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Ein Spaziergang in die Heide

 

 An einem wunderschönen Morgen im Mai, machte ich mich mit meinem Hund „Anja" zum Spaziergang auf. Die Sonne schien und auf den frisch gemähten Wiesen lag eine dünne Schicht weißer Nebel, der wie ein Schleier zu schweben schien.

„Wohin gehen wir denn heute?", fragte ich meinen Hund, der mir mit freudigen Wedeln antwortete:
„Egal wohin, Hauptsache ich darf springen!"
Das kleine Wäldchen hatten wir schnell hinter uns und vor uns lag die Heide. Die Heideglöckchen blühten in voller Pracht und die fleißigen Bienen summten. Hier konnte sich Anja austoben. Für mich stand eine Bank bereit, auf der ich mich niederließ um die Morgenstille zu genießen. Sofort rannte Anja los, um in dem kleinen Bächlein ein morgendliches Bad zu nehmen. Sie kam aber nicht dahin, denn irgendetwas schien sie abzuhalten. Auch an einer anderen Stelle drehte sie wieder um.
Ich war enttäuscht und dachte schon an den Heimweg. Da kam mein braver Hund, setzte sich ganz still neben die Bank und sah freudig erregt in die weißen Nebelfelder, die sich schon langsam auflösten.
Ein kleines Wesen kam plötzlich aus dem Wäldchen mit einem winzigen Korb, in dem es einen Pilz trug. Anja konnte gar nicht so schnell wedeln wie sie sich gerade freute!
Eine schöne Elfe mit einem pastellfarbenen Kleid und bunten Flügeln schwebte über die Grashalme direkt auf uns zu. Mit einem feinen Stimmchen fragte sie:
„Was macht ihr hier so früh am Morgen, wir haben es nicht gern, wenn Menschen uns beobachten."
„Ich habe doch gar nichts gesehen", sagte ich zaghaft, „nur der Hund wollte an den Bach und konnte nicht heran."
„Ja sicher", wisperte die Elfe, „Da ist die Bannmeile, wir lassen niemanden in unsere Nähe."
Mit freundlichen Worten forderte sie uns auf, diesen Ort zu verlassen. Ich pochte auf mein Recht und erklärte, dass hier niemals eine Bank stehen würde, wenn man darauf nicht sitzen dürfe.
„Dann bleib sitzen, aber ich werde Euch genau beobachten!", zwitscherte das goldige Wesen und schwebte davon.
Ich war nun doch ein wenig enttäuscht, unseren Sonntag-Morgen Spaziergang hatte ich mir ein wenig anders vorgestellt.
Anja schaute unentwegt in die Richtung, in die die Elfe verschwunden war. Jetzt wollte ich wissen, was es dort zu sehen gab und schaute genau hin. Da war ein ganzer Schwarm kleiner Elfen, die auf dem Nebel tanzten. Ich bildete mir sogar ein, Musik zu hören. Sie schwebten auf den Nebelresten es war lieblich anzusehen.
Ja, da werde ich noch eine Weile zusehen, entschied ich mich und mein Hund schien soeben das Gleiche zu denken. So saßen wir etwa eine Stunde und bemerkten gar nicht, dass hinter dem Wald dunkle Wolken aufzogen. Erst als der erste Donner grollte, beschlossen wir ganz schnell nach Hause zu gehen.
Da schwebte die kleine Elfe noch einmal heran.
„Beeilt Euch, es wird ein Gewitter geben! Wir haben ein Geschenk für Euch: Ihr habt drei Wünsche frei."
Danach winkte sie und wir eilten durch das keine Wäldchen der Straße zu.
Immer wieder musste ich an die Elfe denken und überlegte, was ich mir wünschen könnte. Anja hechelte hörbar und riss mich aus meinen Gedanken.
Zwar schien die Sonne nicht mehr, aber es war schwül. Mein Hund hatte Durst und seine Zunge hing ihm zum Hals heraus. Mitleidig strich ich mit meiner Hand über seinen Kopf und sagte: „Wenn wir doch nur Wasser mitgenommen hätten."
Ein feines Glöckchen klingelte und die Elfe stand neben uns mit einer Schale voll Wasser. Dankbar trank meine treue Gefährtin die Schüssel leer und mir war klar, der erste Wunsch war eine Schüssel Wasser. Mein Hund war das wert, wir hatten ja noch zwei Wünsche.
Vor uns lag noch ein gutes Stück Weg, da fing es an zu regnen. Ich hatte nur ein leichtes Blüschen an und war gleich nass bis auf die Haut.
„Wenn ich nur einen Schirm mitgenommen hätte!", klagte ich vor mich hin. Kaum hatte ich das gesagt, stand die Elfe in einem dunkelroten Mantel mit einem Regenschirm neben mir. Das Glöckchen klingelte ein zweites Mal und ich hielt einen Schirm in meiner Hand.
Die Elfe sah in ihrem langen Mantel mit dem Schirm in der Hand so putzig aus, dass mir gar nicht so schnell bewusst wurde, dass nun auch der zweite Wunsch futsch war.
Endlich erreichten wir unser Haus. Da stand ich vor der Tür und hatte keinen Schlüssel mitgenommen. Mein Mann hatte Sonntagsdienst und nun musste ich dorthin, um seinen Schlüssel zu holen.
„Mist!", zischte ich, „hätte ich nur einen Schlüssel dabei!"
Kaum hatte ich das ausgesprochen, stand sie neben mir die Elfe mit dem Regenschirm. Wieder ertönte der helle Klingelton des Glöckchens und ich hielt den Haustürschlüssel in der Hand. Mein Hund stürmte sofort nach dem Öffnen der Haustür ins Bad, wo sein Handtuch hing und ließ sich geduldig abtrocknen.
Mir liefen die Tränen über das Gesicht, wann hat man schon mal drei Wünsche frei?

