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Die Aktentasche
Die Kopien der Fotos, auf denen der Safe und der teurere Schmuck abgelichtet waren, und die beglaubigten Urkunden, welche die Echtheit und den Wert des Schmuckes bestätigten, lagen in seiner abgewetzten, alten Aktentasche. Kopien von den Plänen der Biedermeiervilla des alten Grafen Friedrich von Stein waren ebenfalls darin. Sechs Jahre hatte er diese braune Aktentasche aus echtem Leder. Genauso lange arbeitete er als Versicherungskaufmann bei einer bekannten Versicherungsgesellschaft.
Lars Becker hatte sich die Aktentasche von seiner ersten Provision gekauft. Teuer war sie gewesen, doch das war ihm egal. Sie sollte sein Begleiter werden, wenn er den Reichen und Adeligen Versicherungen aufschwatzen würde, die sie so nicht brauchten. Zwei Fächer hatte sie, in denen er locker die Ordner mit den Angeboten der Gesellschaft unterbringen konnte. Für wichtige Unterlagen gab es ein Fach mit Reißverschluss. Dort waren die brisanten Kopien verstaut, die Marina am späten Nachmittag in sein Büro gebracht hatte. Sie hatte einige Papiere in den Händen gehalten und dazwischen die Kopien hineingelegt, als sie in sein Büro gehuscht war und ihm alles auf den Schreibtisch gelegt hatte. Sie hatte kein Wort zu Lars Becker gesagt, doch an der Tür ihren hübschen Kopf umgedreht und ihm zugezwinkert. Dann war sie auch schon wieder draußen.
Schweißperlen liefen Lars Becker den Rücken hinunter und seine Hände zitterten leicht, als er aus dem Hochhaus hinaus auf die belebte Einkaufsstraße trat. Er sah hinauf in den achten Stock, dort wo die Räume der Gesellschaft waren. Auch er hatte dort oben sein Büro. Nicht so pompös und groß, wie das der anderen Angestellten, die alle in der Hierarchie über ihm standen.
Sein Büro glich eher einer Besenkammer, in der ein Schreibtisch und einige Regale an der Wand Platz fanden. Kunden und Besucher, die er sehr selten hatte, empfing er deshalb in der riesigen Empfangshalle, in der es zwei ausladende Sitzgruppen gab.
Am Eingang an der Rezeption saß Marina Krieger, die alle ankommenden Telefonate weiterleitete oder auch nicht, wenn einer die hohen Herren keine Zeit oder keine Lust zum Telefonieren hatte oder außer Haus war. Sie erinnerte sie an ihre Termine, schickte Geburtstagskarten und teure Geschenkkörbe oder Blumen an ausgewählte Kunden und brachte den Besuchern Kaffee und Kekse. Niemand aus der achten Etage wusste, dass er und Marina ein Paar waren. Und das sollte auch so bleiben.
Mit schnellen Schritten lief er durch die Stadt. Die braune Aktentasche hielt er mit beiden Händen fest an seine Brust gedrückt. Immer wieder sah er sich um, immer darauf gefasst, dass einer aus der achten Etage ihn rufen und ihm dann die Aktentasche aus den Händen reißen würde. Doch nichts geschah.
Lars Becker atmete tief durch und sein Puls beruhigte sich. In seiner Wohnung legte er die Aktentasche auf den Wohnzimmertisch und öffnete die Fenster, damit der muffige Geruch hinaus konnte. Er schenkte sich einen Scotch ein und setzte sich auf das beige Ledersofa. Das hatte er vor einigen Wochen mit Marina in einem bekannten Möbelhaus ausgesucht und gekauft. Obwohl es nicht sehr teuer war, hatte es sein mühsam Erspartes aufgebraucht. Becker nahm einen Schluck von dem Scotch, der ihm warm die Kehle hinunterlief. Er starrte die braune Aktentasche an, in der seine und Marinas Zukunft lag.
