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Sanft spiegelt Sonne sich in Meereswellen. Ich kremple meine Hosenbeine auf. Ziehe die Schuhe aus. Meine Haare wehen mit dem Sommerwind. Wasser umspielt meine nackten Füße.Streichelt, schmeichelt. Der Sand unter mir ist weich, er schmiegt sich an. Die Wellen, die meine Fußgelenke umspülen, sie rufen mich: "Komm, komm tiefer. " Ich höre ihr Locken, schaue in die rote Glut der Sonne. Ich bin eins mit den Elementen. Mit Feuer und Wasser. Mit Erde und Licht. Ich bin die Elemente.

Nur ein Moment ist es. Ein Moment, der mich stillhalten läßt. Zur Ruhe kommen. Ein Moment, in dem ich spüre, eins zu sein mit dem, was Leben ausmacht. Was Leben ist.

Ich gehe zurück an den Strand. Ziehe meine Schuhe an. Und nehme mit, was sich mir öffnete. Was immer geschieht, wo immer ich bin, was immer ich tue, ich bin ein Teil des Ganzen. Ich bin ganz, so unvollkommen ich auch sein mag.

Getröstet gehe ich zurück. Zu meinem kleinen Strandhaus. Ein kleiner Nachttrunk und dann.............das Morgen träumen.

Am Morgen erwache ich an einem Sandstrand. Über mir weit oben wiegen sich Blätter von Palmen sanft im Wind. Ich laufe über den wunderbar weichen, fast weissen Sand zum Felsen hinüber. Nach einiger kletterei komme ich auf einem runden Felsen bequem zu sitzen.

Den Felsen umspielt herrlich blauglitzerndes, türkisfarbenes Wasser.

Sehr viel später wird die Stille von Motorengeräusch unterbrochen, das immer mehr anschwillt bis ein Mann mit einem Schlauchboot an meinem Strand landet. Als er mich erblickt geht er auf mich zu und lädt mich zu einem Abendtörn auf seinem Segelboot ein, das weit ausserhalb der blauen Lagune ankert. Ich nehme gern an und gehe mit ihm zu seinem Schlauchboot und kann ihn dazu überreden den Aussenbordmotor aus zu lassen und statt dessen zu rudern.

An der Yacht angekommen holt er den Anker hoch, setzt allein Vor- und Großsegel und mit einer leichten Brise entschwinden wir der blauen Lagune bis es nur noch uns gibt ... das Schiff, das Meer und den abendlichen Himmel über uns.



Wir segeln nur nachts. Tagsüber ankern wir in geschützten Buchten und ruhen uns aus.

Ich mag das Nachtsegeln.

Die blinkenden Sterne über uns. Die leicht feuchte, lauwarme Luft, die meine Haut an den unbekleideten Körperstellen wie Arme, Beine und Gesicht sanft streichelt. Und das Meer, das in manchen Nächten genauso glitzert wie der Himmel über uns. Wie ein großer Fisch zerteilt dann der Bug der Yacht das Meer, und links und rechts bilden sich gelb leuchtende Wirbel, als ob wir durch flüssiges Gold segeln würden.

Über meinen Begleiter wundere ich mich nicht mehr. Er spricht so gut wie kein Wort, trotzdem weiss er immer, was ich denke. In einer der folgenden Nächte erklärt er mir wie das geht. Und als die Sonne in dieser Nacht die ersten Lichtstrahlen über den Horizont schickt, kann ich ebenso seine Gedanken lesen und wir senden uns gegenseitig Gedankenbotschaften. Er bringt mir auch bei, wie man Gedanken für den anderen unlesbar macht.

Anfangs war ich ebenso darüber entsetzt, dass er keinen Kompass oder sonstiges Navigationsgerät auf dem Schiff hat. Allmählich begreife ich, wieso wir nachts segeln. Er orientiert sich an den Sternen, wie ehemals die Polynesier in der Südsee.

So vergeht die Zeit und ich weiss nur, dass wir dem Kreuz des Südens entgegensegeln.

Ich passe mich dem Rhythmus an. Sterne und Mond werden meine Begleiter. Das Schaukeln der Wellen. die Geräusche des Meeres, sie hüllen mich ein. Jeder Sonnenaufgang ist ein spirtuelles Erlenbnis. Mein Begleiter schmunzelt, wenn er sieht, wie ich mich wie ein Kind freue und staune.
Mir scheint, ich kenne ihn schon lange. Und er kennt mich. Woher?
Ich schiebe den Gedanken beiseite. Er ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass ich hier und jetzt meine Mitte finde, eins bin mit Wasser, Mond und Sternen. Wir segeln weiter, immer weiter, dem Kreuz des Südens entgegen und nur der Himmel ist unser Kompass.

An manchen Tagen, wenn wir in einer der herrlichen Buchten ankern, zieht es mich an Land und ich mache das Schlauchboot los und rudere an den Strand. Dann laufe ich im weichen Sand hin und her, bohre meine Zehen in den Sand, schaufle ihn auf den anderen Fuss, um ihn anschliessend von meinem Fussrücken rieseln zu lassen.

Oft trage ich die schönen Schneckenhäuser, Seesterne, Steinchen, die am Strand rumliegen zusammen.

Besonders schöne Exemplare nehme ich mit auf die Yacht und lege sie in der Messe in ein speziell für diesen Zweck freigeräumtes Regal. Mein Begleiter freut sich ebenso über meine Mitbringsel.

