Beatrice Kobras
Charly ist einmalig
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3. Auflage 2023
Impressum
Texte: © 2023 Copyright by Beatrice Kobras
Umschlag: © 2023 Copyright by Beatrice Kobras
Verantwortlich für den Inhalt:
Beatrice Kobras, Dobrovského 146/17, 35301 Mariánské Lázné, Tschechische Republik, www.k-obras.de
Vertrieb: BookRix GmbH & Co. KG, München
„Ihr beiden seid heute wieder echt spitze gewesen!“, sagte René zu Pia, während Pia ihre Stute Rosi in die Box brachte und ihr eine große Portion Möhren in ihren Trog kippte. „Rosi ist einfach die Beste!“, sagte Pia und lehnte sich an die Boxentüre ihres Haflingers und sah zu, wie sie sich über die Sonderration Möhren hermachte. Sie liebte die helle Mähne ihres Pferdes, das hellbraune Fell, das ihren Körper schmückte, die Blässe, die sich breit über ihren Nasenrücken bis zu ihren rosa Nüstern zog, ihre weißen Beine, die wie weiße Stiefel aussahen und ihr Schweif, der ebenso hell wie ihre Mähne war. Pia kannte jedes einzelne Haar am Körper ihrer Stute Rosi auswendig und hätte am liebsten jedes einzelne beweint, welches sie verlor. In ihren geheimsten Gedanken überlegte Pia schon, ob sie das Fell, welches Rosi verlor nicht zu Wolle verspinnen sollte und sich davon einen Pullover stricken. So hätte sie Rosi und den Duft ihrer Stute immer um sich gehabt. Auch, wenn sie nicht bei ihr sein konnte, aber dann hätte René sie wohl in eine Irrenanstalt einweisen lassen.
René war der begehrteste Junge ihrer Schule und Pia hatte ihn im vergangenen Sommer im Stall kennen gelernt. Plötzlich stand er hinter ihr und hatte ihr erklärt, dass ihr Charly, wie Rosi bis dahin von ihrem Besitzer genannt wurde, eine Rosi sei und auch so hieß. Hans, der Besitzer ihres Pferdes nannte jedes seiner Pferde Charly. Egal, ob Stute, oder Hengst - sein Pferd war Charly.
Pia bekam im vergangenen Frühjahr sofort starkes Herzklopfen, als René sie ansprach und jede seiner Berührungen durchzuckte jede einzelne Ader in Pias Körper. Das hat sich allerdings nicht geändert. Am Ende des Sommers waren sie ein richtiges Dreiergespann - Pia, René und Rosi. Sie wurden unzertrennlich und René hütete Pia wie seinen Augapfel - und Pia hütete Rosi ebenso.
„Ihr habt es den anderen ja wieder ganz schön gezeigt!“, rief Hans die Stallgasse entlang, als er diese betreten hatte. „Lass mal eure Schleife sehen!“, rief Norbert, ihr Reitlehrer, der die drei sehr unterstützt hat, als sie Pias erstes Reitturnier vorbereitet haben. „Wer hätte das gedacht!“, philosophierte Hans. „Letztes Jahr hast du erst das Reiten gelernt und heute gewinnst du jedes Turnier!“. „Rosi gewinnt jedes Turnier!“, verbesserte Pia. „Du bist schon auch daran beteiligt!“, sagte René, legte seinen Arm um sie und lächelte. „Ohne dich hätte ich das sowieso nie geschafft!“, sagte Pia. „Und ohne Hans, ohne Robert …“, ergänzte Pia. „Und ohne uns?“, fragte Pias Mutter, die soeben zusammen mit Pias Oma die Stallgasse betrat. „Nein, was ich wieder gezittert habe!“, sagte Pias Oma.
„Dass du mir ja nicht doch einmal herunterfällst!“, ergänzte sie ihren Satz, da sie von Natur aus sehr ängstlich war und immer um ihre Enkelin bangte, gleichzeitig aber der zu Fleisch gewordene Stolz war und jedem auf dem Turnierplatz erzählte, dass es ihre Enkelin war, die die gelbe Siegesschleife verliehen bekam.
Obwohl Pia Zusammenkünfte dieser Art vor Rosis Box sehr peinlich waren, war sie auch sehr stolz und genoss es, all die Menschen, die ihr, René und Rosi so wohl gesonnen waren und sie unterstützten, wo sie nur konnten, mit ihr beisammen Standen, um mit ihr gemeinsam das schönste Ereignis des Tages zu feiern.
„Hunger?“, fragte Pias Mutter. „Bärenhunger!“, antworteten René und Pia wie aus einem Munde. „Dann spendiere ich eine Runde Pizza für alle!“, beschloss Pias Mutter. „Hm!“, machte Pias Oma. „Pizza ist doch so ungesund!“. „Aber oberlecker!“, sagte Pia und ihre Mutter nahm die einzelnen Wünsche auf und notierte, wer welche Pizza haben wollte. „Ich spendiere Bier und Cola!“, beschloss Hans. Da strahlte Pias Oma über das ganze Gesicht. „Gell, das macht uns beiden mehr Freude!“, sagte Hans zu Pias Oma und versetzte ihr einen kleinen freundschaftlichen Stoß in die Seite.