 

 

 

 

 

 

 

Die Elfe bringt alles durcheinander

Nachdem ich mich getrocknet und frisch eingekleidet hatte, ließ ich mich auf den nächsten Stuhl fallen und wieder kamen mir die Tränen. Warum hatte ich mir nicht Gesundheit und genügend Geld bis ans Lebensende gewünscht?
"Hör auf zu weinen, Geld macht unglücklich und Gesundheit, ja das wäre ein guter Wunsch gewesen." Das feine Stimmchen schreckte mich auf. Auf meiner Schulter saß die Elfe.
   "Was machst Du denn hier?", fuhr ich sie an, "Du solltest längst wieder in der Heide sein, bei Deiner Sippe!"
"Dahin gehe ich nicht mehr, die haben mich gemopst.", seufzte sie. Ich musste laut lachen, und der Hund freute sich, dass ich wieder lustig war. "Du meinst gemobbt? Wer sollte Dich denn mobben und gibt es sowas überhaupt bei Elfen?" Ich lachte immer noch.

"Das ist nicht so komisch, wie Du glaubst. Ich bin nicht elflich genug, ich bin zu menschlich, also ganz aus der Art geschlagen. Wenn es regnet brauche ich einen Schirm, und wenn es kalt ist einen Mantel, alle lachen mich aus. Fortgejagt haben sie mich auch schon mal, da hat meine Großmutter mich versteckt." Jetzt war es die Elfe, die mir schuchzend auf die Schulter weinte. Ich hatte Mitleid, nahm sie in meine Hand und streichelte ihre seidenweichen Haare.

Nun war es höchste Zeit, das Essen zu kochen, denn mein Mann würde bald von der Frühschicht heimkommen. Also setzte ich das kleine Elfchen auf die Fensterbank zwischen die Blumentöpfe und ging in die Küche.

Mein Essen brutzelte und dampfte und ehe ich mich versah, tanzte das kleine Wesen um den heißen Wasserdampf. "Pass auf!", rief ich erschrocken, "der Dampf ist heiß und wenn Du in den Dunstabzug kommst, dann bist Du weg." Anja kam nun auch in die Küche. Zuerst schaute sie ob etwas essbares auf den Fußboden gefallen war, dann ging sie an ihren Fressnapf. "Ja Hunger habe ich auch.", verkündete nun die Elfe.
Ich überlegte, was Elfen denn so essen mir fiel aber nichts ein, außer Honig vielleicht und den hatte ich nicht. "Was kann ich Dir denn geben?", fragte ich nachdenklich. "Wie heißt Du überhaupt, hast Du auch einen Namen?" "Lach aber nicht, ich heiße Elvira, aber nenn mich lieber Elfi, das ist nicht so altmodisch. Wegen dem Essen mach Dir keine Sorgen, ich hab schon was gesehen, das reicht für ein halbes Jahr." Sie schwirrte ab in den Flur, wo eine große Pflanze an der Wand rankte sie hatte massenhaft Blüten und an jeder Blüte hing ein Tropfen Honig. Deshalb nannten wir sie die Honigblume. 

