Viel hinzuzufügen bleibt mir nicht. Ein paar kleinere Aspekte habe ich aber dennoch, um derentwillen ich nochmal einen Gesamteindruck abgebe.
Die Rechtschreibung ist weitestgehend in Ordnung. Groß- und Kleinschreibung geraten manchmal durcheinander, ab und an findet sich ein Kommafehler und die berühmt-berüchtigte Flüchtigkeit verschont auch „Betrogen“ nicht. Insgesamt ist das aber nichts, was sich nicht leicht durch erneute... Show more
Viel hinzuzufügen bleibt mir nicht. Ein paar kleinere Aspekte habe ich aber dennoch, um derentwillen ich nochmal einen Gesamteindruck abgebe.
Die Rechtschreibung ist weitestgehend in Ordnung. Groß- und Kleinschreibung geraten manchmal durcheinander, ab und an findet sich ein Kommafehler und die berühmt-berüchtigte Flüchtigkeit verschont auch „Betrogen“ nicht. Insgesamt ist das aber nichts, was sich nicht leicht durch erneute Korrektur beheben ließe.
Stilistisch ist die Geschichte ebenfalls nicht schlecht. Wortwahl und Formulierungen sind über weite Strecken bildhaft und treffend. Allerdings weiß ich nicht, was ich mir unter kichernden Glutnestern (vgl. S.5) vorstellen soll. Derlei leicht holprige Ausdrücke sind dann teils schon auffällig. Darüber hinaus wurde jetzt schon zur Genüge bemängelt, dass mit fortschreitendem Text die Atmosphäre durch fehlende Beschreibungen der Gefühle und teils auch der Situationen arg zugrunde geht.
Dass mich all die im Grunde tragischen Ereignisse kalt lassen, liegt dabei vor allem an den ungenügend ausgearbeiteten Charakteren. Von Kiran erfährt der Leser so gut wie nichts, außer einiger oberflächlicher Hintergründe zu seinem Status und seiner Vergangenheit, die nicht sehr aussagekräftig sind. Seine Persönlichkeit bleibt blass bis kaum wahrnehmbar. Kein Wunder also, dass mich sein Tod nicht sonderlich mitnimmt. Über Erle erfährt man zwar etwas mehr, besonders durch die gut gelungene Einleitung der Geschichte, die ihren Traum zum Gegenstand hat, aber dennoch berührt auch ihr Schicksal mich letztlich nicht, da sie ihre Gefühlswelt scheinbar bei Kiran im Bett lässt.
Vermutlich ahnst Du es schon, aber ich komme nicht umhin, es nochmal zu schreiben: All der noch verfügbare Platz hätte sich ideal geeignet, um genau diesem Problem entgegenzuwirken. Mehr Beschreibungen von Kirans und Erles Leben, Schilderungen ihrer Handlungen in der Stadt, ihrer Denkweise, ihrer Beweggründe. Solche Dinge sind es, die den Figuren Tiefe verleihen und sie dem Leser nahe bringen. Dann ist ihr Schicksal plötzlich auch bedauernswert und nicht bloß Anlass für gleichgültiges Schulterzucken.
Gleiches gilt im Übrigen auch für die Stadt. Es gibt kein Bild vom Stadtleben, von den Bräuchen, von den Bewohnern. Warum also sollte es den Leser kümmern, dass diese Stadt zerstört wird? Die ganze Erschütterung, die eine gänzlich vernichtete Stadt normalerweise hervorruft, bleibt aus, wenn zuvor nicht das Gefühl da ist, dass diese Stadt tatsächlich lebendig ist.
Bei der Handlung schließe ich mich im Großen und Ganzen meinen Vorrednern an. Zunächst ist sie wirklich sehr vorhersehbar. Um zu erraten, was es mit den „Äpfeln“ auf sich hat, braucht man kein Hellseher sein. Das liegt unter anderem daran, dass das Gerede über den Mörder und seine Methoden direkt nach der ersten Erwähnung des „Apfels“ eingeschoben wird. Hier wird sofort eine Verknüpfung hergestellt, da beide Informationen unmittelbar hintereinander stehen. Außerdem ist das, was über die Morde gesagt wird, sehr deutlich. Eine einfache Andeutung ohne wörtliche Rede, also z.B. nur ein Kopfschütteln Kirans angesichts des Geschwätzes über Verbrechen in der Stadt, wäre „unauffälliger“ gewesen. (Bei voller Ausnutzung des Platzes sicher ebenfalls kein größeres Problem – aber ich wiederhole mich.)
