht auf der anderen Seite des Sees, nicht weit vom Schloß entfernt, einen Fluß, der in den See fließt. In die Richtung des Flusses fährt das Schiff der beiden Jungen. Als sie näher an den Fluß kommen wird das Schiff schneller. Sie sehen, daß der Fluß in einen Wald fließt. Der Wald sieht sehr groß und dunkel aus, weil die Bäume so groß sind und die Blätter der Bäume eine dunkelgrüne Farbe haben. Als sie näherkommen, sieht Kevin, daß es Bäume mit Nadeln gibt. Sie sehen aus wie riesige Tannenbäume. Außerdem gibt es Bäume, die große Blätter haben. Die Blätter sind so groß wie ein Teller, aber nicht so rund wie ein Teller, sondern sie sehen aus wie eine Hand mit 5 Fingern. Aber kaum hat Kevin sich die Bäume angesehen, da fährt das Boot schon in den Wald hinein. Auf beiden Seiten stehen jetzt diese riesigen Bäume, die so hoch wie Kirchtürme sind. Auf dem Fluß ist es jetzt schon fast dunkel, weil so viele Bäume vor der Sonne stehen. Es gibt im Wald aber nicht nur die großen Bäume, die Riesentannen und Riesennußbäume heißen, sondern auch Farne, Moose und Pilze. Die Farne und Moose sehen aus wie die in unserem Wald. Aber die Pilze sind viel, viel größer. Sie sind so groß, daß Kevin und Basileios sich unter einen Pilz stellen können, wenn es anfängt zu regnen, und sie würden nicht naß werden.
Aber jetzt fahren die beiden auf Ihrem Boot den Fluß entlang. Basileios schaut immer zum Ufer, weil er die Stelle sucht, an der sie aussteigen müssen. Endlich sieht er die Stelle. Ein kleiner Steg aus Holz führt vom Ufer ins Wasser. Und am Ufer stehen einige kleine Bäume mit roten Beeren. Basileios sagt zu Kevin, daß er nach rechts zu dem Steg fahren soll. Kevin lenkt nach rechts und bald sind sie am Steg angekommen. Basileios macht das Boot mit einem Seil am Steg fest und beide springen aus dem Segelboot heraus.
Als sie in den Wald hineingehen, merkt Kevin, daß der Boden ganz weich ist, weil überall dickes, weiches, grünes Moos wächst. Es fühlt sich an, als ob Kevin über ein Bett läuft, so weich ist der Boden. Sie gehen zwischen den Bäumen mit den roten Beeren hindurch und folgen einem Weg, der mal nach rechts, mal nach links führt.
Plötzlich ruft jemand von oben: “Halt, wer da?“ „Ich bin es, Basileios. Und ich habe Kevin mitgebracht. Wir wollen zur Feenkönigin.“
Da springt eine kleine Fee, gerade mal so groß wie eine Katze, aus einem Baum auf den Weg vor die beiden Jungen. Es ist eine Fee, die so aussieht, wie die Fee von Peter Pan aus den Weihnachtsgeschichten von Mickey Mouse und Donald Duck, nur ein bißchen größer. Sie ist golden mit einem grünen Kleid an, hat kleine Flügel wie eine Libelle oder eine Biene und langes, blondes Haar.
„Ach so“, sagt die kleine Fee, dann kommt mal mit. Da fangen ihre kleinen Flügel an zu summen und sie fliegt voraus. Kevin und Basileios laufen hinterher. Plötzlich fliegt die Fee nach oben, direkt am Stamm eines Baumes entlang. „Und was machen wir jetzt?“ fragt Kevin. „Na wie klettern hinterher, oder kannst Du nicht klettern?“ fragt Basileios. „Natürlich kann ich klettern.“ „Na, dann los!“
Und schon klettert Basileios von einem Ast zum nächsten, immer höher und höher. Und Kevin klettert hinterher. Und weil Kevin schon oft geklettert ist – auf dem Spielplatz, im Kindergarten und draußen sogar schon auf echte Bäume – schafft er es den Baum hinaufzuklettern. Er ist sogar schneller als Basileios und kommt als erster oben in der Stadt der Feen an. Die Stadt der Feen ist ganz oben in den hohen Bäumen des Feenwaldes. Kleine, bunte Häuschen – manche in Blau, andere in Rot, Gelb oder Lila mit grünen oder braunen Dächern - stehen in den Bäumen auf den obersten Ästen. Sie haben viele Fenster mit hübschen Gardinen und Blumen rund um jedes Haus. Und weil die Feen fliegen können, gibt es keine Treppen. Denn jede Fee kann einfach von einer Tür zur nächsten fliegen. Aber Kevin und Basileios müssen den Baum ganz bis nach oben klettern. Das ist ganz schön gefährlich, weil sie weit oben, über dem Boden sind. Wenn sie runterfallen, können sie sich schwer verletzen. Aber weil eine Fee dabei ist, haben sie keine Angst. Feen sind zwar sehr klein, aber auch sehr stark. Und wenn jemand den Baum hinunterfällt, dann können sie ihn auffangen und vorsichtig auf den Boden setzen, so daß er sich nicht wehtut.