Der Name Elvira ist doch gar nicht so komisch, dachte ich und ging den Tisch decken. Anja lief freudig hin und her, denn wenn wir essen, dann bleibt immer noch etwas übrig und das gehört dann ihr.
Pünktlich wie jeden Tag kam mein Mann zur Haustür herein. "Im Flur sitzt eine Libelle auf der Blume", bemerkte er fast nebenbei. "Ja, das ist Elfi, die lass mal in Ruhe." Ich kam mit der Suppe und mein Mann konnte es nicht lassen mir zu erklären: "Ich habe den ganzen Tag mit Leuten zu tun, die sich mit Fliegen und Schmetterlingen unterhalten, lass also den Unsinn." 

Ich war erleichtert, als ich den Tisch wieder abgeräumt hatte. Elfi war brav und hatte sich nicht sehen lassen.

Sie spielte mit Anja im Flur und kitzelte den langhaarigen Hund in den Ohren und mein Mann legte sich auf das Sofa um ein Mittagsschläfchen zu halten. Dort hatte ich aber auf einem Handtuch Elfis Mantel und den Regenschirm zum trocknen hingelegt. "War Katalin da?", fragte er indem er das Handtuch zusammenrollte und auf den Tisch legte. "Nein, wieso fragst Du?", erkundigte ich mich scheinheilig, denn ich wusste genau was jetzt kam. "Das Mädchen ist unmöglich, sie lässt immer etwas liegen.", rügte er. Im Hausgang hörte ich Elfi leise kichern.

 

Mein Mann war schnell eingeschlafen.
"Komm Anja, wir zeigen Elfi das Haus." Der Hund stürmte vor mir die Treppe hinauf mit Elfi am Ohr. Als erstes kamen wir ins Kinderzimmer. "Das gehört Dir ganz allein, und da kommt auch niemand der Dich stört." Das nächste Zimmer gehörte meinem Mann. "Da darfst Du nicht hinein, sonst kann es sein er erschlägt Dich mit dem Hausschuh." "Oh, ist der so böse?", fragte Elfi. Ich schüttelte den Kopf: "Nein er ist nicht böse, aber er hat Angst, dass Du ihn stechen könntest." "Das große Schlafzimmer gehört mir und Anja und jetzt auch Dir, also da darfst Du hinein." Dusche und WC riet ich ihr ab, denn da könnte sie mit der Wasserspülung verschwinden. Mit einem Stückchen Papier, zeigte ich ihr wie kräftig das Wasser durch die Toilette braust. "Ihr habt so viel Wasser, und wir müssen in den Wald, wo das Bächlein aus den Steinen kommt wenn wir großen Durst haben oder uns waschen wollen." Es klang ein wenig vorwurfsvoll, aber Elfi hatte ja Recht.

 Nun konnte Elfi im Haus herumfliegen und ich ging in die Küche um das Geschirr zu spülen. "Kannst Du mir das Geschirr nicht sauber zaubern?", fragte ich Elfi. "Nein das geht nicht mehr, wenn ich bei den Menschen bin, dann kann ich mir damit nur selber helfen und mit Großmutter telefonieren." Das fand ich aber sehr schade, denn im Geheimen hatte ich gehofft, am Ende doch noch zu meinen Wünschen zu kommen. Während ich meine Küche in Ordnung brachte, schaukelte Elfi an den Topflappen, die an der Wand hingen. 