Dazu möchte ich anmerken, dass ich den letzten Abschnitt zur toten Stadt und der Legende nicht an den Anfang gesetzt hätte. Dieser Teil ist zwar sehr stimmungsvoll, hätte am Anfang der Geschichte aber für meine Begriffe auch Erles Schicksal gleich sehr vorhersehbar gemacht. Seltsam angehängt wirkt er am Ende trotzdem. Vielleicht könnte man ihn noch etwas besser an das eigentliche Ende, also das von Erles persönlicher Geschichte, anbinden, sodass diese beiden Stücke etwas „organischer“ ineinandergreifen.
Auch zur Plausibilität der Geschichte habe ich im Wesentlichen dieselben Aspekte zu bemängeln wie die vorigen Kommentatoren. Erle hätte bei ihren Mordzügen schon lange jemandem auffallen müssen, zumal sie in ihrem kaputten Geisteszustand nicht eben umsichtig zu Werke geht. Ebenso hätte sie schon früher jemandem blutverschmiert über den Weg laufen müssen und wie sie ihre „Apfel-Ziele“ auswählt ist auch mir nicht klar. Dahinter vermute ich zwar ein makaberes Spiel des Todes, finde aber nirgends eine passende Information im Text.
Klar sind mir hingegen die Wurzeln, die die Stadt am Ende überwuchern. An dieser Stelle wird Erle schlicht zu einem Baum, kann zwar nicht sterben, ist aber auch nicht wirklich lebendig („sie selbst [wurde] zu einem Stück totem Holz“ und die „untoten Wurzeln“, beides S.15, sind Anzeichen dafür). Sie wird also, wenn man so will, zu einem großen Totholz, das die Stadt verschlingt und von nun an „bewohnt“. Richtig? (Damit ist auch das Thema umgesetzt – sogar weitaus deutlicher als bei Christinas Duellbeitrag meiner Meinung nach.)
Zu guter Letzt dann doch noch ein neuer Kritikpunkt zur Logik: Wie kann Kiran als immerhin bester Krieger des Reiches (S.10) einfach so das Krieger-Dasein sein lassen, wenn doch immerhin Krieg ist? Bei Fantasy-Welten dieser Art habe ich eher autoritäre Herrschaftssysteme vor Augen, in denen ein Deserteur in Krisenzeiten zumindest nicht so zwanglos frei herumlaufen würde. Mag sein, dass das in Deiner Welt anders gehandhabt wird, aber in diesem Fall wäre das erklärungsbedürftig.
Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen angelangt und halte fest: Nach wie vor verstehe ich Deine „suboptimale Raumausnutzung“ nicht ganz. Niemand verbietet Dir, vor Abgabetermin schon einmal im BX-Texteditor zu schauen, auf wie viele Seiten Du kommst. Dass diese Geschichte in Word genauso viele Seiten hat wie ein längeres Deiner Werke, kann streng genommen nur an unterschiedlichen Schriftarten und/oder – größen liegen. Entweder in Word, oder auf BookRix. Bei einem Vorab-Test im Editor würde das dann spätestens auffallen.
So aber übernimmst Du das Problem der mangelnden Gefühle und der allgemein teils ungenügend ausgestalteten Atmosphäre aus „Dämonenhunger“. Dadurch lässt mich das persönliche Schicksal Deiner Protagonisten erneut unbeeindruckt zurück, auch wenn diesbezüglich gerade am Anfang der Geschichte durchaus Verbesserungen zu sehen sind. Ein paar Logiklücken gibt es ebenfalls wieder. Positiv ist aber hervorzuheben, dass die Geschichte insgesamt verständlich und lange nicht so konfus ist, wie „Dämonenhunger“ es streckenweise war bzw. immer noch ist. Tendenziell geht es also aufwärts und das sollte Dir Ermutigung genug sein, um weiterzumachen.
Gruß,
Mithan
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