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Wenn ein Traum vergeht und ein anderer erwacht….



Ganz auf der Höhe, sehe ich, nicht ein kleines Holzhaus, mit kleinem angelegtem Garten und altem Baumbestand ringsum.
Nein, gleich an die Achtzig oder Hundert davon im gemütlichen Rund.
Ich kann es schwer einschätzen, denn mein erster Blick fällt im Dunklen nur auf viele Schatten.
Eines aber sehe ich, viele der kleinen Ferienhäuser sind schick und gepflegt, es scheinen überwiegend Menschen hier zu sein, die gerne hier wohnen.
Trotz meiner momentanen Sorgen, strecke ich die Nase in die Luft und schnuppre, Gott riecht das schön. Ganz vertraut.
Ein wenig nach Pferd und Dünger, eben bäuerlich angehaucht.
Nicht penetrant, irgendwie heimelig und so wie da, wo ich herkomme und in den letzten zwölf Jahren war.
Doch da soll ich raus, bezwungen durch eine übermäßig angewachsene Wirtschaftlichkeit die zu meinen Ungunsten als Waffe benutzt wird, um sich selbst zu bereichern.
Eine Mieterhöhung von 20 % kann sich keiner in diesen Zeiten leisten.
Ich wohne hier oben hier eh seit Jahren schon viel zu teuer.
Doch es war es mir wert, es ist ja nur Geld das nicht wärmt.
Die freie Aussicht, der blanke Himmel über mir, nicht verstellt und verborgen durch Häuserschluchten.
Die Tiere die ich heran wachsen und wieder sterben sah, die Natur, rings um mich herum.
Nur das leise Blöken der Lämmer weckte mich jeden Morgen.

Auch hier, sagte ich mir, ist Luft, viel Luft ist da und wenn der Nebel dann in den Vorwintermonaten und vielleicht auch im Frühjahr oben auf der Höhe mit dichten Schwaden über Büsche und Gatter streicht, werde ich mich fühlen, als träfe ich auf einen Freund, so, als hätte ich mein vorheriges Paradies nicht verlassen.
Ein Paradies, das zugegeben, etwas ramponiert und schwerbeschädigt war, wie ein Mensch mit nicht ganz gesunden zwei Beinen.
Ich hatte mich längst über die letzten Jahre, damit abgefunden, dass zwar gute Absicht mit im Spiel, aber mit so unwichtigen Dingen wie Sicherheit für andere zu gewährleisten nicht wichtig ist.
Auf Verlässlichkeit bei Aussagen die versprochen und nicht eingehalten werden, kein Verlass ist, dass sich Veränderungen ergeben können, wenn sich der Mensch so zeigt wie er ist.
Eben eigennützig, nur, und ausschließlich auf seinen Vorteil bedacht.

Sicherheiten auch im miteinander Wohnen, kann man sich nur selbst erschaffen, verschaffen und vorsorgen, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht, als auch in der Wahl eines neuen Zuhauses.
Doch frage ich mich, gibt es je eine echte Sicherheit?

Zurück lasse ich nur zwei Hüllen verlassener Gräber im Garten, und das eine neuere, noch nicht so lang da; getränkt mit altem Herzblut von mir, und vielen sehnsüchtigen Gedanken.
Zurück lasse ich ein verwildertes ungepflegtes Gelände, unbebaubar, nicht zu bewirtschaften, weil die Erde voller Lehm und Steine ist. Was nutzt da jede Größe, das hektargroße wild bewachsene Gelände steht meist verlassen und über all die Jahre ungenutzt da.
Das Tomaten und Erdbeerhäuschen nehme ich mit und baue es dort, wo ich hingehe, wieder auf.
Zurück lasse ich ein Zuhause, in dem ich mich wohlgefühlt habe, weil ich mich mit den Gegebenheiten abfand, obwohl ein anderer Mieter ganz sicher nicht so eine marode Bruchbude angemietet hätte ohne darauf zu bestehen, dass alles innerhalb der Wohnung Top in Ordnung ist. Selbstverständlichkeiten für andere, dass die Heizung immer geht, man eine eigene Klingel hat, der Hof ausgeleuchtet wird, Toilettenspülung und Herd auch geht und nicht beschädigt ist.
All das war mir nicht so wichtig.
Man arrangiert sich wegen anderer Dinge.