 Mein Mann hatte ausgeschlafen und breitete die Zeitung vor sich aus. Anja sprang zu ihm aufs Sofa und legte ihren Kopf auf seine Knie. "Ich will auch dahin!", rief Elfi ganz aufgeregt. Ich meinte, dass sie es lieber lassen sollte, aber Elfi wusste sich zu helfen, sie nahm ihren winzigen Zauberstab und machte sich unsichtbar. Plötzlich rief mein Mann: "Komm mal, ich möchte dir was zeigen." Neugierig ging ich an das kleine Tischchen. "Guck, das musst du gesehen haben! Ich lasse eine Seite fallen und schwupp ist sie wieder auf dem Tisch. Das grenzt an Zauberei!" Darauf konnte ich nur sagen: "Das ist Zauberei." Zweimal führte er es mir vor, dann funktionierte es nicht mehr. 

 "Ich fahre zum Einkaufen!", rief ich meinem Mann aus der Küche zu. Kaum hatte ich den Einkaufszettel abgerissen da war Anja schon zur Stelle. "Willst du nicht hier bleiben bei Elfi?", fragte ich vorwurfsvoll. Mein Hund war schneller am Auto wie ich und sprang in den Kofferraum. Aber wo war Elfi? Sie war immer noch unsichtbar und konnte überall sein. "Ja ich will auch mit, ich war noch nie einkaufen!", piepste es in meinem Korb. "Dann pass aber gut auf, nicht dass du verloren gehst!" Beim Supermarkt suchte ich einen schattigen Parkplatz und machte alle Fenster auf. Anja wusste, dass sie hier warten musste und danach aber auf der Wiese springen durfte. Bis dahin schaute sie zum Fenster hinaus und ich ging mit meinem Einkauskorb zum Eingang. 

Kurz ärgerte ich mich, dass ich das Leergut vergessen hatte, dann war ich aber froh, denn wenn Elfi in den Automaten hinein flöge, dann war für sie vielleicht alles zu spät. Ich schob meinen Wagen durch die Eingangstür und Elfi staunte über die vielen Gläser und Packungen. Sie tummelte sich ausgelassen in den Regalen und so manches leichte Teil flog auf den Boden. "Elfi, lass das!", schimpfte ich leise. Nach und nach füllte sich der Einkaufswagen. Ich konne nicht verhindern, dass Elfi mit manchen Sachen spielte, sie warf kleine Tüten in die Luft und fing sie wieder auf.
Die anderen Kunden wurden schon aufmerksam und flüchteten vor mir. "Mensch Elfi, ich kriege noch Hausverbot!", zischte ich sie an. Als wir an der Kasse waren hatte ich es fast geschafft. Die Kassiererin nannte den Betrag und ich legte das Geld auf den Zahltisch. Elfi gefiel das Geld so gut, dass sie die Scheinchen einzeln hochhob und anschaute. Die Kassierin stöhnte: "Ich glaube mir wird schwarz vor Augen, alles bewegt sich!" "Nein nein", beruhigte ich sie, "das ist mein kleines Gespenst, was da rumfliegt." Sie bekam einen Schweißausbruch und klingelte. Eine andere Kassiererin kam und fragte was los sei. "Mir ist schlecht, mach mal für mich weiter."

Elfi kicherte und ich steuerte dem Ausgang zu.

Während ich den Einkauf verstaute, rannte Anja durch die nahe Wiese. Auf mein Pfeifen kam sie zurück, als ich den Einkaufswagen wieder zum Eingang zurückbrachte. Auf meine Frage: "Seid ihr alle da?", bellte Anja einmal kurz und Elfi flüsterte: "Ja". 

 

 

 

 

 

 

Elfi hat Heimweh

 

Als ich daheim meinen Einkauf wegräumte, klagte Elfi leise: "Ich bin müde und möchte gerne noch mit Großmutter telefonieren." "Das ist doch in Ordnung, Du weißt ja wo Dein Zimmer ist. Schlaf gut!"