Als sie oben beim Haus der Feenkönigin angekommen sind – es ist ein lila Haus mit grünem Dach und viel größer als alle anderen Häuser mit weißen und roten Blumen rund um das Haus – klopft die kleine Fee, die Ihnen den Weg gezeigt hat, an der Tür.
„Herein“ ruft eine hübsche, hohe Stimme. Kevin und Basileios gehen durch die Tür und kommen in ein kleines, niedriges Zimmer, in dem sie sich bücken müssen, weil die Decke so niedrig ist. Das Zimmer hat gelbe Wände und einen bunten Teppich, auf dem Bäume und Blumen zu sehen sind. Am anderen Ende des Zimmers steht der Thron, ein goldener Stuhl, auf dem die Feenkönigin sitzt. Der Thron neben Ihr für den König ist leer.
„Hallo, Ihr beiden“, ruft die Königin, „ ich heiße Eleonore und bin die Königin der Feen“. „Hallo Königin“ sagen brav die beiden Jungen und verbeugen sich tief vor der Königin, so wie man es vor Königen und Königinnen immer macht. „Kommt herein und macht es euch bequem. Möchtet Ihr etwas essen oder trinken?“ „Nein danke, Königin. Wir sind gekommen, weil Kevin ein gutes Schwert braucht, damit er mit mir gegen den Drachen kämpfen kann. Und Ihr wißt am besten über alles im Kinderland Bescheid, deshalb sind wir zu Euch gekommen. Mein Schwert habe ich auch von einer Fee bekommen,“ sagt Basileios. „Ja, ich weiß tatsächlich, wo es die besten Schwerter gibt. Allerdings gibt es sie nicht bei uns, sondern bei den Zwergen, die in Höhlen unter der Erde leben. Sie suchen dort Eisen, Silber und Gold. Daraus machen sie dann Schwerter und viele andere Dinge, wie zum Beispiel Ringe und Halsketten. Ich werde Euch zum Eingang der Höhle bringen, in der der beste Schmied wohnt, der die besten Schwerter macht. Kommt mit, es ist gar nicht so weit. “
Sie hüpft aus der Tür nach draußen und fliegt schnell wie ein Vogel bis auf den Waldboden. Kevin und Basileios klettern langsam hinterher, weil es gar nicht so einfach ist den Baum herunterzukommen. Als sie unten ankommen, sehen sie die Königin das erste Mal im hellen Sonnenlicht. Sie hat eine kleine Krone aus weißen und blauen Blümchen auf dem Kopf. Ihre Haare sind lang und blond und sie hat ein langes Kleid an, das über und über mit Blumen in den buntesten Farben bemalt ist. Auch hat sie Libellenflügel, wie alle Feen.
„Kommt,“ ruft sie,“ hier entlang,“ und läuft einen kleinen Waldweg entlang. Sie laufen zwischen großen Büschen, weichem Moos und hohen Farnen hindurch immer tiefer in den Wald. Die Bäume werden höher, die Sträucher dichter und es kommt immer weniger Licht bis auf den Boden. Da stehen sie plötzlich vor einer Wand aus Stein. In der Wand ist ein Loch und in dem Loch ist eine Tür aus Holz. Die Feenkönigin klopft an die Tür. Sofort geht die Tür auf und ein Zwerg, der ungefähr so groß ist wie Kevin, steht vor ihnen.
4. Kapitel: In der Zwergenhöhle
„Hallo Eleonore!“ ruft der Zwerg. Er hat eine blaue Zipfelmütze auf dem Kopf mit einem weißen Bommel am Ende. Seine Jacke ist rot und die Hose auch. Aber überall über seine Kleider sind Muster mit einem Faden aus Silber genäht. Die Muster haben die Form von einem Hammer, einer Hacke und von Bergen. Die Zwerge sind nämlich am liebsten in den Bergen, in Höhlen und graben Tunnel unter die Erde, immer tiefer und tiefer. Und dazu brauchen Sie Hämmer und Hacken. Und aus dem Metall, das sie finden, machen sie dann Schwerter, Waffen und auch Schmuck – also Halsketten, Ringe und sogar Kronen für Könige und Königinnen. Und obwohl die Zwerge vor allem unter der Erde leben, mögen sie die Feen, die vor allem über der Erde, in den Bäumen und in der Luft leben, weil die Feen so nett sind. Der Zwerg, der die Tür aufgemacht hat, heißt Bimmli.