Weshalb sie sich vor einigen Monaten mit ihm eingelassen hatte, konnte er bis heute nicht verstehen. Marina Krieger war eine klassische Schönheit. Rote Locken fielen auf ihre Schultern, die Figur weiblich und an den richtigen Stellen rund und weich. Sie war einen Meter fünfundsechzig, ohne die hohen High Heels, die sie in der achten Etage trug. Ihre Kostüme und Kleider waren geschmackvoll und sahen teuer aus. Ihre Stimme hatte einen rauchigen Ton, der Männerherzen höher schlagen ließ, versprach er doch Verheißung und regte ihre Phantasien an.
Marina schminkte sich dezent und wenn sie am PC saß, setzte sie sich eine Gucci Brille auf, deren verzierte Bügel ein Mix aus Gold und Braun waren. Die markante Brille betonten ihre ozeanblauen Augen, in die sich Lars Becker sofort verliebt hatte, als er das erste Mal in sie hineinblickte. Das war vor einem Jahr, damals, als sie bei der Versicherungsgesellschaft anfing.
Vor vier Monaten hatte sich Marinas Verhalten ihm gegenüber geändert. Sie hatte ihm ab und zu einen Kaffee in sein winziges Büro gebracht, ihn öfters angesprochen, wenn er durch den Empfangsraum ging und irgendwann hatte sie ihn spontan in ein Café eingeladen, als sie gemeinsam im Aufzug nach unten fuhren. Noch am selben Abend war sie mit zu ihm gegangen und hatte die Nacht in seinem Bett verbracht. Seitdem waren sie ein Paar.
In der Arbeit wurde Lars Becker die meiste Zeit von ihr nicht beachtet. Die einzige Bedingung, die sie an ihn gestellt hatte, war, dass niemand erfahren sollte, dass sie ein Paar waren. Es machte ihm nichts aus und es störte ihn nicht. Sollten doch die hohen Herren ihr geifernd nachsehen, wenn sie aus ihren pompösen Büros stöckelte. Sollten sie an ihren verführerischen Lippen hängen, wenn sie mit ihnen sprach. Sie gehörte ihm, lächelte er in sich hinein, wenn er sie beobachtete. Er nahm das Glas und trank den Scotch in einem Zug aus, dann öffnete er die braune Aktentasche.
Lars Becker sah sich den Grundriss der Biedermeiervilla an. Er war so vertieft darin, dass er heftig zusammenschrak, als es an der Tür klingelte. Hastig schob er die Fotos und Blätter zusammen und warf sie in die Aktentasche. Marina sah ihn ungeduldig an, als er öffnete und schob ihn zur Seite.
»Hast du schon einen Blick darauf geworfen?«, fragte sie, als sie an ihm vorbei ins Wohnzimmer stöckelte. Sie setzte sich auf das neue Sofa und schaute ihn erwartungsvoll an. Becker war irritiert und sah sie mit offenen Mund an.
»Hallo Marina. Gibt es heute keinen Begrüßungskuss oder wenigstens eine Umarmung für mich?«, fragte er verunsichert.
Er verstand nicht, warum sie sich so gleichgültig benahm. Für einen kurzen Moment sah er Unmut in ihrem Gesicht, doch dann stand sie lächelnd auf und schmiegte sich an ihn.
»Entschuldige Liebster, aber ich konnte die ganze Zeit nur daran denken, dass du die Unterlagen und Fotos in deiner Aktentasche hattest, als die hohen Mitarbeiter in ihren Büros saßen. Ich war froh, als du das Gebäude verlassen hast und dich niemand aufhielt.«
Sie gab ihm einen Kuss und strich ihm über das helle Haar. Lars Becker war kein Mann, bei dem eine Frau zweimal hinsah. Er war sehr schlank, fast schon hager. Gerade eins siebzig groß und seine helle Haut und das dünne Haar, ließen ihn kränklich aussehen. Seine Anzüge waren von der Stange, ebenso die weißen Hemden. Die drei Paar schwarze Schuhe die er besaß, waren ebenfalls nicht teuer gewesen, aber dennoch bequem. Er wusste, dass er mit dem feinen Zwirn der anderen Mitarbeiter nicht mithalten konnte.
