Eigentlich wollte ich nur Haare waschen. Eigentlich!
Doch an diesem Morgen war irgendwie alles anders. Ich war in einer komischen Stimmung. In der Nacht hatte ich einen sonderbaren Traum. Er ließ mich nicht los, schon den ganzen Morgen nicht.
Ich sah in einen Spiegel, aber ich sah mich nicht. Alles war wie hinter Milchglas, verschwommen, einfach nicht genau erkennbar. Ich versuchte, den Spiegel zu putzen, doch das nutzte nichts. Die milchige Oberfläche veränderte sich in rote Farbe, schmierig, ekelhaftes rot. Panik bahnte sich den Weg in mein Herz. Ich rieb und rubbelte, doch dadurch veränderte sich das rot in schwarz. Nun sah ich die Umrisse meines Gesichtes wie ein Hologramm, metallen glänzend. Ich wollte Putzmittel ergreifen, das auf einem kleinen Regal unter dem Spiegel stand, doch es ließ sich nicht in die Hand nehmen, die Flasche war keine feste Masse, wenn ich sie ergreifen wollte, ging meine Hand hindurch.
Ich sah zurück in den Spiegel, war voller Angst und Verzweiflung. Ich schrie aus vollem Hals, doch es war kein Laut hörbar. Ich bettelte und flehte... In meinem Unterbewußtsein wußte ich, dass ich meine Haare waschen wollte. Also drehte ich den Wasserhahn auf, steckte meinen Kopf darunter und befeuchtete meine Haare. Das Wasser, das aus den Haaren lief, war schwarz, danach blutrot, dann goldgelb. Plötzlich leuchtete das gesamte Wachbecken, als hätte jemand einen Strahler angeschaltet. Die Angst wich von einer Sekunde zur anderen.
Aufgewacht bin ich dann, als ich mein Herz schlagen spürte. Es raste. Ich setzte mich instinktiv im Bett auf, wußte im Moment nicht, wo ich mich befand. Im Dunkeln stand immer noch dieses Hologramm meines Gesichts vor meinen Augen. Ich schaltete das Licht an, orientierte mich, blieb einfach still sitzen und versuchte mich zu beruhigen.
Eine geraume Zeit später schlug mein Herz wieder im normalen Rythmus. Dann mußte ich aufstehen. Ich ging zum Badspiegel und mein Herz begann von Neuem heftig zu schlagen. Kaum hatte ich den Mut, mein Spiegelbild zu betrachten. Gott sei Dank sah ich mich dieses mal richtig.
Ich begann, meine Haare zu waschen und dachte über diesen mysteriösen Traum nach. Ich hatte gerade begonnen, den Schaum aus den Haaren zu spülen. Plötzlich kam ein Sonnenstrahl durch das hinter mir liegende Fenster. Er erhellte durch die Spiegelung das gesamte Bad und tauchte es in gelbgoldenes Licht.
Ich sah mit glitschnassen Haaren erneut in den Spiegel, das Licht der Sonne umflutete mein Gesicht wie ein goldener Ring. Dieser helle Strahl blieb, bis ich meine Haare fertig gewaschen hatte, dann verschwand er.
Ein eigenartiges Gefühl durchflutete meinen gesamten Körper. Es war, als wäre ich frisch verliebt, so mit Schmetterlingen im Bauch, wie damals, als ich die erste große Liebe erlebte. Es war ein sehr schönes Gefühl, das muss ich ja zugeben. Doch wo kam es her? Was hatte solche Emotionen in meinem Inneren ausgelöst, dass ich nach so einem erschreckenden Traum solche Empfindungen bekam... Wer kann mir diesen Traum deuten?
Text: Elke Immanuel
Images: Pixabay.de
Publication Date: 11-29-2017
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Für euch alle!