Sie schwirrte noch eimal um meinen Kopf herum, dann sah ich, wie sie an den Honigblumen naschte. Danach war sie verschwunden. Kurz darauf ging ich die Treppe hinauf um noch einmal nach ihr zu sehen. Sie saß ganz verloren auf dem großen Bett und hielt den Zauberstab in der Hand. Sie telefonierte. "Großmutter", sagte sie, "hier ist es sehr schön, aber ich vermisse dich so sehr!" Leise schlich ich wieder nach unten, ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. "Sie wird uns wieder verlassen", sagte ich zu Anja. Nun bildete ich mir ein, dass auch der Hund traurig war.
Mein Mann experimentierte immer noch mit der Zeitung, ließ ein Blatt fallen und weil es nicht wieder heraufkam hob er es selber auf. Dazu brummte er : "Seltsam, komisch und Hexerei."
Nach dem Abendessen rollte ich das Handtuch auf, putzte den Mantel und den Regenschirm sauber und vergoss wieder ein paar Tränen. Mein treuer Hund leckte mir die Tränen ab. Ach war ich froh, dass meine Anja bei mir blieb!

In der Nacht schlief ich nicht gut, ich musste immer daran denken, dass ich mich vielleicht schon morgen von dem kleinen, liebgewonnenen Wesen verabschieden musste. Wir standen früh auf, da mein Mann ja Frühschicht hatte, frühstückten gemeinsam und vergaßen auch Anja nicht. Elfi flog im Flur von Blüte zu Blüte. "Da ist sie wieder, die Libelle.", stellte mein Mann fest. Er nahm einen Zettel, der gerade auf der Fensterbank lag und ließ ihn fallen. Elfi kam und hob ihn auf. Daraufhin putzte er seine Brille und meinte: "Ich gehe lieber, sonst glaube ich noch an Elfen und Hexen." Als mein Mann zur Tür ging wollte Elfi auch hinaus. "Halt!" rief ich, "wir bringen Dich nachher bis zur Heide außerdem hast Du Deinen Mantel und den Regenschirm vergessen."
"Oh ja", jubelte die Kleine, setze sich zu mir auf die Schulter und erzählte mir von dem Gespräch mit der Großmutter. "Ich darf heiraten, wenn ich will, und dann einen neuen Stamm gründen. Meine Kinder werden alle sein wie ich und niemand lacht mich mehr aus."
Das war nun eine gute Nachricht. Elfi zog den Mantel an und nahm ihren Schirm und ich legte dem Hund die Leine an, dann gingen wir los. Ich hatte ein kleines weißes Seidentuch eingesteckt, das wollte ich ihr zum Abschied schenken, vielleicht könnte sie daraus ihr Brautkleid machen. Am Ende vom Wald setzte ich mich wieder auf die Bank, Anja ging ans Bächlein zum trinken. Für mich war es schwer mich von Elfi zu verabschieden aber es musste sein, wieder tropfte es aus meinen Augen und Elfi putzte mir die Tränen ab. Ich schenkte ihr das Seidentüchlein worüber sie sich riesig freute und sie wünschte mir, dass es in meiner Familie niemals Streitigkeiten gäbe.

 

Dann flog sie davon und immer wenn ich mit meinem Hund im Wald war, glaubte ich ihr feines Stimmchen zu hören.

 

 

 

 

Besuch von Elfi

 Es war Donnerstag und wie immer musste ich in den Supermarkt um meinen Wocheneinkauf zu tätigen. Als ich den Geldbeutel und den Einkaufszettel in den Korb legte, sprang mein Hündin erfreut auf, und lief zu Tür. "Nein Anja", sagte ich liebevoll zu ihr, "heute muss ich dich zurücklassen, es ist viel zu heiß. Ich komme bald wieder und bringe auch etwas Feines für dich." Noch einmal bückte ich mich zu ihr hinunter und blieb mit ein paar Härchen an dem klebrigen Nektar der Honigpflanze  hängen, die gerade in voller Blüte stand. 

Zügig erledigte ich meinen Einkauf, ich wollte meinen Hund nicht so lange warten lassen. Mein Korb war bis zum Rand gefüllt. Gemüse und Obst steckte ich an der Kasse in mein Netz. Mit dem Kassenbon reichte mir die Kassiererin einen roten, mit Gas gefüllten Luftballon. "10 Jahre, Ihr Einkaufsmarkt", stand darauf. "Der wird mir bei der Hitze im Auto platzen", dachte ich und konnte mich darüber gar nicht freuen. Eilig fuhr ich heim und parkte das glühend heiße Auto gleich in der kühlen Garage. 