Mit Spaß denken wir uns Lebensgeschichten zu den einzelnen Schneckenhäusern oder Seesternen aus. Was sie wohl alles schon erlebt haben mochten? Wie sie zu ihrer einzigartigen Farbigkeit, Struktur, Grösse gekommen sind, bevor sie an diesen Strand geschwemmt wurden?

Und dann wird es wieder Abend, der Anker wird hochgezogen, die Segel gesetzt und in gemählichem Tempo schaukeln wir unserm unbekannten Ziel entgegen.





Wieder einmal verwandelt die aufgehende Sonne das Meer in eine Farbpalette. Leichter Dunst läßt Pastelltöne entstehen. Während ich noch versunken meinen Blick auf den Wellen ruhen lasse, springt mein Begleiter auf. Aufgeregt deutet er an den Horizont. Meine Augen folgen seinem ausgestreckten Finger. Eine Hügelkette, vom Sonnenlicht in Rot und Orange getaucht, taucht wie eine verwunschene Insel auf. In mir entstehen Bilder von Piratenschätzen und untergegangenen Städten aus Gold und Edelsteinen. Wir nähern uns der Hügelkette. Gern würde ich meinen Begleiter fragen, warum er so erregt ist. Aber ich halte inne. Schaue mit ihm auf das Bild, das sich uns bietet, ohne ihn zu stören. Sehe einen Strand, weißen Sand. Wenig Vegetation, mehr Felsen. Das Licht der untergehenden Sonne wirft eine zauberhafte Farbe auf die Insel. Sie kommt mir bekannt vor. War ich in meinen Träumen schon einmal hier? Komme ich jetzt real dort an, wo ich ankommen soll? Ich werde ungeduldig.

Aber mein Begleiter steht noch immer mit entrücktem, in die weite Ferne schweifendem, Blick neben mir. Ich wage nicht, ihn anzusprechen. Warte. Auf Worte von ihm, auf Erklärung.

Plötzlich sehe ich ein Leuchten im Wasser. Neugierig spähe ich über die Reeling. Der Anblick, der sich mir bietet, raubt mir den Atem.

Neben unserem Boot schwimmt ein Wal, in einer Blase aus Sonnenlicht. Seine Haut leuchtet rot,orange, gelb. Das Auge, das mich neugierig mustert, scheint das Auge einer Katze zu sein. Um ihn herum tanzen Lichtkugeln. Der Wal zwinkert mir zu.
Dann beschleunigt er und setzt sich vor unser Boot. Will er unser Lotse sein?

Erleichtert folgen wir ihm. Wir kommen immer näher zur Insel bis wir Einzelheiten erkennen können. Ein Haus, das auf einer Klippe steht. Büsche, Bäume, Pflanzen, die ich nicht kenne. Und das schlimmste, die Insel ist umgeben von einer felsigen Steilküste. Mir war klar ohne Lotse wären wir unweigerlich an den Felsen zerschellt.

Ein wenig unheimlich ist mir schon und mich verlässt das Gefühl nicht, beobachtet zu werden.

Das Meer verändert laufend seine Farbe. Einmal ist es dunkelgrün, dann tendiert es wieder eher zu rotviolett. Mein Begleiter jedoch ist ganz ruhig. Mit sicherem Gespür folgt er unserem Lotsen und auch ich mache mir mit der Zeit keine Gedanken mehr über unser Schicksal, sondern genieße, wie so oft zuvor, die herrliche Brise, das Meer und das schöne Wetter.

Schließlich, nach einem langen Tag, gelangen wir an ein Stück der Insel, das flacher ist und ich kann sogar einen kleinen Sandstrand erkennen. Hier verlässt uns der Walfisch. Wir danken ihm, er wedelt nochmals kurz mit seiner Schwanzflosse und taucht weg.

Mein Begleiter wirft den Anker ins Wasser, während ich uns Essen zubereite. Heute essen wir an Deck und sehen dem schönsten Sonnenuntergang dieser Reise zu. Ich frage mich: Hat unser Wallotse einer seiner wunderbaren gelben Kugeln in den Himmel geworfen?

Doch auch in diesem Moment kommt es mir vor, als ob uns jemand vom Land aus zusieht. Ich war gespannt, welches Abenteuer uns morgen erwarten würde. Für heute aber bin ich angenehm müde. Ich gähne und strecke und räkle mich wie eine Katze. Aus den Augenwinkeln sehe ich auf einem der moosbewachsenen Felsen eine Bewegung. Schnell schaue ich hin, aber nur ein letztes Leuchten der untergehenden Sonne ist zu sehen. Eine Täuschung? Ein Trugbild? Ich schüttle etwas irritiert den Kopf und begebe mich zur Ruhe. Schnell schlafe ich ein.

Im Traum sehe ich wieder den Felsen vor mir. Diesmal ist er nicht leer. Ein Rabenvogel sitzt dort. Aber was für einer. Menschengroß, feuerlodernd sein Gefieder. Auch er schaut mich an und zwinkert mir zu. "Hab keine Angst, schlaf gut. Ich wache über diese Insel und über euch" höre ich seine leisen Gedanken.Dann verschwimmt sein Bild und ich schlafe fest und erholsam.

Imprint

Text: Bilder: Wal und Feuervogel von Regina Krause Aquarellbilder von Gabriele Oehy Text: von Regina Krause und Gabriele Oehy copyright bei Regina Krause und Gabriele Oehy
Publication Date: 10-10-2008

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