„Hallo Bimmli“, ruft die Feenkönigin Eleonore. „Die beiden Jungen hier neben mir sind Kevin und Basileios. Kevin kommt aus der echten Welt und will Basileios helfen, seinen Bruder Konstantin aus der Höhle des Drachen hier im Kinderland zu befreien! Und dafür braucht ein Schwert. Aber natürlich nicht irgendein Schwert, sondern ein echtes Drachenschwert, mit dem man auch Drachen besiegen kann.“ Bimmli anwortet: „Da seid ihr bei mir genau richtig. Ich mache die besten Schwerter im ganzen Kinderland. Kommt herein.“
Sie gehen alle durch die Tür und kommen in einen Tunnel aus dunklem Stein. Überall an den Wänden des Tunnels sind Ecken und Kanten. Den Tunnel oder Gang gehen sie entlang. Immer wieder kommen sie an einer brennenden, großen Kerze vorbei. Daher ist es im Gang nicht dunkel, sondern immer wieder hell erleuchtet. Man sieht die Schatten des Zwerges, der Feenkönigin und der beiden Jungen an den Wänden und sie bewegen sich ständig. Nach einiger Zeit kommen sie in ein Zimmer, das auch ganz aus Stein ist. Die Decke, der Boden und die Wände sind aus Stein. Aber sie sind nicht aus dem grauen, dunklen, unebenen Stein wie im Gang, sondern aus weißem und rotem, glattem Stein, so glatt wie die Wände in einem Haus. Und in diesem Zimmer stehen ein kleines Bett aus Stein, mit vielen Kissen und Decken, ein großer Schrank aus braunem Holz, ein Tisch und Stühle, eine große Kiste aus Holz und eine Tür befindet sich am anderen Ende des Zimmers. Hier ist das Wohnzimmer des Zwerges Bimmli. Und durch die Tür geht es noch tiefer in den Berg hinein. Sie gehen alle durch die Tür. Dahinter ist eine Treppe, die steil nach unten geht. Sie ist natürlich wieder aus Stein und es gibt wieder nur ein paar Kerzen, die den Gang beleuchten. Je weiter sie nach unten kommen, desto kälter wird es. Aber keiner von den beiden Jungen friert, weil sie sehr aufgeregt sind. Sie sind gespannt, wohin der Weg wohl führt und was für ein Schwert Kevin bekommen wird. Nachdem sie lange nach unten gegangen sind, hört die Treppe auf und sie kommen an eine schwere Tür aus Eichenholz und Eisen. Das Eisen hat die Form von Schwertern, Äxten, Sternen und Monden und es leuchtet ein bißchen mit einem schwachen blauen Licht. . Bimmli zieht einen großen eisernen Schlüssel aus der Tasche und steckt ihn ins Schlüsselloch. Als er den Schlüssel herumdreht, quietscht das Schloß und die Tür geht auf. Dahinter sehen die Kinder und die Fee ein Zimmer mit einem Feuer in der Mitte. Es gibt keine Lampe in dem Raum, sondern nur das große, rote Feuer in der Mitte. In dem Feuer stehen mehrere Stäbe aus Eisen oder aus einem anderen Metall. Überall an den Wänden hängen Schwerter, Äxte, Schilde und andere Waffen. Am Boden gibt es Eimer, in denen Eisenstäbe stehe und viele Werkzeuge, die Kevin und seine Freunde noch nie gesehen haben und wovon sie nicht wissen, wozu man sie gebrauchen kann. Aber man braucht sie anscheinend, um damit schöne, harte, glänzende Schwerter zu machen. Dieses Zimmer ist die Schmiede. Hier macht Bimmli die besten Schwerter des ganzen Kinderlandes.
Die Kinder, die Fee und Bimmli setzen sich in einem Kreis auf den Boden, wo viele Felle von Wölfen, Füchsen und Wildschweinen liegen. Es ist warm in dem Zimmer, der Schmiede, weil den ganzen Tag das Feuer brennt und das Zimmer wärmt. Aber das Feuer ist nicht dazu da, die Schmiede zu heizen, sondern man braucht es, um die Schwerter zu machen. Mit einem schweren Hammer haut man immer wieder auf einen Eisenstab, den man immer wieder in Feuer hält, damit er ganz heiß wird. Ganz gelb von der Hitze des Feuers werden die Eisenstäbe. Und aus diesen Eisenstäben werden dann nach langer Arbeit mit einem Hammer und anderen Werkzeugen Schwerter.
Jetzt fragt Bimmli den kleinen Kevin: “Wofür brauchst du denn das Schwert? Ich habe nämlich viele verschiedene Schwerte. Manche sind gut, um damit gegen Wölfe zu kämpfen, andere um gegen böse Ritter zu kämpfen und noch andere sehen vor allem schön aus. Wofür brauchst du dein Schwert?“
Kevin antwortet: “ Basileios hat mir gesagt, daß wir gegen einen Drachen kämpfen müssen.“
„Ooooh. Wenn Ihr gegen einen Drachen kämpfen müßt, dann braucht Ihr wirklich meine besten Schwerter. Sie müssen groß sein und scharf. Und hart wie Stein. Außerdem müssen sie einen Zauber gegen Drachen haben, sonst kann man gegen einen Drachen nicht gewinnen. Basileios, hast du denn ein gutes Schwert?“
Basileios zieht sein Schwert aus der Scheide und zeigt es dem Zwerg.