Dieser Abend wurde für Pia die schönste Feier, die sie jemals gefeiert hatte, obwohl sie zusammen mit den Erwachsenen stattfand. Doch ihre große Sorge war, dass Rosi bereits vierundzwanzig Jahre alt war, was ein sehr hohes Alter für ein Pferd ist. Rosi war damit doppelt so alt wie sie selbst. Pia schlich sich aus dem Aufenthaltsraum, in welchem ihre Siegesfeier stattfand und ging zu Rosis Box. Rosi wieherte, als sie Pia sah und kam sofort an die Türe. Pia öffnete die Boxentüre und Rosi stupste sie sofort in den Bauch und durchsuchte ihre Hosentaschen, ob sie dort noch ein verstecktes Leckerchen erschnüffeln konnte. Pia umarmte ihre Stute und sagte: „Wir bleiben für immer zusammen! Ich werde dich nie im Stich lassen und du wirst ganz alt werden!“. Rosi wieherte zustimmend und begrüßte René, der soeben gekommen war, um nach Pia zu sehen. „Ich habe so große Angst, dass Rosi etwas zustoßen könnte in ihrem Alter.“, sagte Pia. „Hab keine Angst! Genieße jeden Tag mit ihr, als wäre es der Letzte.“, sagte René in seiner verständnisvollen Art. „Aber vergiss mich dabei nicht!“, sagte er drohend und küsste Pia auf die Wange und Rosi schob sofort drohend ihre Nase zwischen die beiden und so küssten sie Rosi gleichzeitig auf ihre Rosa Nüstern.
René wartete schon am Schultor, als Pia die Treppen herunter gelaufen kam, nachdem endlich die Schulglocke geläutet hatte. Ihr langes blondes Haar glänzte wie Gold, als die Sonne darauf schien.
„Hi!“, sagte Pia, als sie direkt vor René stehen blieb. „Hi!“, sagte René. „Komm! Lass uns gleich los! Rosi wartet!“, sagte Pia und zog René am Ärmel zum Fahrradkeller. „Du hast es aber eilig!“, sagte René. „Willst wohl nächstes Jahr Weltmeister werden und Schockemöhle besiegen, was?“, scherzte René. „Mindestens!“, antwortete Pia. Sie sperrten ihre Fahrräder auf, die sie immer nebeneinander abstellten, schoben sie die Fahrradrampe nach oben und begannen in die Pedale zu treten. „Ich bin vor dir am Stall!“, rief Pia René zu, während sie ihn überholte. „Das werden wir ja sehen!“, rief René ihr zu und trat etwas fester in die Pedale und hatte Pia rasch eingeholt. Kurz, bevor sie ihr Ziel erreichten, legte Pia sich nochmals richtig ins Zeug und René gewährte ihr, als erste am Stall anzukommen, damit sie ihrer Rosi schnell um den Hals fallen konnte. Die beiden stellten ihre Räder an den Zaun und sperrten sie ab, liefen zu ihren Spinden und holten die Halfter und Führstricke, um ihre Pferde von der Koppel zu holen.
„Ich bin zuerst da!“, rief Pia wieder und lief in Richtung der Koppel. René stellte den Strom des Weidezaunes ab, damit sie von der Litze des Zaunes keinen Stromschlag bekommen konnten und lief Pia hinterher.
Als René den Stall verließ, hatte Pia die Koppel bereits erreicht und René hörte, wie sie Rosis Namen rief. Da hob die Stute ihren Kopf, wieherte und kam auf Pia zugetrabt. So leicht hatte er es mit seinem Gauner nicht. Der Bursche war viel zu verfressen und musste jede Sekunde ausnutzen, die er noch an den Grashalmen knabbern konnte. Mit allen möglichen Leckereien in seinem Trog hatte er schon versucht, den Burschen schneller von der Koppel zu bekommen, doch Gauner schien sich nur zu denken: „Was ich hab, das habe ich! Und was ich habe, das gebe ich nicht mehr her!“. Wie konnte er wissen, was ihn in seinem Trog erwartete und ob überhaupt etwas darin war? Schließlich wuchs das Futter nicht automatisch in seinem Trog und als René im letzten Jahr im Krankenhaus lag, kam es oft genug vor, dass sein Trog leer war. Warum sollte er sich also freiwillig von seinen Grashalmen trennen?
Während Pia ihrer Rosi bereits das Halfter angelegt hatte, nachdem sie sich ausführlich begrüßt
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Publication Date: 09-25-2023
ISBN: 978-3-7554-5409-0
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