Die Jagd nach Weisheit kann zum Selbstzweck werden - so wie alles, wenn man es eine Weile betreibt. Dann innehalten und sich fragen, ob man das wirklich noch will, den ursprünglichen Plan noch verfolgen möchte oder ob es nur noch darum geht, eine angefangene Aufgabe zu beenden.
Es ist seltsam mit dem inneren Schweinehund: erst will man gar nicht an die Aufgabe heran, der Anfangswiderstand scheint unüberwindlich - und dann,... Show more
Die Jagd nach Weisheit kann zum Selbstzweck werden - so wie alles, wenn man es eine Weile betreibt. Dann innehalten und sich fragen, ob man das wirklich noch will, den ursprünglichen Plan noch verfolgen möchte oder ob es nur noch darum geht, eine angefangene Aufgabe zu beenden.
Es ist seltsam mit dem inneren Schweinehund: erst will man gar nicht an die Aufgabe heran, der Anfangswiderstand scheint unüberwindlich - und dann, wenn die Sache am Rollen ist, dann will sie weiter rollen und es ist auf einmal nötig Energie aufzuwenden, um die in Schwung gekommene Sache zu bremsen.
Dein weiser Mann Thalisuah steckt mittendrin in der Jagd nach Weisheit. Je mehr Energie man am Anfang investiert hat, um sein Ziel zu erreichen, um so schwerer wird es dann auch diesen Prozess wieder zu stoppen. Für Außenstehende kommt es dann zu absurden Szenen: Ein Wissenschaftler der aufgesogen wird von seinem Forscherdrang und für den der Alltag aus seinem Bewusstsein verschwindet. Er wird zum zerstreuten Professor. Doch ist es keine Zerstreutheit sondern äußerste Konzentration auf etwas anderes - Absorption durch die Sache, der man sich widmet.
Einem Schriftsteller geht es ähnlich: soll seine Geschichte wirklich gut werden, dann wird er hineingezogen in den Strudel seiner eigenen Story-Fantasie. Wie in ein schwarzes Loch wird der Schriftsteller mitgerissen - hinein in seine Fantasie-Welt - fernab von der Alltagswelt. Wenn ihm die Story gut gelungen ist, dann erlebt denselben Prozess auch der Leser: er wird hinfortgesogen aus seiner Normalwelt, hinein ins Fantasie-Reich seiner Lektüre.
Dieses scheint eine Bedrohung des freien Willens zu sein: dieser Automatismus, dass etwas was in Bewegung ist, in Bewegung bleiben will. Doch wenn man die Gesetze kennt, denen der eigene Geist gehorchen muss, dann kann man sich vorbereiten, sich wappnen. Die Gesetze zu kennen, schafft Freiheit. Auch für den freien Willen.
In diesem Zusammenhang kann man sich fragen, ob die Weisen dieser Welt - seien es Eremiten oder Mönche oder Professoren - nicht auf diesem Fliegenleim sitzen und dort nicht mehr loskommen: das, was sie festhält, ist ihr eigener Wissenseifer, Wissensdurst. Die Kunst würde dann darin bestehen, sich auch davon freimachen zu können.
Ein Ziel verfolgen mit äußerstem Eifer und sich gleichwohl lösen können davon jederzeit. Abstand wahren im Geiste. Kritischen Abstand auch zu den eigenen Forschungsergebnissen oder den selbstproduzierten Ideen.
Die Idee mit dem Vortrag finde ich gut. Und es hat mir Spaß gemacht, Deine Geschichte zu lesen und darüber nachzudenken.
Gruß
Phil Humor