„Hmmmm,“ sagt der Zwerg. „Mit dem Schwert wirst Du einen Drachen nicht besiegen. Ich werde Dir eins von meinen Schwerte geben, wenn Du möchtest.“
„Aber gern,“ antwortet Basileios. Daraufhin geht Bimmli zur Wand und holt ein Schwert, das fast so groß wie Kevin ist . Es ist aus graublauem Stahl, besonders hartem Eisen. Es blitzt im Licht des Feuers und man sieht am Griff den Kopf eines Drachen und seine Flügel, beides ist aus einem schwarzen Holz geschnitzt. Als Bimmli es durch die Luft bewegt, hört man es zischen, als ob es die Luft schneiden würde.
„So ein tolles Schwert habe ich noch nie gesehen,“ sagt Basileios, obwohl er im Kinderland schon viele tolle Schwerter gesehen hat. „Aber es ist zu groß für mich. Ich kann es doch gar nicht hochheben, weil es so groß ist.“
Aber Bimmli antwortet:“ Du kannst es hochheben. Es ist zwar sehr schwer. Aber wenn Du gegen einen bösen Drachen kämpfst und keine Angst hast, dann kannst Du es ganz leicht hochheben und mit ihm kämpfen. Es ist so verzaubert, daß es dann ganz leicht wird. Hier, es ist für Dich. “ Bimmli nimmt das Schwert an der Klinge und gibt es Basileios. „Und Du brauchst natürlich ein Schild, das Dich vor den Zähnen, den Krallen und dem Feuer des Drachen schützt, damit Du nicht verletzt wirst.“ Daraufhin hebt er ein Schild, das ganz aus Eisen gemacht ist, vom Boden auf. In der Mitte glänzt es wie ein Spiegel. „Hier, nimm dieses Schild, es ist hart und schützt auch gegen Feuer.“ Basileios freut sich sehr darüber.
„Und jetzt zu Dir“, sagt der Zwerg zu Kevin. „Du willst also auch gegen den Drachen kämpfen. Du warst aber noch nie im Kinderland. Du hast also wahrscheinlich noch nie einen Drachen gesehen – ich meine einen echten, großen, lebenden, gefährlichen, glühend heißen Drachen. Einen Drachen mit Flügeln, so groß wie ein Haus, mit eine Haut, so hart wie eine Mauer, mit einem Schwanz so groß wie eine Riesenschlange, mit Händen und Füßen größer als Autos, aus dessen Maul Feuer herauskommt, so wie von einem Wasserfall Wasser herunterfließt. Er kann schneller laufen als ein Pferd, höher fliegen als ein Vogel und ist stärker als ein Elefant.“
Als der Zwerg Bimmli das alles erzählt hat, bekommt Kevin Angst. Er wußte gar nicht, daß Drachen so riesengroß und so gefährlich sind, wie der Zwerg Bimmli es gerade erzählt hat. Aber dann sagt der Zwerg:
„Man muß entweder groß, mutig und unheimlich stark sein, ein großer Kämpfer, der schon viele besiegt hat – oder man muß gegen den Drachen kämpfen, weil man jemandem helfen will, der nichts Böses getan hat, so wie ein Kind, ein liebes Kind, das nichts Böses getan hat und daß man vor dem Drachen retten will. Wenn man das tun will, dann kann man auch gegen den Drachen kämpfen, dann braucht man kein großer, starker Kämpfer sein, sondern man kann auch ein braves, junges Kind sein. Warum Kevin, möchtest Du denn gegen einen Drachen kämpfen?“
Kevin antwortet:“ Ich möchte den Bruder von Basileios retten. Der Drachen hat ihn gefangen. Deshalb müssen wir ihm helfen.“
„Ja dann,“ sagt Bimmli, „brauchst Du keine Angst zu haben – aber vorsichtig mußt Du trotzdem sein , denn Drachen sind groß und stark.“ Der Zwerg Bimmli geht auf die andere Seite der Schmiede und nimmt ein Schwert und ein Schild von der Wand. Dann kommt er wieder zurück zu den anderen und zeigt beides den Kindern und der Fee. „Hier sind meine beiden besten Drachenwaffen. Den Schild brauchst Du gegen das Feuer des Drachen. Du mußt ihn vor Dich halten, wenn der Drache Feuer spuckt. Es kommt kein Feuer durch den Schild hindurch und es kann auch nicht verbrennen. Und das hier ist ein ganz besonderes Drachenschwert. Wenn ein Drache in deine Nähe kommt, dann leuchtet es orange. Und man kann mit ihm schießen, wenn du noch weit vom Drachen weg bist. Mit einem orangenen Feuer kannst Du auf den Drachen schießen. Und das Schwert hat einen Namen. Nur die besten Schwerter haben eigene Namen. Dieses hier heißt Efalon. Paß gut darauf auf.“ Das Schwert, das Bimmli Kevin gibt, ist so lang wie das von Basileios, aber es hat auf dem Griff des Schwertes nicht den Kopf und die Flügel eines Drachen, sondern viele kleine Sterne und eine Sonne. Als Kevin die Sonne und die Sterne anschaut, sehen sie aus wie die echte Sonne und die echten Sterne, so gut war das Schwert geschmiedet.