Ja, man nimmt viel mit, wenn man lange irgendwo ansässig war und ich stelle es mir nicht gerade federleicht vor, wenn ich an all die Gedanken und Gefühle denke, die ich dort lasse und nicht mitnehmen kann, weil sie zu dem Grundstück dazugehören.
Da ist der alte Hund den ich mitliebte, mit ihm spielte und ich dann nachts sterben sah.
Viele Schafe, manche mit Namen und wunderschönen Gesichtern, die munter auf der Wiese herum sprangen, die kamen und gingen.
Die Pferde auf dem Nachbargrundstück die ich fütterte und streichelte, den Tod des alten einsamen Recken der unterversorgt war.
Den Igel im Garten, den dicken Frosch der sich einmal in der Tür irrte und uns besuchen kam. All die Hasen auf dem Feld gegenüber, die Rehe, den Fuchs und den Dachs den ich grüßte wenn ich aus dem Fenster sah.
Ich verlasse meine Morgen mit dem Blick aus dem Fenster und werde die leisen Stimmen vermissen, die dem Wanderer wie aus dem Munde geflüstert in der Stille verklingen während die Hunde die Wiesen besuchen.

Die Vögel über meinem Kopf werden mich begleiten.
Ich verlasse den weiten unverbauten Blick auf den Himmel über meinem Haupte, den ich morgens sonnig aufgehen, mittags verweilen und abends untergehen sah, bis er tief in die Nacht entfleuchte.
Den inneren Blick nehme ich mit.
Ich lasse den grauen Kater, der endlich eine Heimat fand, mit gutem Gewissen und in der Gewissheit zurück, ihm geht es gut, auch ohne mich.
Ich lasse die stillen Nächte zurück, in denen ich lange außen saß und in den Himmel träumte, die Nächte, in denen ich außen schlief und die Morgen, in denen ich durch die blutige gelbgoldene Sonne erwachte.
Man gewöhnt sich an Unordnung und verzichtet auf Dinge die anderen selbstverständlich sind.
Und ich weine.
Ich weine, weil es wehtut sein Herz an Dinge zu hängen und sie dann zu verlieren.
Verluste tun immer weh.
Verdammt, wie kann man nur so sentimental sein.
Andere haben kein mitmenschliches Gefühl, wenig Solidarität oder gar Verantwortung anderen gegenüber, denn das stört im Alltagsleben nur, ich habe davon eindeutig zuviel.
Was soll`s, wahrscheinlich geht es auch ohne.
Vielleicht wird die Nachbarschaftskommunikation und Hilfe dort besser funktionieren, man sich mehr bewusst sein, dass alle älter werden und sich gegenseitig brauchen.
Dass Gespräche und Ehrlichkeit im Leben wichtig sind.
Vielleicht rücken da die Menschen enger zusammen und das, auch ohne sich zu stören und gegenseitig auf den Geist zu gehen.
Das kommt wahrscheinlich ganz darauf an welche Menschen auf engerem Raum zusammen wohnen.
Man wird sehen was kommt, bei einem neuen Anfang.
Ich gehe nicht schweren Herzens, und sage Adieu.
Es ist eine Veränderung in einen neuen Lebensabschnitt, so, als wähle man sich einen neuen Lebensabschnittsgefährten, den erwählt man sich ja auch bewusst und gerne, lasse aber Wehmut, leise Melancholie und viele Gedanken zurück.
Jedes Ende hat auch einen neuen Anfang und jeden Anfang sollte man als neue Chance begreifen, egal wie alt man ist und wie gut man sich kennt.
Willkommen im neuen Zuhause, irgendwann, denn an jedem Morgen geht neu die Sonne auf.



Umziehen ist wie meine Mutter immer sagt, und die muss es ja wissen, schließlich wird sie schon Zweiundneunzig oh Graus, es klingt: umgezogen ist wie „einmal ausgebombt oder abgebrannt“.
Nun kann ich das bestätigen.
Kann nicht sagen was ich noch nicht in der Hand gehabt hätte um neu zu entscheiden, will, soll und muss das mit oder soll es jetzt, letzte Chance: in den Müllcontainer.
Da fragt man sich doch spätestens dann, warum eigentlich alles aufschreiben, eintüten, in Ordner abheften, Bilder einkleben in schöne Fotoalben, wenn all das nicht mehr aktuell eh seit 10 Jahren nicht mehr angeschaut wird.
Im Grunde ist’s wie mit dem Kleiderschrank,
im letzten und vorletzten Jahr nicht mehr getragen: weg damit, unmodern, Pfeif der Teufel drauf.
So erleichtert man sich Stück für Stück, zurück bleibt nicht mal mehr Erinnerung.
Und da ich das weiß, fällt es mir nun gar nicht mehr schwer, herzugeben, wegzuschmeißen, zu entsorgen, umso besser hat’s der Erbe, er hat weniger zu tun.


© Angelface

Imprint

Text: angelface
Images: angelface
Publication Date: 01-08-2013

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Dedication:
Abschied nehmen ist nie leicht meine Gedanken lasse ich da... die Erinnerungen werden schmerzhaft bleiben

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