Der Luftballon hatte die Fahrt überlebt, also nahm ich ihn mit den Netz in die eine Hand, und in der anderen schleppte ich den Korb an die Haustür. Als ich den Schlüssel im Schloss drehte, war meine Laune wieder allerbestens. Hinter dieser Tür, wird mich mein Hund mit freudigem Schwanzwedeln begrüßen und ich habe ihm zur Belohnung ein Würstchen mitgebracht. 

Ach wie war ich enttäuscht, Anja hielt es nicht für nötig mich zu empfangen. So konnte ich in Ruhe meinen Einkauf in die Küche bringen. Ich räumte den Korb aus, verstaute das Gemüse, nahm das Würstchen und den Luftballon um es ihr zu bringen. Anja lag ausgestreckt auf dem handgeknüpten Läufer, den sie ja als ihr Eigentum betrachtete, wedelte fröhlich mit dem Schwanz und warf mir nur einen kurzen Blick zu. "Bist du beleidigt, weil du nicht mit durftest?", fragte ich und legte ihr das Würstchen vor die Füße. Was hat sie nur? Ich hatte den Eindruck sie versteckte etwas vor mir. Also nahm ich den Ballon und steckte ihn in einen Blumentopf. Ohne auch nur den blassesten Schimmer zu haben, was hier los war, ging ich an die Kommode wo jemand sämtliche Bilderrahmen umgeworfen hatte. Langsam wurde ich nervös, flatterhaft stellte ich die Bildchen wieder auf. Mir fiel es nicht auf, dass ein Bild jetzt umgekehrt da stand. Eben wollte ich in die Küche gehen, als ich Elfi´s glockenhelles Lachen vernahm. "Ja, das hätte ich mir auch denken können!", rief ich belustigt, "kein Wunder beachtet mich Anja nicht, wenn du da bist." 

Elfi machte einen Freudentanz und schwirrte summend um meinen Kopf. Wenn sie nicht so winzig wäre, hätte ich ihr gern einen Kuss gegeben. "Ich hoffe du bleibst ein paar Tage", sagte ich und ging die Treppe hinauf um die Tür zum Kinderzimmer zu öffnen. Martin hatte das Puppenhaus meiner Mädchen in das verwaiste Zimmer gestellt. Meine Kinder hatte es geliebt und die kleinen Räume waren immer noch vollständig eingerichtet. Mal sehen was Elfi dazu sagt....

Inzwischen ist Martin heim gekommen. "Deine Libelle ist wieder da!", empfing er mich, als ich die Treppe herunter kam. Fasziniert schaute er der kleinen Elfe zu, wie sie sich am Nektar labte. "Die hat ja ein richtiges Gesicht und ein Kränzchen aus Blumen im Haar!", stellte er fest. Kurz darauf, meinte er fast ängstlich: "Aber ins Schlafzimmer kommt sie doch nicht?" 

Beim Abendessen saß Anja neben meinem Mann und wartete, dass ihm etwas auf den Boden fiel. Elfi dagegen kostete unsere Getränke. Weil es so warm war hatte ich meinem Mann ein Glas Bier eingeschenkt. Das Bier war so gar nicht ihre Geschmacksrichting, daher gab sie ein lautes "BLLä" von sich. Da musste sogar mein Mann lachen. Mein Obstsaft schien ihr besser zu schmecken, sie nippte zwei mal daran. Martin, der ja immer Angst hat, dass er gebissen wird, schob vorsichtig ein Stückchen Käse in Elfis Richtung. Daran schnupperte sie und meinte: "Was stinkt kann man nicht essen." Anja freute sich, als sie den Käse bekam. Bevor ich den Tisch abräumte sammelte Elfi ein paar Brotkrümel auf, die sie  dann auch tatsächlich in den Mund steckte. 

Anschließend nahm mein Mann die Post um sie durchzulesen. Unter der vielen Werbung war ein Brief an ihn. Er wollte ihn lesen, jedoch Elfi hatte wieder einen Trick bereit. Egal wie herum Martin den Brief hielt, die Schrift war immer auf dem Kopf.   