„Vielen Dank Zwerg Bimmli“ sagt Kevin. „Vielen Dank“ sagt auch Basileios. Daraufhin gehen alle wieder nach oben. An der Tür bedankt sich die Feenkönigin auch noch beim Zwerg Bimmli und dann gehen die beiden Kinder und die Fee wieder durch den Wald zurück zur Feenstadt in den Bäumen.
„Ihr habt gehört, was der Zwerg gesagt habt. Ihr müßt sehr vorsichtig sein. Ein Drache ist sehr gefährlich. Und wenn Ihr den Bruder von Basileios habt, dann müßt ihr so schnell wie möglich zurückkommen. Am besten ihr kommt in die Feenstadt zu mir. Ich helfe Euch, wenn ihr irgend etwas braucht,“ sagt die Feenkönigin Eleonore. „Ja, machen wir,“ antworten Kevin und Basileios, „aber jetzt müssen wir los. Auf Wiedersehen, Feenkönigin, und vielen Dank für Deine Hilfe.“
5. Kapitel: Zum Vulkan
Die Feenkönigin Eleonore fliegt leise hoch zwischen die Bäume. Und Basileios geht mit Kevin zum Waldrand. Am Waldrand können sie über die Wiesen bis zum Vulkan schauen. „Dort müssen wir jetzt hin“, sagt Basileios und zeigt auf den Vulkan, der jetzt gar nicht mehr so weit weg ist. Von hier aus sieht er viel größer aus. Ein riesiger Berg, ganz aus dunklem Stein. Weiter unten gibt es Wiesen, aber schon darüber sieht man nur noch dunklen Stein. Und oben kommt noch immer Rauch heraus.
Kevin und Basileios gehen los. Zuerst gehen sie über die Wiesen und die Hügel. Manchmal müssen sie über einen Bach springen, und manchmal auch über einen Zaun springen. Auch treffen sie einige Kühe und Pferde, am Abend auch ein paar Rehe und Hirsche, die das Gras der Wiese fressen. Immer wieder sehen sie Kinder auf den Wiesen spielen oder auf einem der schönen Spielplätze, die es überall im Kinderland gibt. Aber die beiden haben keine Zeit zum Spielen. Wenn sie zurückkommen, dann möchten sie auf jeden der Spielplätze gehen. Aber jetzt müssen sie weiter, damit sie noch am Vulkan ankommen, bevor es Nacht ist. Sie kommen auch an einigen Bauernhöfen vorbei, in denen die Kinderlandkinder zusammen mit den Tieren, den Pferden, den Kühen, Schafen, Ziegen, Schweinen, Hühnern, Gänsen und Enten wohnen. Erwachsenen gibt es im Kinderland nicht. Auch weiß kein Erwachsener den Weg ins Kinderland, den können nur Kinder wissen. Und wenn die Kinder im Kinderland etwas nicht können oder jemanden brauchen, dann helfen die kleinen Feen, die Zwerge, oder die Tiere. Aber das alles ist nur im Kinderland so. Es ist ein ganz besonderes Land.
Als es langsam dunkel wird sind sie fast unten am Fuße des Berges angekommen. „Es wird bald Nacht“, sagt Kevin. „Wo können wir denn übernachten?“ Wir sind bald da. Wir brauchen nicht übernachten,“ antwortet Basileios.
Die beiden Kinder steigen einen Weg nach oben, bis sie weiter oben eine dunkle Höhle sehen. Dunkel? Ist sie wirklich dunkel? Nein. Ab und zu sieht man ein gelbes oder rotes Licht herausleuchten.
„Das ist das Feuer des Drachen, das da immer wieder herausleuchtet“, sagt Basileios. „Ab jetzt müssen wir leise sein und erst einmal schauen, was der Drache macht und dann müssen wir überlegen, wie wir kämpfen.“
6. Kapitel: Der Kampf mit dem Drachen
Leise kriechen sie näher an die Höhle heran. Am Eingang der Höhle riecht es sehr schlecht. Sie merken, daß warme Luft aus der Höhle herauskommt. Ein rotes Licht sieht man tief in der Höhle. Aber es ist weit weg und klein. Außerdem sieht man es nicht immer, sondern nur ab und zu. Leise und vorsichtig krabbeln Kevin und Basileios in die Höhle hinein. Drinnen wird es immer wärmer. Hinter einer Kurve geht es nach unten. Noch immer sieht man sehr wenig, weil das rote Licht sehr weit weg ist. Immernäher kommen sie dem roten Licht, das ab und zu kurz ausgeht und dann wieder angeht. Jetzt hören sie etwas, das wie ein lautes, tiefes Schnarchen klingt. Chhhhhhhrrrrrrrrrrrrrrrrphhhhh, chhhhhhhrrrrrrrrrrrrrrrrphhhhh. Als sie weiterkriechen wird die Höhle plötzlich sehr breit und hoch. Da sehen sie einen riesigen Drachen vor sich. Immer wenn er ausatmet, kommt Feuer aus seinem Maul. Durch das Feuer wird es ein bißchen hell und man kann etwas sehen. Der Drache ist dunkelrot und so groß wie ein ganzes Haus. Er hat einen Kopf wie ein Dinosaurier mit Zähnen, die so groß sind wie Kevin. Die Hände und Füße des Drachen haben lange Krallen. Ganz am Ende des Schwanzes ist ein riesiger Stachel, der aussieht wie ein Schwert. Und neben dem Drachen liegt ein Berg von Geld und Gold, ein großer Schatz von vielen Dingen, die glänzen und glitzern. Aber hinter dem Drachen, in einer dunklen Ecke an der Wand, sehen sie einen kleinen Jungen schlafen. Er ist noch etwas kleiner als Basileios. Blond ist er und dünn. Seine bunten Kleider sind ganz dreckig, weil er sich schon lange nicht mehr waschen konnte, denn Drachen waschen sich nicht und deshalb gibt es auch kein Wasser zum Waschen in der Drachenhöhle.