Vielleicht war das auch der Grund, dass er nur die Kunden bekam, die alle unter Sechzigtausend im Jahr verdienten. Doch jetzt sollte alles anders werden. Mit den Unterlagen und den Fotos in seiner Aktentasche wollte er den größten Coup seines Lebens landen.
Marina nahm Lars an der Hand und setzte sich mit ihm auf das beige Sofa. Becker fischte die Papiere aus der Aktentasche und breitete sie wieder auf dem Glastisch aus. Er nahm wieder den Grundriss der Villa in die Hand und Marinas Finger wanderte darüber.
»Hier ist der Hintereingang, der in einen kleinen Vorraum führt, von dort kommt man in die Küche«, sprach sie hastig und fuhr mit dem Finger weiter. »Diese Tür ist die einzige, die nicht gesichert ist. Die Putzfrau hat einen Schlüssel, aber das Schloss kann man leicht knacken. Du musst auf dem Grundstück dennoch vorsichtig sein. Überall sind Bewegungsmelder, die mit hellen Halogenscheinwerfern verbunden sind. Sie werden jeden Abend um neunzehn Uhr aktiviert. Läufst du in einen dieser Bereiche hinein, wird es auf dem Grundstück taghell werden.«
Marina zeigte auf fünf verschiedene Stellen auf dem Grundriss. Lars Becker nickte und versuchte sich alles zu merken. Woher sie diese Informationen hatte, hatte sie ihm nie erzählt und er fragte nicht nach.
Der Plan war einfach und genial zugleich. Am Samstagabend würde Friedrich von Stein von seinem Freund und Anwalt Michael von Braams abgeholt werden. Von Braams war zu der Eröffnung einer peruanischen Ausstellung eingeladen worden und der Graf würde ihn begleiten. Das würde um kurz nach zwanzig Uhr sein.
Von diesem Zeitpunkt an wäre niemand mehr in der Villa. Die Angestellten des Grafen bewohnten keinen der Räume und lebten auch nicht in dem Gesindehaus auf dem Grundstück. Das hatte von Stein in geräumige Gästezimmer umbauen lassen. Lars Becker würde ungesehen in die Villa gelangen, den Safe in der Bibliothek öffnen, dessen Code Marina auf die Rückseite der Fotografie geschrieben hatte, auf der er abgebildet war.
»Es ist ganz einfach«, sagte Marina und ihre Augen funkelten gierig. »Du gehst rein, öffnest den Safe, nimmst den Schmuck, die Uhren und das Bargeld und verschwindest wieder.«
Lars Becker schluckte hart und seine Hände bebten.
»Und du bist sicher, dass sich niemand in der alten Biedermeiervilla aufhalten wird?«, fragte er leise und strich sich das dünne Haar aus der Stirn.
»Absolut, Schatz. Das Ganze ist narrensicher. Der Graf hat mindestens fünf Millionen in dem Wandsafe liegen. Am Sonntag bekommt er Besuch von einem windigen Immobilienmakler. Friedrich von Stein will in Andalusien ein kleines Schloss mit vierzehn Zimmern und einem Garten, der so groß wie ein Park ist, kaufen und bar bezahlen.« Marina zündete sich eine Zigarette an und sog den Rauch genüsslich ein. Sie schloss für einen Moment die Augen und sah dabei völlig entspannt aus. »Wie genau dieses Geschäft ablaufen soll, weiß ich nicht. Jedenfalls sollen das Finanzamt und vor allem seine drei geschiedenen Frauen und die Noch - Ehefrau nichts davon erfahren«, erklärte sie mit ruhiger Stimme und lächelte.
Fünf Millionen! Der Schmuck und die Uhren waren Becker egal, das Geld jedoch nicht. Er wollte es haben und dann mit Marina am weißen Strand in der Karibik liegen und das Leben in vollen Zügen genießen. Raus aus der grauen Stadt, weg von der Versicherungsgesellschaft, in der er keine Zukunft und Aufstiegschancen hatte. Leben! Das wollte er, und zwar in Saus und Braus. All das würde er mit der Frau, die er liebte, erleben. Er würde Marina auf Händen tragen, ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Alles würde er für sie tun. Und das war auch der Grund, warum er in ungefähr sechsundzwanzig Stunden in die alte Biedermeiervilla einbrechen würde.