Anja und ich gingen noch eine Runde Gassi. Elfi blieb bei Martin. Mein armer Mann tat mir leid, allein mit Elfi, ob das gut ausgeht?

Anja hatte es unwahrscheinlich eilig wieder nach Hause zu kommen. So eilig hat sie es sonst nur, wenn in der Ferne leises Donnergrollen zu hören ist. In dem Fall war unser Abendspaziergang schnell beendet. Anja hastete vor mir die Stufen hinauf und stand staunend in der Stube. Martin hatte an den Luftballon eine Schaukel für Elfi gebastelt und eben in diesem Moment ließ er den Ballon los. Elfi saß auf der Schaukel und sauste mit dem Ballon durchs Treppenhaus. Scheinbar gefiel es ihr, denn ihr Lachen war deutlich zu hören. Ich hatte Angst um sie und rannte ihr nach. Auch Anja kam hinter mir die Treppe hoch und ganz zum Schluss mein Mann. "Oh je, was habe ich jetzt angestellt, ich wollte der Kleinen doch nur eine Freude machen!", jammerte er schuldbewusst. 

Im Kinderzimmer hing der Ballon unter der Decke, von Elfi keine Spur. Mein erster Gedanke war, Elfi sei verunglückt und läge jetzt auf dem Fußboden. "Geht keinen Schritt weiter!", brüllte ich, "Ihr könntet sie zertreten." Wir suchten den Fußboden nach Elfi ab, aber keine Spur von ihr.  

Als wir so auf allen Vieren auf dem Fußboden herumkrochen, stand plötzlich Elfi vor uns. "Sucht ihr was? Sagt mir, was ihr sucht und ich finde es mit meinem Zauberstab."

Martin und ich schauten uns an. "Ich brauche jetzt einen Schnaps, willst du auch einen?" fragte er mich. "Ja bitte, bring die Flasche und zwei Gläschen." - Ich war der Ohnmacht nah. Wir schauten gleich 2 mal in unser Glas und mein Kreislauf dankte es mir. "Dich haben wir gesucht, wo warst du denn?", fuhr ich das arme, niedliche Wesen an.  Elfi erschrak. "Ich war in dem Häuschen, hat Martin das für mich gemacht?" Jetzt tat sie mir schon wieder leid, ich nahm sie liebevoll in meine Hand und erklärte ihr: "Ja Martin hat es gemacht, aber zuerst für Hannah und später hat es Helena bekommen und jetzt hat er es für dich hierher gestellt, damit du eine eigene Wonung hast. Es gehört jetzt dir."

Elfi jubelte und sang:

 

"Ich hab ein Haus,

für mich allein,

ein kleines Elfenhaus,

da zieh ich ein."

 

Jetzt war Elfi beschäftigt, sie schaute in die Schränke bewunderte das Puppengeschirr, setzte sich auf jeden Stuhl und betrachtete das Schlafzimmer, in dem sogar eine Frisierkommode mit Spiegel stand. Elfi war glücklich.

Anja hatte es sich im Kinderzimmer bequem gemacht. 

Martin und ich hatten noch Lust auf ein Eis. Schnell räumte er sein Bastellzeug auf und meinte: "Die ist ja wirklich niedlich, deine Elfe, aber warum haben wir uns Sorgen gemacht, die kann doch fliegen!"

"Ich werde noch einmal nach ihr sehen wenn ich hinauf gehe, nicht dass sie traurig ist weil ich sie so angebrüllt habe."  Ein wenig plagte mich mein Gewissen und es dauerte nicht lange, da stand ich an der Tür und horchte. Ihr kleiner Zauberstab leuchtete in warmen Farben. Ich hörte sie wie sie mit ihrer Großmutter sprach: "Heimweh??? Nein ich habe kein Heimweh, Martin hat mir ein Haus geschenkt und ich liege in einem richtigen Bett. Ich bleibe noch ein paar Tage, vieleicht auch noch ein paar mehr. Im Flur blühen große Blumen, die haben den besten Honig weit und breit !........" 

Ich winkte ihr von der Tür aus und sagte leise: "Gute Nacht!"

 

 

 

 

 

Imprint

Images: Bild Cover: Manuela Schauten
Publication Date: 05-27-2017

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