Langsam und sehr leise gehen Basileios und Kevin wieder aus der Höhle heraus. Dann klettern sie ein bißchen den Berg hoch und verstecken sich hinter ein paar Büschen. Leise reden sie miteinander:
„Was machen wir denn jetzt am besten?“ fragt Kevin. Basileios antwortet: „Ich überlege gerade, wie wir meinen Bruder am besten retten können. Wir können nicht einfach hineingehen und ihn herausholen, weil der Drache dann aufwacht. Ich glaube, wir warten am Eingang, bis der Drache herauskommt. Und wenn er an uns vorbeigeht , dann kämpfen wir.
Am besten ist es, wenn du mit dem Schwert Efalon schon von weitem Feuer auf den Drachen schießt. Und dann laufen wir mit den Schwertern zu ihm hin, du von der einen Seite, ich von der anderen. Mit den Schwerter müssen wir dann zuhauen und zustechen, bis wir gewonnen haben. Sollen wir es so machen?“ „Ja“, sagt Kevin, „so sollten wir es machen.“
Leise klettern sie wieder herunter und verstecken sich vor der Höhle, Kevin links und Basileios rechts. Und dann warten sie darauf, daß der rote Drach herauskommt.
Erst in der Nacht, als der Mond bereits hoch am Himmel steht, hören sie, wie der Drachen aus der Höhle kommt. Weil es so dunkel ist, können sie nur einen großen, dunklen Schatten sehen. Aber als er nah genug bei Kevin ist, schießt Kevin mit dem Schwert Efalon Feuer auf den Drachen, laut hört man es zischen. Der Drache erschreckt sich und brüllt laut, so laut, daß man es bis zum See unten hören kann. Und schon spuckt er Feuer auf den kleinen Kevin. Aber Kevin hat seinen Schild, hinter dem versteckt er sich und so geht alles Feuer nur auf den Schild. Dann will er Kevin beißen mit seinem riesigen Maul und seinen großen Zähnen. Aber Kevin schlägt mit seinem Schwert Efalon so fest zu, daß dem Drachen ein ganzer Zahn herausfällt und er nicht zubeißen kann.
Und da schlägt Basileios von der anderen Seite auf das Bein des Drachen. Der Drache erschreckt sich, weil er gar nicht gemerkt hat, daß da noch ein kleiner Junge ist. Er dreht sich um, weil er Basileios beißen will, aber da schlägt Kevin schon wieder zu und sticht auf ihn ein. Laut brüllt der Drache auf. Er fängt an mit seinen Flügeln zu schlagen und will in die Luft fliegen und dann die beiden Jungen aus der Luft von oben angreifen. Da schießt Kevin nochmals mit Feuer aus seinem orangenen Schwert und schon fällt der Drache tot vom Himmel auf den Boden - neben Kevin und Basileios. Schnell laufen die beiden Jungen in die Höhle hinein zum Bruder von Basileios. Der Bruder Konstantin ist vom Schreien des Drachen aufgewacht und wußte nicht, was passiert. Aber jetzt sieht er seinen Bruder in die Höhle laufen und ist sehr froh ihn endlich wieder zu sehen.
„Du brauchst keine Angst mehr vor dem bösen, roten Drachen zu haben. Wir haben ihn besiegt,“ sagt Basileios. „Juhu“, ruft laut sein kleiner Bruder Konstantin, „endlich kann ich wieder nach Hause“.
7. Das Fest der Feen
Alle drei laufen den Berg hinab in die Wiesen, die um den Berg herum wachsen. Es ist sehr still hier. Oben am Himmel leuchtet weiß der Mond. Er ist voll und rund wie ein Ball. Weil er so hell leuchtet, finden die 3 Jungen den Weg, obwohl es Mitten in der Nacht ist. Und außer dem Mond leuchten hunderte und tausende von Sternen am schwarzen Nachthimmel. Sie glitzern und blitzen und jedesmal, wenn man an den Himmel schaut, entdeckt man neue Sterne.