Ausgemacht war, dass zwei Monate nach dem Raub Marina bei der Gesellschaft kündigen würde. In der Südsee würde sie ein Haus für sich und Lars Becker kaufen und es nach ihrem Geschmack einrichten lassen. Er selbst würde noch ein halbes Jahr in seiner kleinen Wohnung bleiben und weiterhin bei der Versicherungsgesellschaft arbeiten, bis er ihr dann folgen würde. Bis dahin hätte er einen gefälschten Pass, so dass Lars Becker auf immer und ewig von der Bildfläche verschwinden würde. Mit zärtlichem Blick sah er seine Freundin an und strich ihr sanft über die roten Locken. Marina Krieger sah ihn an und lächelte. Bald ist es soweit, dachte sie, dann werde ich mit dem Mann, den ich liebe, für immer zusammen sein.
Samstagabend
Das Grundstück lag im Dunkeln, als der hagere Mann ganz in Schwarz durch den Garten huschte. Er fand die Hintertür auf Anhieb und stemmte sich dagegen. Die Tür sprang aus und Lars Becker hielt den Atem an. Das Geräusch war nicht sehr laut gewesen, doch in der Stille der Nacht hörte es sich an, als ob jemand einen Holzstamm gegen die Tür gerammt hätte.
Alles blieb ruhig und Becker zog die schwarze Mütze über sein Gesicht. Zwei Löcher hatte er für die Augen ausgeschnitten und in der Hand hielt er mit verkrampften Fingern seine Aktentasche. Darin befand sich ein zusammengelegter Rucksack, der auseinandergefaltet von seinem Nacken bis zum Gesäß hinunter reichte. In ihm, und in die braune Aktentasche wollte er die Millionen hineinlegen. Leise schlich er durch den schmalen Vorraum und befand sich kurz danach in der Küche. Wieder hielt er den Atem an und lauschte angestrengt. Nur sein eigener Atem war zu hören.
Die Tür zur Bibliothek war angelehnt und lautlos schlüpfte er in den Raum. Lars Becker blieb neben der Tür stehen und sah sich in dem dunklen Zimmer um. Mit zitternden Händen nahm er die kleine Taschenlampe aus der Hosentasche und schaltete sie ein. Der helle Lichtkegel irrte durch die Bibliothek. Ein großer Ohrensessel stand, mit dem Rücken zu ihm, vor dem Kamin. Er sah einen großen Schreibtisch und einen bequemen Bürostuhl aus Leder. Auf dem ausladenden Schreibtisch lagen Papiere und Ordner, die Becker nicht interessierten. Der van Gogh hing an der Wand dahinter.
Leise schlich er auf ihn zu. Die Aktentasche legte er auf den Stuhl, dann nahm er behutsam das Bild ab. Der Wandsafe war kein supermodernes Teil und Becker nahm an, dass der Graf nicht sehr oft so viel Bargeld in ihm aufbewahrte. Die Kombination zum Öffnen hatte er auswendig gelernt. Mit klammen Fingern tippte er auf dem Zahlenfeld den Code ein, der das elektrische Schloss entsperrten würde. Das kleine Display über dem Eingabefeld leuchtete grün auf und ein einzelner Ton war zu hören. Die Tür entriegelte und öffnete sich einen Spalt. Becker öffnete sie ganz und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Ihm stockte der Atem, als er die aufgereihten Fünfhunderter in Bündel gepackt in dem Safe liegen sah. Marina und er hatten ausgerechnet, dass die gesamten Bündel zirka elf bis zwölf Kilo wiegen und locker in dem mitgebrachten Rucksack und der Aktentasche passen würden.