Die 3 Jungen sind müde, aber sie wollen weit weg von dem Berg, auf dem der tote, rote Drache liegt. Daher laufen sie immer weiter über die großen Wiesen, die im Licht des Mondes wie grau aussehen. Die Blumen haben Ihre Blüten nachts geschlossen und so sieht auf der Wiese alles nur grau und schwarz aus. Als sie schon viele Minuten, vielleicht schon eine Stunde gelaufen sind, sehen sie etwas vor sich, das wie eine schwarze Wand aussieht. Aber es ist keine schwarze Wand, sondern der Rand des Waldes. Der Wald ist dunkel. Und nachts ist er noch dunkler als am Tage. Daher sieht er von weitem wie eine dunkle Wand aus. Die Jungen gehen immer näher heran. Und als sie direkt davor stehen, sehen sie im Licht des Mondes große Bäume – Eichen, Buchen, Birken und andere.
„Was machen wir denn jetzt? Sollen wir in den dunklen Wald gehen? Da sehen wir ja gar nichts,“ sagt Kevin. „Hmmm. Du hast Recht. Uns fehlt eine Lampe oder eine Laterne. Oder wir gehen um den Wald drumherum. Aber dann ist es viel weiter bis zum großen Kinderschloß, in dem wir wohnen.“
Plötzlich ruft Konstantin, der Bruder von Basileios:“ Was ist denn das? Ich sehe eine Licht im Wald.“
Und tatsächlich, tief im Wald sehen sie ein Licht, das auf und ab hüpft, wie ein Gummiball. Langsam kommt es näher. Dann sehen sie, daß es eine Fee mit einer kleinen Blumenlaterne ist. Die Fee ist ganz in leuchtendes Rot gekleidet und auf dem Kopf trägt sie eine kleine Mütze von gelber Farbe. An einem kleinen Ast, den sie trägt, hängt eine Laterne, die aussieht wie eine Glockenblume. Sie leuchtet hell wie eine echte Lampe. Die Fee fliegt mit Ihren Libellenflügeln mal nach oben, mal nach unten, gerade so wie es ihr gefällt.
„Hallo, Ihr Ritter,“ ruft sie den Jungen zu. „Die Königin hat gesagt, ich solle doch zum Berg und Euch abholen, damit ihr auch den Weg findet. Geht es euch gut?“
„Oh ja, uns geht es gut. Wir haben den Drachen besiegt und Konstantin befreit“ rufen Kevin und Basileios. „Aber wir können im Wald nichts sehen, daher wußten wir nicht wie wir weitergehen sollen.“
„Ihr solltet zu uns in die Stadt auf den Bäumen kommen. Wir feiern ein Fest, weil ihr den Drachen besiegt habt,“ sagt die Fee. „Ich heiße übrigens Helene. Kommt mit, ich zeige euch den Weg.“ Und schon fliegt die kleine, rote Fee wieder in den Wald hinein. Die drei Jungen laufen schnell hinterher. Im Licht der Laterne gehen sie zwischen den Bäumen entlang , immer der Fee nach, die den Weg zur Feenstadt kennt. So gehen sie einige Minuten, als sie plötzlich etwas Helles hoch oben in den Bäumen sehen. Als sie näher kommen können sie erkennen, was da leuchtet. Es sind lauter Laternen, Lampions, Kerzen und kleine Fackeln. Oben in den Bäumen hängen und stehen sie, leuchtend, flackernd und glitzernd. Alle möglichen Farben sehen die drei Jungen und die Fee als sie näherkommen, das rote und goldene Licht der Fackeln und Kerzen sowie leuchtendes Blau, Grün, Lila, Orange, Türkis, Rot, Gelb und Rosa. Sie gehen weiter bis sie zu einer langen Leiter aus Holz kommen, die bestimmt 20 Meter lang ist, so lang, daß sie vom Boden bis in die bunt leuchtende Stadt der Feen hinaufreicht. Die kleine Fee Helene fliegt voran und die 3 Jungen klettern hinterher. Als sie oben angekommen sind, sehen sie die bunt leuchtende Stadt vor sich stehen. Neben den vielen bunten Farben der Lichter und Lampen sehen sie jetzt auch all das, was man von weitem nicht erkennen kann. Zwischen und unter den Lichtern stehen auf den Brettern, die zwischen den Bäumen liegen, 10 Bänke und 5 Tische. Und auf den Tischen stehen unheimlich viele Dinge zum Essen und zum Trinken. Da gibt es goldene Kartoffeln, grüne Bohnen und Erbsen, orangene Karotten und grünen, weißen und blauen Kohl, gebratene Stücke vom Schwein, vom Rind, Schaf und Ziege, gegrillte Hühnchen und Enten auf silbernen Tellern und in goldenen Schüsseln. Außerdem 3 ganze Tische voll mit Kuchen, Plätzchen, Schokolade und Marzipan. Und all die feinen Sachen liegen nicht einfach so auf dem Tisch, sondern sie liegen in Schüsseln, die aussehen wie kleine Boote oder Tiere, auf Tellern, die die Form von Blättern oder Bäumen haben oder in Körben, die mit schönen farbigen Bändern verziert sind. Und dazwischen glitzert und funkelt das Geschirr und Besteck, große und kleine Teller aus weißem Porzellan, silberne Löffel, Gabeln und Messer. Aber das schönste an dem ganzen Fest sind die vielen Feen – Jungen und Mädchen – die an den Tischen sitzen und essen und trinken, die durch die Luft tanzen oder die auf Instrumenten, auf Flöten, Geigen und kleinen Trompeten die schönsten Lieder spielen.