Hastig öffnete Lars Becker seine braune Aktentasche und zog den Rucksack heraus. Schnell stopfte er die Bündel in die Aktentasche, bis sie prall gefüllt war. Dann nahm er den Rucksack und füllte ihn mit den restlichen Millionen. Ein Klicken ließ ihn erschrocken herumfahren und als die Deckenbeleuchtung anging, kniff er die Augen zu. Er war vollkommen geblendet und es dauerte einen Moment, bis er erkannte, was sich geändert hatte. Der ältere Herr mit den grauen Haaren stand in einem braunen Morgenrock vor dem Schreibtisch und zielte mit einer Pistole auf ihn. In der anderen Hand hielt er ein schnurloses Telefon.
»Hände hoch«, sagte er mit ruhiger Stimme und seine Augen fixierten Becker scharf.
»Hören Sie, ich …«, stotterte Lars Becker.
»Ich sagte Hände hoch. Wird`s bald oder wollen Sie lieber, dass ich Ihnen ein Loch in die Stirn schieße?«
Zitternd hob Becker die Hände. Der Schweiß lief ihm in Strömen über das verdeckte Gesicht und brannte in seinen Augen.
Plötzlich ging alles sehr schnell und die Situation änderte sich ein weiteres Mal. Die Tür zur Bibliothek wurde aufgestoßen und Marina Krieger und ein Mann kamen hereingestürmt. Lars Becker starrte seine Freundin ungläubig an. Graf Friedrich von Stein sah ebenfalls die beiden Neuankömmlinge an.
»Was hat das zu bedeuten, Michael?«, fragte er völlig überrascht, den Mann neben Marina.
Er sah die Pistole erst, als der Anwalt auf ihn zielte und abdrückte. Der Graf fasste sich an die Brust, aus der Blut herausquoll und einen Fleck, der schnell größer wurde, auf dem Morgenrock hinterließ.
»Michael«, flüsterte Friedrich von Stein benommen und sank auf den Boden. Lars Becker konnte sich nicht bewegen, er war starr vor Schreck und Angst. Das feuchte Röcheln und Husten des Grafen dröhnte in seinen Ohren. Den zweiten Schuss nahm er nur noch am Rande wahr, bevor er zusammensackte und leblos auf dem Teppich liegenblieb. Eine Blutlache unter seinem Kopf tränkte den gemusterten Teppich unter ihm. Marina sah den Anwalt an und ein kleines Lächeln huschte über ihre vollen Lippen. Mit schnellen Schritten ging sie hinter den Schreibtisch, nahm den Rucksack und steckte die restlichen Geldbündel, die noch im Safe waren, hinein. Anschließend nahm sie das Geld aus der Aktentasche und warf es ebenfalls in den Rucksack. Sie schnallte ihn auf ihren Rücken und stieg vorsichtig über den toten Lars Becker, bedacht darauf, nicht in sein Blut zu treten.
Michael von Braams, Anwalt und Freund des Grafen und Verlobter von Marina Krieger, nahm den Rotschopf in die Arme und zog sie eng an sich.
»Verschwinde jetzt, ich werde die Polizei anrufen, sobald du das Grundstück verlassen hast. Wir treffen uns dann später bei dir«, flüsterte er ihr hastig zu und küsste sie danach leidenschaftlich. Marina Krieger löste sich von ihm und verließ die Villa.
Kommissar Martin Beier vernahm Michael von Braams in dem Gästezimmer, das er im ersten Stock bewohnte, während im Erdgeschoss die Spurensicherung ihre Arbeit aufgenommen hatte.
»Ich bin wach geworden, als ein Schuss fiel«, erklärte er dem Beamten. »Ich lief daraufhin zu Friedrichs Räume und klopfte an. Als er nicht ›herein‹ rief, öffnete ich die Tür zu seinem Schlafzimmer und sah, dass das Bett leer war.«
Kommissar Beier nickte und schrieb auf seinem Notizblock. Weil der Anwalt nicht weiter erzählte, sah der Beamte auf.
»Was haben Sie dann getan, als sie das Bett leer vorfanden?«, fragte er und blickte wieder auf sein Notizblock.
»Ich ging die Treppe hinunter. Dann hörte ich den zweiten Schuss und kurz drauf sah ich, wie ein vermummter Mann aus der Bibliothek stürzte und zur Küche lief.« Michael von Braams schluckte hart und wischte sich mit der Hand über das Gesicht.