Und als die drei Jungen die Leiter ganz hinaufgeklettert sind und die Feen sie bemerken, da komme sie alle lachend und sich freuend angelaufen. Jede der Feen möchte den 3 Jungen die Hand geben oder sie in den Arm nehmen. Der kleine Bruder von Basileios, der beim Drachen gefangen war und der schon seit vielen Tagen nichts Gutes mehr gegessen und getrunken hat, bekommt sofort das beste von allem, was es auf den Tischen gibt, das Besten zu Essen und zu Trinken. Aber auch Kevin und Basileios dürfen sich an die Tische setzen und sich das nehmen, was sie am liebsten mögen. Und dann kommt die Feenkönigin zu Ihnen geflogen. Sie lächelt und sagt: “Ich freue mich sehr, daß ihr gesund zurück seid. Ich mußte die ganze Zeit an Euch denken. Aber ich war sicher, daß ihr den bösen Drachen besiegen konntet. Und ich habe Recht gehabt.“ Als wir gehört haben wie der Drache schreit, da bin ich schnell hoch in die Luft geflogen, damit ich bis zum Berg sehen kann. Und von da oben, hoch in der Luft habe ich gesehen, wie ihr gegen den roten Drachen gewonnen habt. Das habt ihr ganz toll gemacht. Aber denkt immer daran, daß man so ein großes wildes Tier nur im Kinderland besiegen kann, wenn man noch ein Kind ist, und auch nur dann, wenn man sehr klug und mutig ist . In der echten Welt draußen ist das noch viel schwieriger. Da muß man ein großer, starker Mann sein, wenn man einen Drachen oder ein anderes großes Tier besiegen will. Aber jetzt eßt und trinkt erst einmal und ruht euch aus. Wenn ihr wollt, könnt ihr auch ein mit uns Musik machen und tanzen.“
„Danke schön, liebe Feenkönigin,“ sagt Basileios, „ich habe einen Bärenhunger, aber zum tanzen bin ich zu müde.“ „Ich auch“, meint Kevin.
Und deshalb sitzen die drei Jungen am Tisch und essen all die feinen Sachen, die es da gibt: Basileios ist vor allem hungrig und ißt deshalb Nudeln mit scharfen Würstchen und Ketchup. Danach verspeist er dann noch Schokoladenpudding mit Sahne. Sein Bruder Konstantin ist noch hungriger. Er ißt Fleischklöße mit Kartoffelsalat, danach Fischstäbchen und Spaghetti und dann noch Schokoladeneis mit Sahne und Vanillesoße. Kevin ist nicht so hungrig. Deshalb probiert er all die hübschen bunten Süßigkeiten: Gelben, braunen und roten Pudding mit Sahne und mit Schokoladen oder Erdbeersoße. Gummibärchen, nicht nur gelbe, weiße, grüne und rote, so wie es sie überall gibt, sondern auch blaue und lilane . Marzipan in der Form von Schmetterlingen und Schweinchen und vieles mehr. Und dabei sehen sie den Feen beim tanzen zu, hören sich die Lieder an und wenn sie eins kennen, dann singen sie mit, wenn sie nicht gerade den Munde voll haben.
„So, Kinder“, sagt die Feenkönigin. Jetzt ist es so spät, daß die Nacht schon halb vorbei ist. Ich bringe euch mit meinem Zauberschlitten nach Hause – Basileios und seinen Bruder Konstantin ins weiße Schloß und Kevin nach Hause in sein Kinderzimmer.“
Alle 3 Kinder setzen sich auf den Schlitten. Dann stellt sich die Feenkönigin hinter die 3, sagt leise einen Zauberspruch und schon fliegt der kleine, blaue und rote Schlitten zwischen den Ästen hindurch in den schwarzen Himmel mit seinen tausenden leuchtenden Sternen. Schnell fliegen sie über die Wälder und Wiesen, die Flüsse und Seen, bis sie an dem Gebüsch sind, wo es wieder in das Zimmer von Kevin geht.
„Danke schön, lieber Kevin, daß Du mir geholfen hast, meinen Bruder zu retten. Alleine hätte ich es nicht geschafft.“
„Das habe ich doch gerne getan,“ antwortet Kevin, „ich komme euch bald wieder besuchen.“ Und zur Feenkönigin sagt er: “Vielen Dank, daß Du uns so geholfen hast. Und danke für das viele gute Essen und Trinken.“
„Das habe ich doch gerne getan,“ sagt die Feenkönigin Eleonore, „und komm mich bald mal wieder besuchen.“
„Gern“, antwortet Kevin und dann geht er durch das Gebüsch in sein Zimmer zurück. Es ist noch immer dunkel da. Aber jetzt hat Kevin keine Angst mehr. Er hat ja gerade erst einen Drachen besiegt. Er geht schnell in sein Bett und ist froh, daß er jetzt endlich schlafen kann, so müde ist er.
Publication Date: 01-23-2009
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Dedication:
für Miko und Iwo