Über zwei Stunden wurde der Anwalt von dem Kommissar befragt. Er stellte immer wieder die gleichen Fragen, verpackte sie nur anders. Dann entließ er den Anwalt. Die Spurensicherung war mit ihrer Arbeit fertig und der Kommissar ließ sich den Ablauf schildern. Wie es aussah, war in die Biedermeiervilla eingebrochen und der Safe geöffnet worden. Der Leiter der Spurensicherung kam zu dem Ergebnis, dass es zwei Einbrecher gewesen waren. Der Tote, der neben dem Schreibtisch lag und der Graf wurden mit einer Waffe erschossen, die nicht auffindbar war. Die musste der Täter mitgenommen haben. Im Safe lagen teure Uhren und Schmuck und ein Bündel mit Fünfhunderteuroscheinen. Wie es aussah, hatte der zweite Täter nicht viel mitgenommen. Der Kommissar war der Meinung, dass Graf Friedrich von Stein die Einbrecher gehört haben musste und hinunter in die Bibliothek gegangen war. Zuvor hatte er seine Pistole aus dem Nachttisch, das Telefon und die Waffe mit nach unten genommen. Die Einbrecher waren von ihm überrascht worden und einer der Täter hatte den Grafen erschossen, bevor er selbst die Waffe auf sie hatte richten können. Unklar war noch, weshalb der eine Einbrecher den anderen erschossen hatte. Der Graf wurde von seinem Anwalt identifiziert, der tote Einbrecher hatte seinen Ausweis in der Geldbörse und auch auf der Innenseite der braunen Aktentasche, war der der Stempel der Versicherungsgesellschaft zu sehen, bei der Lars Becker gearbeitet hatte.
Zwei Monate später
Marina Krieger und Michael von Braams lagen eng umschlungen in einem Hotelzimmer in der Karibik und küssten sich leidenschaftlich. Der Anwalt hatte seine Kanzlei aufgegeben. Als Grund ließ er durchsickern, dass ihn der gewaltsame Tod seines Freundes Graf von Stein so sehr zusetzte, dass er nicht mehr in der Lage sei, seine Mandanten im vollen Umfang zu betreuen und zu beraten.
Drei Wochen nach dem Tod von Lars Becker kündigte Marina Krieger ihre Stelle bei der Versicherungsgesellschaft. Zuvor befragten der Kommissar und seine Beamten die Mitarbeiter der achten Etage. Sie wollten wissen, ob einer von ihnen Lars Becker näher kannte oder mit ihm befreundet war. Alle verneinten und stellten dabei fest, dass dieser Lars Becker von ihnen kaum beachtet worden war. Kommissar Beier und sein Team tappte nach wie vor im Dunkeln. Die Mitarbeiterbefragungen legte er als erledigt in die Akte. Kommissar Beier fand heraus, dass Lars Becker ein Einzelgänger gewesen und wegen seines Erscheinungsbildes kaum aufgefallen war. Weder konnten sie jemanden finden, der Becker besser kannte, noch brachte die Suche nach dem zweiten Einbrecher sie weiter. Es gab keine Fingerabdrücke und keine DNA Spuren, mit der man den Mörder von Lars Becker und Graf Friedrich von Stein identifizieren konnte. Von den 5 Millionen, die in dem Wandsafe gelegen hatten, erfuhr der Kommissar nie etwas. Davon wussten nur Michael von Braams und Marina Krieger.
Ende
Die Autorin wohnt seit 1983 auf der schönen Ostalb in BW.
Ihre Freizeit verbringt sie gerne mit Reisen, Fotografieren und Malen.
Im Januar 2017 erschien bei Karina-Publishing Wien das Buch
„Verflucht und besessen – Paranormale Begegnungen“
Ich hoffe, dass Ihnen meine Geschichte gefallen hat und freue mich darauf,
Sie als Leser/in in meinen weiteren Werken zu treffen.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
Ihre W. van Velzen
Publication Date: 12-23-2016
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Dedication:
Für alle, die Krimis und Kurzgeschichten mögen.